Der Zufall führte mich damals mit einem Alfred Rath zusammen. Der hatte ein paar Jahre zuvor in unmittelbarer Strandnähe ein Hotel Garni mit Restaurant an der Nordheimstraße erbaut. Sein Restaurant lief aber nicht, weswegen er die Räume vermieten wollte. Als ich davon hörte, setzte ich mich sofort mit ihm in Verbindung, mit dem Ansinnen, von ihm diese freiwerdenden Räume zu pachten. Da auch Alfred Rath sich für sein Hotel von einer Kuranlage im Haus Vorteile versprach, wurden wir uns sehr schnell handelseinig. So wurden aus dem Restaurant sehr schnell sechs Massagekabinen inklusive Anmeldung und kleinem Ruheraum. Aus der Küche machte ich damals eine kleine Bäderabteilung mit einer Unterwasser-Massageanlage. Da auch die Stadt selber ein Interesse an so einer Kuranlage an diesem Standort hatte, war das entsprechende Genehmigungsverfahren ein Selbstgänger. Da jeder dieser Kurbetriebe einen leitenden Therapeuten brauchte, machte ich Rudi Seebörger zum leitenden Therapeuten und Betriebsleiter des kleinen Kurbetriebes Döse. Verstärkt wurde er durch zwei weitere neu eingestellte Therapeuten und einen Praktikanten. Als Kurbad-Sekretärin und Anmeldekraft wurde unsere Astrid Joester eingestellt und von Jutta eingearbeitet. Astrid war die Frau eines ehemaligen Kameraden aus der Marinefliegerei, der dort als Tactical Officer (TECO) geflogen ist. Sein Vorname war Harald. Beide sollten sehr bald zu unserem engeren Freundeskreis gehören.
Alles in Allem hatte ich auch in Döse bald ein hervorragend funktionierendes Team. Leider musste ich schon im ersten Jahr, das heißt, während der ersten Hauptsaison zur Kenntnis nehmen, dass auch dieser Betrieb bedingt durch das große Kurgastaufkommen viel zu klein geraten war. Noch im selben Jahr machte ich mich daran, ein neues viel größeres Kurmittelhaus zu planen. Da direkt neben dem Nordsee-Hotel, in dem wir Mieter waren, noch ein schmaler Streifen Bauland frei war und ein weiterer schmaler Streifen von der „Neuen Heimat“ hinzugekauft werden konnte, reichte es dann gerade, dort ein neues modernes und den damaligen Anforderungen entsprechendes Kurmittelhaus (KMH) zu errichten. Die Finanzierung übernahm damals meine neue Hausbank in Cuxhaven. Die Baukosten für das zweistöckige Gebäude betrugen ca. 1,2 Mio. DM. Die Banken hatten mitbekommen, dass der Bedarf da war und dass ich in der Lage war, solch gut funktionierende Kurbetriebe auf die Beine zu stellen. Also war die Finanzierung kein Problem.
Der Architekt für das KMH-Döse war der Schwager des Hotelbesitzers und der Verkäufer eines Teils des Baugrundstücks. Der Hotelbesitzer machte zur Bedingung, dass sein Schwager diesen Auftrag bekam. Da dieser ein erfahrener Architekt war, tat ich ihm den Gefallen. Die Bauzeit betrug etwa ein Jahr. Da Ernst Brauer immer noch zu unseren treuen Sauna-Kunden gehörte, bekam er ebenfalls den Auftrag für das KMH-Döse. Auch dort machte diese Baufirma wieder sehr gute Arbeit.
An dieser Stelle sei eingefügt, dass ich immer darauf geachtet habe, dass diejenigen, die mich Geld verdienen ließen, auch von mir bevorzugt behandelt wurden, wenn ich Aufträge zu vergeben hatte.
Auch da arbeitete ich nach einem, oft von meiner Großmutter angewandten Spruch: „Eine Hand wäscht die andere“.
Ein Jahr später, pünktlich zum Saisonbeginn, bezogen wir unseren Neubau, das neue „Kurmittelhaus Döse“. In diesem Haus blieben wir dann ca. zehn Jahre, dann sollte es wieder zu klein werden.
Aus einem anderen Grund, den ich mir selbst eingebrockt hatte, sollte ich nicht zur Ruhe kommen. Ein paar Jahre zuvor war ich aus verschiedenen persönlichen Gründen der CDU beigetreten. Ich sah das damals so: Es liegt in der Natur des Menschen nach mehr zu streben. Das heißt für mich, wenn der Mensch bereit ist mehr zu arbeiten und auch bereit ist, mehr Verantwortung auf sich zu laden, dann soll er, nein, dann muss er auch mehr Geld verdienen können als die anderen, die das nicht können oder wollen. Dieser Grundhaltung kam meiner Meinung nach damals die CDU am nächsten. Während die SPD mir damals so vorkam als seien sie die großen Gleichmacher. Alle müssen das Gleiche haben, allen muss es gleich gut oder schlecht gehen. Genau das konnte ich mir damals, als ich immer „Alles“ wagte und mit meiner Jutta nächtelang ohne Punkt und Komma, d. h. ohne Wochenende und ohne Urlaub arbeitete, nicht vorstellen. Mir ist natürlich bewusst, dass ich damals vieles in das Parteien-Denken hineininterpretiert habe, was in Wirklichkeit gar nicht drin war. Aber an meiner Grundeinstellung hat sich nichts geändert. Wer viel arbeitet, muss auch viel Geld verdienen, ohne dass ihm der Staat das Meiste wieder über die Steuern und Abgaben wegnimmt.
Aber warum kam wieder neue Unruhe in mein Leben? Als Parteimitglied der CDU war ich damals ganz schnell, ohne dass ich das überhaupt wollte, zum Ortsvorsitzenden des CDU-Ortsverbandes Altenwalde gewählt worden. Schon sehr bald danach kamen meine Parteifreunde auf mich zu und baten mich für den Gemeinderat Altenwalde zu kandidieren. Gut, sagte ich mir, wenn du schon von der Allgemeinheit lebst, und das tat ich ja, dann musst du auch der Allgemeinheit etwas zurückgeben. Ohne lange zu zögern, gab ich damals mein Einverständnis. Schließlich musste ich ja erst einmal gewählt werden. Das passierte aber prompt. Da Altenwalde Anfang der siebziger Jahre in die Stadt Cuxhaven eingemeindet wurden, saß ich auf einmal im Stadtrat von Cuxhaven. Das war eine Arbeit, an die ich mich erst einmal gewöhnen musste. Aber nach einer kurzen Einarbeitungszeit fühlte ich mich auch da ganz wohl und begann, konstruktiv mitzuarbeiten. Ich wurde ordentliches Mitglied im Kur- und Verkehrsausschuss. In zwei anderen Ausschüssen wurde ich Vertreter.
Ich war dann insgesamt neun Jahre im Stadtrat. Für mich war das eine außergewöhnlich lehrreiche Zeit, in der ich viele interessante Leute aus der Politik und der Wirtschaft Cuxhavens kennenlernen durfte. Zunächst war die Arbeit für mich erträglich und ich konnte das alles mit den immensen Aufgaben in meiner Firma vereinbaren, weil alle Sitzungen erst nach 18 Uhr begannen. Bald aber begannen diese Sitzungen schon um 16 Uhr und irgendwann um 14 Uhr. Manche Sitzungen, des Verkehrsausschusses zum Beispiel, wurden sogar schon am Vormittag (bei Verkehrsschauen) angesetzt, also einer Zeit, wo ich als Unternehmer dringendst in meinem Betrieb benötigt wurde.
Meine Jutta, der wirklich nichts zu viel war und die sich ansonsten so schnell über nichts beschwerte, sagte mir kurz vor Ablauf meiner 2. Legislaturperiode:
„Du, Paule, solltest du noch einmal auf die Idee kommen, dich für die Wahl zum Stadtrat aufstellen zu lassen, dann kannst du dir auch gleich eine neue Frau suchen. Du sagst zwei bis drei Mal in der Woche „Tschüss, ich muss ins Rathaus“, und ich kann dann sehen, wie ich mit dem Betrieb alleine klarkomme. Das mache ich nicht mehr mit!“
Das war eine klare Ansage. Da ich aber in meinem Leben auf Vieles verzichten konnte, nur auf mein Juttalein nicht, wusste ich natürlich, meine politische Laufbahn war am Ende! Eine weitere Kandidatur kam für mich nicht mehr in Frage.
Auf einer dieser politischen Sitzungen, ich glaube noch zu wissen, dass es eine Fraktionssitzung war, wurde ich von meinem älteren Parteifreund und dem ersten Bürgermeister der Stadt, Hans-Joachim Wegener, vertraulich angesprochen.
Er sagte mir: „Du, Paul, ich soll dir vom Oberstadtdirektor Dr. Eilers und vom Kurdirektor Hans Demgen einen Gruß bestellen. Beide würden dich gerne einmal vertraulich zu einem Gespräch in Sachen Kurbetriebe bitten. Wenn du möchtest, dann würde ich dich gerne zu diesem Gespräch begleiten.“
Dankend nahm ich dieses Angebot an. Hans-Joachim Wegener war für mich eine äußerst vertrauenswürdige Person. Von Beruf war er Oberstudienrat und in der Kommunalpolitik kannte er sich auf Grund seiner längeren Zugehörigkeit besser aus als ich. Außerdem war er mir sehr sympathisch.
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