»Der hat deinen Anruf erwartet.«
»Das habe ich auch gerade gedacht. Er wusste zumindest, dass sich jemand zur Unterstützung seines Teams melden würde.«
»Wie machen die das? Was steckt wirklich dahinter?« Thomas schüttelte den Kopf.
Marek überlegte. »Mir ist das egal, wie die das machen. Ich gehe jetzt in die Offensive.«
»Wir gehen in die Offensive. Du musst in die Finckensteinallee und trittst dort deinen Dienst an. Dann wirst du schon sehen, wie es weitergeht. Ich werde nach Köpenick fahren. Wenn ich Kerstin gefunden habe, gebe ich dir Bescheid. Unterwegs werde ich mich bei der Fahndung melden, vielleicht haben die ja auch schon etwas herausgefunden, melden sich aber nicht, weil die nicht wissen, wie es bei uns brennt.«
Marek nickte. Er nahm sein Smartphone und öffnete die HIKE-App, um sich noch einmal die bislang eingegangenen Nachrichten anzusehen.
Thomas trat neben ihn. »Genau, das wollte ich auch noch mal prüfen«, sagte er. »Was ist das für eine merkwürdige Anwendung?«
»Ein Messenger«, antwortete Marek und deutete auf das Laptop. »Ich wollte das vorhin schon nachsehen.«
»Ein Messenger?«, wiederholte Thomas. »So etwas wie WhatsApp, warum benutzen die nicht gleich WhatsApp oder was gibt es da noch?« Thomas setzte sich an den Schreibtisch vor das Laptop.
»Ich kannte bislang auch nur WhatsApp«, sagte Marek.
Thomas googelte bereits. »Da lernt man was«, sagte er. »WhatsApp ist ein sogenannter mobiler Instant-Messenger und hier gibt es eine ganze Liste von Programmen. KakaoTalk, klingt doch lustig und HIKE ist auch darunter und natürlich Skype.« Thomas drehte sich zu Marek um. »Letzte Woche haben wir doch mit den Kollegen aus München eine Skype-Konferenz abgehalten. Bis dahin hatte ich gar nicht gewusst, dass so ein Programm auf unseren Rechnern installiert ist.«
»Ich habe während des Studiums viel geskypt und natürlich mit Freunden auf WhatsApp. Was steht da denn nun über diese HIKE-App?«
»Moment.« Thomas wählte den Link, eine neue Seite öffnete sich, auf der er zu lesen begann. »Da steht leider nicht viel. Das ist eine indische Software, Bharti und Softbank. Der eine ist indisch, der andere japanisch, soll auf allen Betriebssystemen laufen, hat eine 128-bit-SSL-Verschlüsselung, was immer das heißt.« Thomas klickte weiter durch das Netz. »So richtig berühmt ist HIKE allerdings nicht«, sagte er schließlich. »Unter den Top Ten der WhatsApp-Alternativen wird HIKE jedenfalls nicht gelistet. Wie kommt jemand auf dieses Ding?«
»Indien, Japan, Afghanistan«, stellte Marek fest.
»So ein Quatsch, was haben Indien und Japan mit Afghanistan zu tun, oder doch?« Thomas hatte Google-Maps geöffnet. »Naja, zwischen Afghanistan und Indien liegt nur noch Pakistan.«
»Jetzt lass doch den Quatsch. Die haben irgendeinen Messenger genommen, der nicht wie WhatsApp von jedem Trottel benutzt wird.«
»Hey, ich habe auch WhatsApp-Freunde, wir sind doch keine Trottel«, rief Thomas lachend. »Die App kann auch sehr praktisch sein.«
»Ich habe WhatsApp mal gehabt, aber dann wurde mir das zu blöd«, sagte Marek. »Im Studium wirst du ständig von Leuten angefunkt, die du eigentlich nicht kennst. Seit meiner Rückkehr nach Berlin habe ich es bislang nicht vermisst.«
»Na gut, du hast ja jetzt HIKE und gleich einen neuen Freund«, sagte Thomas grinsend.
»So lustig finde ich das gar nicht.« Marek verzog das Gesicht.
Thomas klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn wir uns jetzt trennen, sollten wir in Kontakt bleiben.« Er überlegte. »Du reaktivierst einfach deinen WhatsApp-Account und ich nehme dich auf meine Freundesliste auf oder ich installiere mir dieses HIKE und du leitest die Nachrichten einfach an mich weiter. Bei WhatsApp geht das auch.«
Marek schüttelte den Kopf. »Bist du dir sicher, dass der Absender der ursprünglichen Nachricht nicht mitbekommt, wenn man das macht?«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Das müsste man ausprobieren, in dem ich dir eine HIKE-Nachricht schicke und du sie an ...«
»Nein, wir haben keine Zeit, irgendetwas auszuprobieren«, rief Marek.
»Dann installiere dir WhatsApp oder hast du es vielleicht noch auf deinem Telefon?«
Marek hatte sein Smartphone schon in der Hand. Er wählte die App über Google-Play aus und versuchte sie zu laden. Google-Play gab eine Fehlermeldung und Marek startete die Installation noch einmal. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen aufs Display.
»Verdammt ich kann WhatsApp nicht laden, ohne HIKE zu verlieren.«
»Was?«, fragte Thomas und stellte sich neben Marek.
»Nicht was, die beiden Apps beißen sich.«
»Probiere es noch mal«, rief Thomas. »Vielleicht kann man das ja umgehen.«
Marek tat es, dann zuckte er mit den Schultern. »Geht einfach nicht. Was ist, wenn du dir HIKE zulegst?«
»Schon in Arbeit«, sagte Thomas. »Das geht ja fix. Jetzt gib mir noch deine Nummer. Der kann hier zwar mein gesamtes Telefonbuch übernehmen, aber das wollen wir ja nicht.«
Marek hielt sein Telefon hin und Thomas tippte die Nummer in das Kontaktfeld der HIKE-App.
»So, jetzt probieren wir das mal. Ich habe dir gerade eine Nachricht geschickt.«
Marek sah selbst wieder auf das Display seines Smartphones. »Verdammt, was passiert da denn jetzt? Der hat das gleich weitergeschickt, und zwar an Kowalskis Mörder.«
»Was, das kann doch nicht sein?« Thomas nahm Marek das Telefon aus der Hand. »Das muss eine Einstellung sein, die man bestimmt rausnehmen kann.«
Thomas tippte entschlossen auf dem Smartphone, bis Marek es ihm wieder abnahm.
»Das ist mir zu gefährlich. Wir lassen das mit der App. Was hast du mir geschrieben? Wissen die jetzt von dir?«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Immer wieder sonntags. Das ist alles, was ich dir gesendet habe. Die haben aber jetzt meine Nummer. Telefonieren können wir dann auch wohl vergessen.«
Marek überlegte. »Ich weiß gar nichts mehr, scheiß Technik, scheiß Kontrolle. Ich schalte jedenfalls mein GPS aus, wahrscheinlich haben die mit diesem Messenger jetzt volle Kontrolle über mein Handy.«
»Wie wollen wir dann in Kontakt bleiben, über Babyfon?«
»Spinn nicht rum. Wir müssten uns auf die Schnelle zwei Pre-Paid-Handys besorgen, aber die Läden sind heute ja dicht.«
»Wie ist es mit einer Tanke, da bekommt man doch alles«, schlug Thomas vor.
»Quatsch. Du suchst nach Kerstin. Wenn du sie gefunden hast, bringt ihr euch in Sicherheit. Ich bleibe so lange an diesem Prossmann dran, bis meine Schicht zu Ende ist.«
»Aber trotzdem«, sagte Thomas schnell, »wenn ich Kerstin habe, schreibe ich dir einfach, dann ist die Sache doch ohnehin erledigt, dann haben die kein Druckmittel mehr ...«
»Und wenn sie kein Druckmittel mehr haben«, unterbrach Marek Thomas, »dann gehen sie mit allem was sie haben auf Prossmann und mich los. Nein, nein, das lässt du bleiben. Du nimmst keinen Kontakt zu mir auf. Du hast Prossmanns Terminplan und weißt dadurch immer, wo ich gerade bin.«
»Was ist mit E-Mail?« Thomas ließ nicht locker.
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