11 Die Burgenanlagen in Altencelle
Frühmittelalterliche Spuren vor der heutigen Stadt
Drei Burgen lagen einst an einer Strecke von nur zweieinhalb Kilometern in der Nähe von „Kellu“, später „Tsellis“ genannt, der Vorgängersiedlung der heutigen Stadt Celle im Stadtteil Altencelle: die Brunonenburg, die Nienburg und der Ringwall in Burg. Die bislang durch mehrere Grabungen gewonnenen Erkenntnisse verweisen teils auf die Zugehörigkeit zu umgebenden Ansiedlungen und eben jenem frühmittelalterlichen Ort mit Kirche (die Gertrudenkirche steht heute noch) und möglicherweise einem Hafen. Bauliche Überreste und Fundstücke von Alltagsgegenständen (im Bomann-Museum und im Landesmuseum Hannover zu sehen) dokumentieren, dass die städtischen Überreste mitsamt den Burganlagen zu den bedeutendsten frühmittelalterlichen Kulturdenkmälern der näheren Umgebung und ganz Niedersachsen zählen. Ihr herausragendes Potential lockt immer wieder Archäologen hierher, um die exakte zeitliche Einordung sowie die tatsächliche räumliche Ausdehnung weiter zu erforschen.
Die Datierung des Burger Ringwalls wird im 10. Jahrhundert vermutet. Einst auf einer Sanddüne in den unzugänglichen Niederungsgebieten der Fuhse gelegen, diente die leicht oval geformte und etwa 70 x 85 Meter große Anlage wahrscheinlich als Fluchtburg. Ihr oblag auch die Sicherung (vor allem vor Angriffen allzu eroberungswütiger Ungarn) einer nahe gelegenen Siedlung und möglicherweise einer Furt durch die Fuhse, letzteres ist jedoch unter Fachleuten umstritten. Der ursprünglich cirka drei Meter hohe Wall bestand aus Plaggen (durchwurzelter Oberboden) und Holzversteifungen, die Bebauung aus Toranlage mit Erdbrücke und drei Häusern in Pfostenbauweise; die Bauten mit nachgewiesenen Herd- und Feuerstellen waren in mehrere Räume unterteilt. Ein sechs Meter breiter und zwei Meter tiefer Graben führte rund um den Wall und war am Grund ebenfalls mit Plaggen befestigt. Literarisch verewigt ist der Wall in Hermann Löns Roman „Der Werwolf“, die Handlung spielt im Dreißigjährigen Krieg.
Die Gründung der Brunonenburg vermuten Forscher im Jahr 986 n. Chr., historisch ist dies jedoch noch nicht hundertprozentig abgesichert. Sie geht möglicherweise zurück auf Bruno VI., Markgraf von Kaiser Otto III.. Andere Quellen weisen auf Heinrich I., der die Anlage umschließende und in Resten noch erkennbare Wall wird hierzulande auch als „Heinrichswall“ bezeichnet. Heute liegt auf dem Grundstück eine Hofanlage. Es sind Fundamentreste von mehreren Gebäuden aus drei Bauphasen von 916–936, um 1000 und um 1300 nachgewiesen: steinerner Wohnturm und Palas, mehrere Häuser mit Ofen- und Brunnenresten, Kapelle mit Friedhof und Grabresten. Brandspuren lassen die Vermutung zu, dass die Anlage durch Feuer vernichtet wurde.
Die Nienburg nahe der Aller stand wahrscheinlich auf einem eckig-ovalen Plateau von etwa 150 x 80 Metern und war natürlichen Ursprungs, möglicherweise ist es eine Sanddüne. Sie diente wohl einst als Befestigungsanlage. Manche Forscher vermuten dahinter auch ein Kastell Karls des Großen, was bislang jedoch noch unbelegt ist. Auch eine Verwendung als Verteidigungsstellung im Dreißigjährigen (1618 – 48) oder Siebenjährigen Krieg (1756 – 63) ist denkbar, 1749 wird die Anlage als „Alte Schanze“ betitelt.
12 Die Fischerei Nölke
Was darf es sein? Aal oder lieber Forelle?
Er ist derzeit der Letzte seiner Zunft in Celle! Dabei blickt Hans-Friedrich Nölke auf eine über zweihundert Jahre währende Familientradition zurück, auf die er zu Recht mächtig stolz sein darf. „Meine Vorfahren haben den Fisch bereits nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) an die Franzosen verkauft“, so hört man ihn gern berichten, wenn er seine Ladentüre öffnet und Gäste auch mal hinter die Kulissen der Ladentheke schauen lässt. „Die haben nur leider die Häuser und Fischerhütten hier an der Fritzenwiese niedergebrannt, damit sie ein besseres Schussfeld über die Aller hatten.“ Man mag es sich vorstellen, wie schwierig der Neuanfang für seine Vorfahren, deren Frauen so schöne Namen trugen wie Maria Elisabeth, Christina Sophia oder Maria Sophia, gewesen sein mag. Bis heute obliegt der Verkauf, wenn die Männer zum Fischen unterwegs sind, den Frauen, die nicht nur dafür, sondern auch für Außerhausbestellungen und vieles andere mehr zuständig sind. Das Fischerhaus, in dem der Betrieb seit 1789 untergebracht ist, steht auch heute noch. Betritt man das kleine Geschäft, ist man augenblicklich von der langen Geschichte, der ungewöhnlichen Atmosphäre und dem feinen Räucherduft, der vom Räucherofen herüberweht, angenehm gefangengenommen. In dem alten Steinofen, der übrigens genau so alt ist wie die Familientradition, wird immer noch mit einer besonderen Mischung aus Erlen- und Buchenholz geräuchert, Holzsorten, welche dem Fisch eine delikate Räuchernote verleihen. Nicht umsonst gehören der regelmäßige Besuch des Fischereibetriebes und Kauf von leckerem Räucherfisch bei vielen Cellern zum längst lieb gewonnenen Wochenendritual. Beim traditionellen Kolkausfischen der Altstädter Schützengilde (Kolk ist eine Vertiefung am Grund strömender Gewässer, besonders tief hinter Stauwehren) am Aller-Stauwehr (Mühlenkolk), sind die Nölkes übrigens auch stets dabei – und stets erfolgreich. Auch wenn Sie ansonsten mit Schützenfesten nicht viel am Hut haben, hier können Sie den echten Flussfischern mal beim Auslegen des Netzes zuschauen. In der Aller fischt der Berufsfischer Nölke nach Aalen. Auf 45 Kilometer Flussstrecke darf der Berufsfischer seine Reusen auslegen. Ein idyllischer Arbeitsplatz, an dem man nicht nur Fisch- und Seeadler beobachten, sondern auch seltene Pflanzenarten entdecken kann, wie zum Beispiel Wollgras und Sonnentau. Vor etwa 70 Jahren wurde die Flussfischerei um eine Teichanlage ergänzt. Hier tummeln sich seitdem Karpfen, Forellen, Schleie und Hechte und ergänzen das Angebot im Fischladen – egal ob es geräuchert, filetiert oder grün sein darf.
13 Magazin und Werkstätten des Bomann-Museums
Der eigentliche Kern des Museums
Die Aufgaben eines Museums sind Sammeln, Bewahren, Forschen und Ausstellen und, so lernt es heute noch jeder Student, der Kern eines jeden Museums ist sein Depot. Das Depot des Bomann-Museums nennt sich Magazin und residiert inklusive der Restaurierungswerkstätten (und ohne weitere diverse Außenstellen) auf über 1.500 Quadratmetern an der Mühlenstraße in den umgebauten Räumen der ehemaligen Ratsmühle. Es verwahrt auf meterhohen Regalen um die 500.000 Objekte, die allesamt sorgfältig fotografiert, dokumentiert und per Computer erfasst sind. Jedes Exponat, von der Pillendose bis zum Panzerschrank, bekommt Nummer und Platz zugewiesen. Nur so können die Sachen wiedergefunden werden. Hunderte Ofenplatten sind beispielsweise im „blauen Turm“, dem ehemaligen Silo der Mühle, magaziniert. Bilder haben einen eigenen Raum und hängen auf hintereinander gebauten, beweglichen Stellagen. Auf einem Regal liegt Siegelstempel an Siegelstempel von mancher Handwerkerzunft, ein anderes zeigt Kaufmannswaagen oder Schilder. Einige Räume bergen nur Porzellan, andere Möbel, in Kartons lagern Konvolute, sortierte und unsortierte Sammeleien jedweder Art von Büchern, Fotos, Briefen, Postkarten, Orden, Schmuck, Arzneimitteln, Verbandszeug, Werkzeug, Knöpfen, Skulpturen, Spielzeug bis Kochgeschirr. Hinzu kommt ein eigenes Depot für die Aufbewahrung von Textilien.
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