Katja Kerschgens
Hilfe, ich hatte eine glückliche Kindheit
Ein Roman über die anderen
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Titel Katja Kerschgens Hilfe, ich hatte eine glückliche Kindheit Ein Roman über die anderen Dieses ebook wurde erstellt bei
Für Claudia Für Claudia
Erweitertes Impressum Erweitertes Impressum Texte: © Copyright by Katja Kerschgens Gartenstr. 24 53518 Adenau am Nürburgring kerschgens@kkkom.de Alle Rechte vorbehalten. Tag der Veröffentlichung: 10.9.2014 www.neobooks.com/Werk-von-Katja-Kerschgens.html Covergestaltung: KKKom ® , www.KKKom.de Foto: © Eric Isselée - Fotolia.com Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig.
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Dank. Alphabetisch.
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Für Claudia
Texte: © Copyright by Katja Kerschgens
Gartenstr. 24
53518 Adenau am Nürburgring
kerschgens@kkkom.de
Alle Rechte vorbehalten.
Tag der Veröffentlichung: 10.9.2014
www.neobooks.com/Werk-von-Katja-Kerschgens.html
Covergestaltung: KKKom ®, www.KKKom.de
Foto: © Eric Isselée - Fotolia.com
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig.
»Kannst du dir vorstellen, wie ätzend das ist? Schlimm genug, dass ich den ganzen Haushalt an der Backe habe, aber dann muss der gnädige Herr abends ja auch noch von vorne bis hinten bedient werden.«
Nadine versuchte ihre Fantasie in Wallung zu bringen, aber sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen.
»Warum machst du das überhaupt?«, hörte sie ihre naive Seite laut sprechen. »Ich meine, dein Mann kann doch auch mal selbst ...«
Sarahs Auflachen klang nach dem Beginn einer Hysterie.
»Du hast ja Ideen. Hast du schon mal erlebt, wie das ist, wenn mein Mann aus der Jacke geht? Und da reichen echt kleinere Anlässe, glaub mir. Ich halte lieber den Ball flach. Das ist nun mal so, wenn man noch nie Glück im Leben hatte. Da muss man eben mit sowas zurechtkommen.«
Nadine hatte wohl leicht den Kopf geschüttelt, denn Sarah nahm jetzt richtig Anlauf, die Fältchen um ihre Augen wurden tiefer.
»Du hast gut reden, du hattest keine geschiedenen Eltern. Ich wollte ja so schnell wie möglich eine eigene Familie, und prompt bin ich in die Falle getappt. Und im Job geht das munter so weiter. Ich habe immer die gleichen Idioten um mich herum.«
Nadine rührte sich nicht mehr, während Sarah über die Welt im Allgemeinen und ihr Leben im Speziellen schimpfte. Sie biss sich auf die Lippen, dabei klebte ihr Blick gedankenverloren am grauen Haaransatz ihrer Freundin fest. Die Schatten unter deren Augen gaben den Worten die dazugehörige Dramatik.
»Es ist immer dasselbe, alles bleibt an mir hängen. Die haben sich alle auf mich eingeschossen, ich sag´s dir.«
Der Redeschwall umspülte Nadine wie ein reißender Fluss. Das Ertrinken drohte, aber nicht einmal Loriot rührte sich. Er lag zu ihren Füßen und schlief. Sie glaubte sogar, ihn trotz der Geräuschkulisse in dem kleinen Bistro schnarchen zu hören. Er hätte ihre Rettung sein können. Nein, der zuckte nur im Traum mit seinen Pfötchen. Sarah war mittlerweile bei ihrem Arbeitgeber angekommen.
»Und dann hat er doch glatt von mir verlangt, dass ich meinen Urlaubstag nächste Woche streiche«, schwadronierte sie weiter, »weil die Mannsperger ja so dringend in Kur muss. Klar, mit mir kann man’s ja machen ...«
Nadines durchdringendes Schweigen schien nicht mehr zu reichen. Also versuchte sie es mit so viel Teilnahmslosigkeit wie möglich in ihrer Stimme: »Ach ja?«
Das hatte ihre Gesprächspartnerin allerdings nicht überhört.
»Ist heute irgendwas mit dir los?«, bremste sie ihre Tiraden aus.
»Nö. Wieso?«
Nadine spielte mit der Hundeleine, nahm diese schließlich so kurz, dass Loriot von dem kleinen Ruck an seinem Hals aufwachte. Er blinzelte in die Umgebung, schaute zu seinem Frauchen hoch. Als er sich vergewissert hatte, dass sie noch da und damit alles in Ordnung war, wollte er den Kopf zurück neben die Pfoten legen. Aber wieder zuckte es an der Leine. Irritiert stand er auf, reckte sich mit erhobenem Hinterteil und gähnte.
Es hatte geklappt.
»Oh ja, Mausbär, ich habe die Zeit ganz vergessen«, Nadine beugte sich zu Loriot hinunter, »du musst jetzt mal los, oder?«
Sie streichelte seinen Nacken, was er mit schläfrigem Schwanzgewedel beantwortete. Der vorbeieilenden Kellnerin winkte sie auffällig zu und beglich so schnell wie möglich ihre Rechnung.
Innerlich zusammenzuckend hörte sie sich beim Verabschieden noch zu ihrer Freundin sagen: »Na klar können wir uns am Mittwochabend wieder hier treffen«, dann zog sie davon in Richtung - egal. Irgendwohin.
Der Malteser torkelte ein wenig auf seinen Beinchen.
»Tut mir leid, Loriot, dass ich dich schändlicherweise aus dem Schlaf gerissen habe«, murmelte sie.
Sie stromerte ziellos die Fußgängerzone entlang, stoppte mal hier, dann dort vor den Schaufenstern. Loriot war ganz in seine olfaktorische Welt vertieft und verbrachte den Weg mit der Nase tief auf den Boden gesenkt.
Die Frage war gut gewesen, merkte Nadine jetzt.
Was war eigentlich mit ihr los?
Sarahs Gerede über ihren Job, ihren Mann und überhaupt ihr gesamtes irgendwie verkorkstes Leben hatten sie plötzlich angeödet. Was sie sonst geduldig über sich ergehen ließ und mit gut gemeinten Ratschlägen eher noch befeuerte, fand sie heute einfach nur anstrengend.
Vielleicht die Hormone? An manchen Tagen im Monat ging sie sich schon selbst auf den Nerv, manche Leute kamen ihr dann gerade recht. Doch das kam zeitlich nicht hin. Haken an den Frauenkram.
Also gab es einen anderen Auslöser für ihre schlechte Laune. Gedankenverloren starrte sie in die Auslagen eines Ladens für Gesundheitsschuhe. Warum konnten solche Schuhe nicht schöner sein? Gehörte zum Altwerden oder zu verschieden langen Beinen zwangsläufig, dass die Schuhe aussahen wie ihr eigener Verpackungskarton? Wahrscheinlich musste das so sein. Genauso wie ältere Leute grundsätzlich gerne alles in sportbeige trugen. Sportjacke, Sportschuhe, Sportmütze - alles beige. Genau wie die Gesundheitsschuhe hier. Macht man halt so.
Macht man halt so.
Da klang etwas in Nadines Gedankenwelt nach. Sarah hatte einen Satz gesagt, der jetzt in ihr aufblitzte.
Das ist nun mal so, wenn man noch nie Glück im Leben hatte.
Und dann noch dieser andere Satz.
Du hast gut reden, du hattest ja keine geschiedenen Eltern.
Genau in dieser Sekunde, mit Blick auf die Schnürsenkel im Sonderangebot, wurde ihr klar, warum sie mit einem Mal so verstockt gewesen war. Dieser Satz war der Knackpunkt: Du hattest ja keine geschiedenen Eltern.
So gesehen war sie natürlich nicht die Richtige, um anderen Leuten Ratschläge zu geben. Sie hatte ja gut reden.
Nadine konnte es nicht verhindern: Unmut stieg in ihr auf und ließ den Café Latte in ihrem Magen neu aufschäumen. Jetzt, wo sie sich daran erinnerte, was sie geärgert hatte, könnte sie es abhaken. Aber die Denkschleife in ihrem Kopf war fest eingerastet.
Sie hatte ja gut reden.
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