„Wen?“, fragte Winter nach und streckte die Finger aus. Offenbar hatte sie die selbe Furcht davor Elea zu berühren, wie die Skalt es ihrerseits hatte, denn kurz vor ihrem Gesicht hielt sie inne. Elea hörte wie sich knisternd Reif auf ihren Haaren bildete, doch die Kälte schien sie nicht zu berühren.
„Der Seher“, entgegnete Elea knapp und war hin und her gerissen von dem Wunsch den Blickkontakt zu unterbrechen und dem Drang auf ewig in die blauen Augen ihres Gegenübers zu starren.
Winter nahm ihr diese Entscheidung ab indem sie sich mühelos von ihr löste. Für einen Augenblick schloss sie die Augen, gerade genug dass Elea das sanfte Glitzern auf ihren Liedern bemerkte. Sie wusste nicht ob Winter nachdachte oder ob sie ihre Kraft regenerierte in dem sie alle ihre Sinne zurückzog.
„Ich weiß nichts von Sehern“, gestand Winter dann und ließ ihre Hand sinken. „Aber haben wir eine andere Wahl als ihn um Rat zu bitten?“
Elea versuchte so leise wie möglich zu sein, während sie Winter in Richtung ihres Dorfes führte. Allerdings wollte sie auch nicht den Eindruck erwecken zu schleichen, weshalb ihr Erfolg nur Mäßig war. Ihre Schritte schienen durch den verschneiten Wald zu hallen, doch offenbar war ohnehin niemand dort um den Lauten zu lauschen. Sie spürte Winters Blick der starr auf ihren Rücken gerichtet war.
Seit sie losgelaufen waren hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen und Elea fühlte sich als hätte jemand ein stummes magisches Verbot aufgestellt welches ihr jede Kontaktaufnahme untersagte. Winter schien es nicht anders zu ergehen, denn auch sie machte keine Anstalten die Stimme zu erheben.
Elea konnte nicht sagen wie weit sie gelaufen waren, ehe sich die Zivilisation vor ihr bemerkbar machte. Die Bäume um sie herum wurden etwas kleiner und jünger als die alten Riesen, durch die sie bisher gewandert waren. Der Wald schien geordnet zu sein, denn es gab kleine Gassen die nur hier und da von einzelnen alten Bäumen und Bruchholz unterbrochen wurden.
Sie betraten eine Lichtung, welche Elea kannte und ihr augenblicklich eine Vorstellung davon gab wie weit sie noch vom Dorf entfernt waren. Als sie diese Information verarbeitet hatte, durchzuckte sie ein Gedanke, welcher sie zum augenblicklichen Stillstand zwang. Winter wäre beinahe in sie hinein gelaufen und schaute sie daher verwundert an.
„Ich denke es ist besser, wenn du erstmal hier bleibst“, erklärte Elea. „Ich werde den Seher holen.“
Winter antwortete nicht, sondern stand lediglich wie zu einer Statue erstarrt im Schnee. Elea wertete dies als Zustimmung und folgte dem Lauf einer Kuhle im Schnee welche vor einigen Stunden entstanden sein musste.
Sie hatte kein gutes Gefühl dabei Winter einfach zurück zu lassen, doch etwas in ihr war der Überzeugung, dass es besser war Winter zunächst nicht mitzunehmen. Sie wollte erst einmal selbst die Beurteilung des Sehers hören. Vermutlich war es auch besser wenn Winter nicht sofort auf ein ganzes Dorf stieß, denn zum einen kannte Elea sie und ihre Absichten nicht und zum anderen schien sie es alles andere als gewohnt zu sein, viele Leute um sich herum zu haben.
In der Zeit, welche Elea brauchte um zum Dorf zurück zu kehren wurde ihr erst bewusst, wie weit sie sich von dem Dorf entfernt hatte. Dazu noch ganz allein und nur bedingt geschützt. Es grenze wohl an ein kleines Wunder dass sie nun unbeschadet zurückkehren konnte.
Nach einiger Zeit schlug sie einen neuen, inzwischen recht verschneiten Weg ein, welcher sie direkt zu dem Seher führen würde. Der Morgen graute bereits schwach, doch dies würde er auch noch für eine ganze Weile tun. In der kalten Jahreszeit schien sich die Sonne zu weigern über die Kuppel zu klettern und die Welt mit ihrem Licht zu wärmen.
Vor ihr regte sich nichts in dem Dorf und der Schnee wurde, je näher sie dem Haus kam, immer tiefer. Vermutlich war seit der Besprechung, abgesehen von ihr, keiner mehr in der Hütte der Krähe gewesen und hatte ihn um seinen Rat ersucht.
Schließlich hatte sie es geschafft und stand, nass und schwer atmend, vor der Tür. Wieder fragte sie sich wie Winter nur so leichtfüßig und mühelos über den Schnee schreiten konnte. Sie verwarf den Gedanken wieder und schüttelte kurz ihren Umhang aus, an dem die Schneeflocken wie kunstvolle Fussel hingen. Noch bevor sie die Hand erheben konnte um gegen das Holz zu klopfen, wurde diese aufgemacht und der Seher sah sie aus seinen müden, hellen Augen an.
„Ich habe auf dich gewartet.“
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