Pfarrer: Löffelmacher! Wenn wir ihn haben, sterben wir gar nicht. Denn Er sagt: ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der stirbt nicht. etc.
Er: Ja das glaub’ ich auch - aber Sünden habe ich mehr, als ich mein Lebtag Löffel gemacht habe.
Pfarrer: Selig bist Du, dass Du’s erkennst, bereust Und bekennst. Denn Christus, das Lamm Gottes, nimmt sie Dir alle weg und mit fort; denn er nimmt hinweg die Sünden der ganzen Welt, und weil der Löffelmacher auch ein Stücklein von der Welt ist, so nimmt er auch des Löffelmachers Sünden weg, sei es, dass ihre Zahl die der Löffel übersteigt, so übersteigen sie doch die Zahl der Sandkörner am Meer nicht, und sollten sie auch dies, so ist noch Barmherzigkeit und Gnade da. Wir sind allzumal nichts nütze, Keiner ist gerecht vor Gott. Röm. 3,10. Aber wer Buße tut und glaubt an den Herrn Jesum, der ist auf der Stelle gerecht und selig. Röm. 10,10. Christus macht den barmherzigen Samariter an uns Allen, er trifft uns ausgezogen, nackt und bloß, voll Blut und Wunden, voll Sünde und Laster an der Straße dieser Welt liegend an - voll Mitleid und Erbarmen geht Er zu uns hin, wäscht unsre Wunden aus, gießt Öl und Wein hinein, verbindet uns, nimmt uns auf sein Lasttier, bringt uns in die Herberge der Rechtgläubigen, übergibt uns dem Wirt, dem Pfarrer, mit dem Auftrage: Sorge für ihn - kommt wieder und trägt uns zuletzt in den Himmel.
Der Löffelmacher weinte und sagte: Ja wahrhaftig, ich bin wohl ein Mensch, der unter die Mörder fiel und jetzt voll Wunden da liegt, aber ich hoffe zu Gott, dass er sich meiner erbarme!
Zeige mir nur Deine Wunden, sagte der Pfarrer, im Namen Jesu heile ich sie Dir alle zu. Jetzt fing er an mit vielen Tränen aufrichtig zu beichten, war aber so voll Zuversicht, dass ihm Gott seine Sünden vergebe, dass er keines weitern Trostes mehr bedurfte.
Acht Tage lang ging ich täglich zu ihm, nicht um ihn zu trösten, sondern um bei ihm Glauben und Trost für mich zu holen. Denn er war voll Trost, er tröstete sein Weib, seine Kinder, Schwester, Nachbarn so, dass Alles um sein Krankenbett sein wollte. Nach acht Tagen kamen Anfechtungen (wie gewöhnlich, wenn der Kranke gar so außerordentliche Tröstungen hatte). Jetzt musste der Pfarrer ihn trösten. Dies dauerte auch acht Tage. Die letzten drei Tage aber blieb er ruhig und bis ans Ende voll Zuversicht, Liebe und Trost. Alles sagte: Ach, wenn ich nur sterben könnte, wie der Löffelmacher!
6.
Ein Mann hatte das Unglück, dass er drei Tage vor seinem Tode einen Ehebruch beging. Als der Pfarrer in sein Sterbezimmer trat, sprach er finster drein sehend: Ich werde wohl verdammt werden? Pfarrer: Warum das? Er: Ach, ich bin so ein alter Mann, und habe erst vor drei Tagen die Ehe gebrochen, und es heißt ja, weder die Hurer, noch die Ehebrecher werden in den Himmel kommen.
Pfarrer: Ich habe Mitleiden mit Dir, mit Deinem Fall und Unglück, aber verdammt darfst Du deswegen nicht werden. Nur die unbußfertigen Ehebrecher können ohne Buße und Glauben nicht in den Himmel kommen, aber die Bußfertigen, die Erschrocknen, die ihre Zuflucht zu Jesus nehmen, kommen hinein. Denk nur an David; er war Ehebrecher und Mörder zugleich, und doch sitzt er mit Tausenden seines Gleichen im Himmel. Denk an alle Heiden, die Christen wurden; sie begingen diese und noch abscheulichere Sünden, und doch sagt Paulus: Ihr seid abgewaschen, gereinigt durch den Namen Jesu Christi 1.Kor. 6,11. Verzage also nicht, Du triffst viel tausend Ehebrecher im Himmel an; ja ich möchte sagen, es ist fast kein Heiliger im Himmel, der (nach Jesu Worten Matth. 5,28.) nicht wenigstens innerlich vor Gott ein Ehebrecher war, der nicht ein Weib begehrend angesehen hat; warum solltest Du gerade allein verdammt werden? Richte Dich auf, fasse Mut! Sieh, Jesus, der die Ehebrecherin Joh. 8., welche die Juden steinigen wollten, vom Tode lossprach, ist eben jetzt in Deinem Hause da (durchs Abendmahl), nicht um Dich zu verdammen, sondern selig zu machen. [Die Einwendungen, die Freunde und Feinde über diese und ähnliche schnelle Bekehrungen machten, hat Boos selbst in einem seiner Briefe widerlegt.]
Jetzt richtete der Mann sich in seinem Bette auf, weinte, dankte und freute sich unaussprechlich, und starb noch denselben Tag ruhig und getrost. Sein Weib sagte: wenn ich sterbe, müssen Sie auch zu mir kommen: mein Mann wird auf einmal ganz anders. O Weib! sagte der Pfarrer, wenn nur ich komme, so ist Dir nicht geholfen; bete, dass Christus zu Dir komme, und tue ihm auf, wenn er kommt, wie dein Mann, dann ist Dir geholfen.
7.
Eine ledige Magd lebte von Kindheit an fromm, abgesondert von aller Welt; ihre Freude war Beten, Lesen, Hören, Beichten, Kommunizieren; nie hielt sie es mit der lustigen Welt, und doch war sie stets ängstlich, traurig, niedergeschlagen, überaus sündig in ihren Augen, ihre Hauptversuchungen innerliche Anfechtungen von unreinen Gedanken. Dieser Satanas schlug und plagte sie Tag und Nacht; sie konnte ihn mit und durch Nichts vertreiben; es brannte stets wie ein wildes Feuer in ihr, obschon sie von Außen nicht den geringsten Anlass gab; denn sie sah keinen Menschen an, schlug die Augen immer nieder oder hielt sie gar zu, ließ sich nie in eine Bekanntschaft oder Liebschaft ein, war die eingezogenste, frömmste, keuscheste, unschuldigste Jungfrau; man sah sie nie lachen, hörte sie ohne Not kein Wort reden; sie hatte vom Kopfhängen einen krummen Hals bekommen.
Zu dieser sagte der Pfarrer einmal: Dein krummer Hals, deine beständige tiefe Traurigkeit kommt nach meiner Einsicht bloß von Deinem Unglauben. „Ich meine ja doch nicht,“ sagte sie. Pfarrer: Aber ich meine ja doch. Sag mir aufrichtig: Du meinst sicherlich, Du müssest Dich selbst gerecht beten, beichten, fasten, kommunizieren; und ich sage Dir, das wirst Du nie zuwege bringen, sondern Du musst durch den Glauben an Jesum Christum gerecht und selig werden. Wie Dir Adam die Erbsünde im alten Testamente vermacht hat, und alle an dieser Sünde klebende Wehen und Strafen, so hat Dir der zweite Adam, Christus, alle seine Gerechtigkeit und Verdienste wie ein Erbteil vermacht. Wenn Du dieser seiner vor Gott allein geltenden Gerechtigkeit teilhaftig werden willst, so musst Du glauben, dass es so sei, wie ich Dir sage, musst dreist zugreifen und nehmen, das Vertrauen nimmer aufDich und Deine befleckte Heiligkeit setzen, sondern allein auf Ihn. Wenn Du Dies glauben kannst, so wirst Du Ruhe und Friede in Deiner Seele haben; Dein krummer Hals wird gerade werden, Deine zugedrückten Augen werden sich öffnen, Dein Mund wird einmal lachen usw.
Auf diese Reden sah sie den Pfarrer das erste mal freundlich an, fing das erste mal an zu lächeln, und sah heiter drein.
Pfarrer: Nun, das wäre einmal ein anderes, fast gläubiges Gesicht. Glaubst du also, was ich Dir sagte?
Sie: Sie wissen, dass ich schon seit vier und ein halb Jahr auf Niemand mehr Vertrauen setze, als auf Sie. Ich glaube Alles, was Sie mir sagen; Ich wollte mich selbst gerecht beten, beichten etc., habs aber nie zu Stande gebracht. Aber wie froh bin ich, wenn, wie Sie mir sagen, ich die vor Gott geltende Gerechtigkeit von Christo erben, und nur im Glauben nehmen darf. Jetzt ist, mir geholfen; jetzt will ich gern lachen. Das habe ich nie so recht verstanden.
Und von dieser Stunde an war diese aller-traurigste Seele die aller-fröhlichste; der nachmalige Lästersturm über den Pfarrer schadete ihr am wenigsten; sie ist und bleibt fest in ihrem durch viele, und nach vielen Ängsten und Leiden erprobten Glauben. Sie ist unter Allen die standhafteste, fröhlichste, heiterste Verehrerin und Bekennerin Jesu Christi. Sie hat den Glauben in der Schule des heiligen Geistes nach vielen Leiden und Demütigungen aller Art gelernt. Ihresgleichen sind noch Viele, die ich der Kürze wegen übergehe. Nur muss ich noch bemerken, dass dieselbe zwei und eine halbe Stunde weit in die Kirche zu gehen hat, und doch alle Sonntage die Erste beim Beichtstuhle steht. Sie dient einem alten 90-jährigen Manne. Ich halte sie für die seligste und unschuldigste Person in der ganzen Pfarre; sie hält sich aber für die größte Sünderin, jetzt aber auch für eine Begnadigte.
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