Diese Absicht hat die Herausgabe deiner Geschichte, keine andere. Nicht dich, nicht deinen Namen und Ruhm - du suchtest hier keinen - sondern deinen Glauben, deinen Christus, den du gepredigt, und das Heil in Ihm, soll sie darstellen und bezeugen. Du bedarfst unserer Buchstaben nicht mehr, aber die Welt bedarf immer mehr des lebendigen Zeugnisses von Christo.
Möge dir also die Bekanntmachung deiner Geschichte noch viel mehr Seelen in die selige Ewigkeit nachschicken, als dir schon dahin vorangelaufen sind, Seelen, die durch deine hinterlassenen Worte und Zeugnisse zur Erkenntnis und zum Leben Gottes in Christo erweckt werden, die dich einst dort aufsuchen und mit dir anbeten werden das Lamm, das geschlachtet ist für unsere und aller Welt Sünde. Wie wird dich dieses freuen! Wie Jeden, der etwas dazu beigetragen hat!
Mit dieser Selbstbiographie ist eine wesentlich dazu gehörende Sammlung seiner Briefe verbunden und zwar derselben in chronologischer Ordnung und in denselben Abteilungen beigefügt worden, damit bei jedem Abschnitte der Biographie die gleichzeitigen Briefe dazu gelesen werden können.
Endlich dürfte auch noch, so Gott will, wenigstens Ein Band seiner Predigten erscheinen, wozu es an Vorrat nicht fehlt.
Der Herr, der starb, damit alle Welt leben soll, sei mit allen Lesern. Amen!
L., den 8. Mai 1826
Der Herausgeber.
Boos in Österreich
In Linz wurde er mit Freuden aufgenommen, und fühlte sich wie neugeboren, dass er nach so vielen Leiden endlich einmal ruhig und unangefochten geduldet wurde. Er arbeitete in der Stille, doch hastig fort in der Seelsorge an verschiedenen Orten, wo er vom Bischof angestellt wurde, nämlich als Kooperator zu Leonding, Waldneukirchen, von wo ihn Bertgen, der Freund des Bischofs, zu sich und mit sich auf seine große Pfarre Peyerbach nahm, wo er im Segen wirkte.
Nachher wurde er als Pfarrer nach Pöstlingberg, nahe bei Linz, befördert und endlich 1806 nach Gallneukirchen, einer der besten Pfarreien, versetzt, durch die Zeugnisse, die Bertgen dem Bischof für ihn ausstellte.
Im Jahre 1807 starb der edle Bischof Gall, die vornehmste Stütze des lieben Boos, der genaueste Kenner seines Geistes und seiner christlichen Gesinnungen.
Bis zum Jahre 1810 wirkte er mit stillem Segen, und unangefochten weil sich keine besondere aufwallende Erweckungen zeigten. Aber in diesem Jahre, den 8. Sept., an Mariä Geburt, brach auf seine Frühlehre von beiden Seiten das Feuer des guten und bösen Geistes wieder aus.
Die Pfarrei war groß und zahlreich, bei 4000 - 5000 Seelen, die alle für ihn waren und ihn mit Enthusiasmus hörten und liebten. Nur zwei Weber fingen, aufgehetzt durch einen Geistlichen, der die fette Pfründe dem Ausländer nicht gönnte, und den guten Bissen lieber selber gehabt hätte, erst an, gegen Boos aufzutreten; sie suchten und fanden bald Parteigänger, die jedoch nie zahlreich waren, sondern anfangs nur 10, 12 und endlich höchstens dreißig wurden. Diese klagten über seine Lehre, die sie nicht verstanden und fanden auch leicht Ohren, die da gern Klagen hörten über den hoch geschätzten und vorgezogenen Ausländer. Der damalige Bischof Hohenwarth, ein guter, aber schwacher Mann, wusste sich nicht zu benehmen. Kurz Boos fiel wieder in die Inquisition, die, solange Bertgen, der nun Domscholastiker und nachher Regierungs-Rat und sein Gönner und sein Freund war, lebte, gut für ihn ausfiel.
Aber nachdem Bertgen starb, war auch feine letzte Stütze gebrochen (-nur die im Himmel wohnt, nicht. Denn die bricht nicht, wenn alle Stützen brechen). Niemand kannte ihn so genau, Niemand wollte sich seiner so kräftig annehmen, die Meisten missgönnten ihm die gute Pfründe, den Beifall, das allgemeine und unbegrenzte Vertrauen des Volkes, den Segen und die Wirkungen seiner Arbeiten und Predigten.
Sein Rival und Nachfolger auf dieser Pfarrei Gallneukirchen arbeitete gewaltig an seinem Sturze, war dem Scheine nach sein Freund und dabei sein beständiger Ankläger, um seinen Zweck zu erreichen, und er erreichte ihn.
Die Hofstelle in Wien, wohin die Klage wanderte, sah durch das Gewebe durch, und erklärte ihn für unschuldig; der Kaiser Franz selbst bezeugte: Boos wäre kein Ketzer und kein gefährlicher Mann. Darauf bekam er wieder ein paar Jahre Ruhe, er wirkte fort, wie zuvor.
Allein die Feinde ruhten nicht, sie klagten wieder. Auf den 24. Juli 1815 ward Boos vor das Konsistorium in Linz berufen, inquiriert und nicht mehr nach Hause zu seiner Pfarrei gelassen, sondern in dem Karmeliter-Kloster in Linz eingesperrt, zuerst nur leicht, so dass er im Kloster umhergehen durfte, aber den 16. Febr. 1816 wurde er in eine Zelle gesperrt und ein Schloss vor die Tür geschlagen, so dass er nicht mehr an die Luft heraus durfte.
Es waren ihm gleich anfangs alle seine Briefe von Freunden und alle seine Papiere weggenommen, worüber er sich dann in Konstituten und Behörden verantworten musste; weil aber diese Inquisitors-Augen nicht mit dem Herzen lasen, mit dem sie geschrieben waren, war es für ihn eine Folter.
Er wurde nun wiederum in Wien bei der Hofstelle und beim Kaiser, und zwar noch stärker angeklagt, als hätte er sich schwerer Polizei-Übertretungen und geheimer Gesellschaften schuldig gemacht.
Allein die Hofstelle entschied wiederum gegen die Kläger und erklärte Boos durch eine kaiserliche Resolution vom 24. April 1816 für frei von diesem Verbrechen sowohl, als von Ketzerei und Schwärmerei, wollte ihn, um ihn seinen Feinden aus den Händen zu reißen, anderswo und zwar vom Erzbischof von Wien, unparteiischer untersuchen lassen, und ihm zur völligen Freiheit helfen. Nur für den Fall, dass er selbst lieber auswandern wollte, wurde ihm dazu die allerhöchste Bewilligung gegeben.
Boos wählte das Letztere, und verließ Österreich wieder, reiste Ende Mai’s von Linz nach Bayern, in sein Vaterland, zurück.
Boos wieder in Bayern
Den ersten Juni 1816 kam er in München an, fand bald bei einem begüterten Freunde auf dem Lande, in seinem Schlosse, eine freundliche Aufnahme. Um nun nicht müßig zu sein, unterrichtete die Kinder und wartete inzwischen, bis sich für ihn wieder eine angemessene Anstellung finden würde.
Aber auch da ward er nicht in Ruhe gelassen. Von den alten Feinden lebten noch einige, die sich mit neuen verstärkt hatten. Sie unterließen nicht, der Regierung heimlich den verhassten Mann als gefährlich zu schildern, und geradezu auf seine Verbannung aus dem Vaterlande zu dringen.
Den 18. Dezember 1816 ward er zum K. Landgericht D. gerufen, und ihm, im Namen des Königs befohlen, binnen 24 Stunden das Land zu räumen, ohne dass ihm eine Ursache angegeben ward. Nachher, als die Sache wieder vermittelt wurde, erfuhr er erst, dass drei Konsistorien ihn bei dem Ministerio als Haupt des verderblichen Mystizismus angeklagt hätten. Es wurde ihm wieder, aus Gnaden und Rücksichten auf einen angesehenen Mann, der für ihn sprach, erlaubt, im Lande zu bleiben.
Im April 1817 führte ihn eine schwere Krankheit an die Tore der Ewigkeit, wobei er aber eine solche Gewissheit seiner Seligkeit im lebendigen Glauben an Christus, und eine solche Freudigkeit zu sterben, in seinem Herzen erfuhr, dass er wünschte, nur recht oft in solche tödliche Ohnmachten zu fallen, wodurch sein Glaube so belebt wurde.
Boos am Rhein
Bald nachher erhielt er einen Ruf von der K. Preussischen Regierung als Professor und Religionslehrer an dem Gymnasium in Düsseldorf. Am 12. Okt. 1817 trat er seine Reise dahin an, und zog den 26. Okt. in sein Logis dort ein.
Hier wurde ihm das ungewohnte Geschäft, den Stein der lateinischen Sprache mit den ersten Anfängern zu wälzen, entsetzlich schwer und bitter. Er hatte in seinem ganzen Leben mit dem lebendig machenden Geist und herrlichen Evangelio unserer Seligkeit zu tun, welches sein Element war; nun aber musste er sich in seinen alten Tagen noch mit dem tötenden Buchstaben plagen. Was ihn dabei allein tröstete und aufrecht erhielt, war, dass er den Studenten in allen sechs Klassen täglich Religionsstunden zu erteilen und wöchentlich zwei Predigten zu halten hatte.
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