„Was? Sie wollen hier bleiben, bis wir zurückkommen?“
„Ja. Wir haben uns heute verheiratet.“
„Heute! Gott segne Sie!“
Als sie darauf an das Bett trat, um es zurechtzumachen, sah sie die ehrenvollen Beweise für die Jungfräulichkeit meiner Gattin. In einer freudigen Aufwallung lief Sie auf meine teure C. C. zu und umarmte Sie; hierauf begann sie eine Ansprache an ihre Tochter zu halten, indem sie ihr die Blutspuren zeigte, die nach ihrer Behauptung einer Neuvermählten unermeßliche Ehre machten. „Das sind ehrwürdige Zeichen“, rief sie, „die in unseren Tagen Hymen nur selten auf seinem Altare sieht!“
Die Tochter schlug ihre schönen blauen Augen nieder und antwortete ihr, sie sei überzeugt, daß es bei ihrer Hochzeit genau ebenso sein werde.
„Davon bin ich auch überzeugt; denn ich lasse dich nicht aus den Augen. Hole jetzt Wasser in dieser Schale und bringe es hierher; das reizende Bräutchen wird es nötig haben.“
Die Tochter gehorchte. Nachdem dann die Frauen wieder hinausgegangen waren, legten wir uns wieder zu Bett, und mit unglaublicher Schnelligkeit vergingen vier Stunden in köstlichen Verzückungen. Unser letzter Kampf würde länger gedauert haben, wenn nicht meiner reizenden Freundin die Laune gekommen wäre, die Rollen zu tauschen und meine Stelle einzunehmen. Erschöpft von Glück und Genuß, schliefen wir ein und erwachten erst, als die Wirtin kam und uns sagte, daß die Gondel auf uns wartete. Sofort stand ich auf und öffnete ihr. Ich hoffte, es würde etwas zu lachen geben, wenn sie uns von der Oper erzählte. Dies überließ sie aber ihrer Tochter, die mit ihr heraufgekommen war; sie selber ging in die Küche, um Kaffee für uns zu machen. Die Blonde half meiner Freundin beim Ankleiden; dabei warf sie mir von Zeit zu Zeit Blicke zu, die mich auf den Gedanken brachten, sie möchte wohl mehr Erfahrung haben, als ihre Mutter vermutete.
Die Augen meiner reizenden Freundin waren höchst verräterisch; sie trugen die unverkennbaren Spuren ihrer ersten Liebesleistungen; sie mußte aber auch wirklich nach einem solchen Kampf, wie sie ihn bestanden hatte, eine ganz andere geworden sein.
Wir tranken recht heißen Kaffee, und ich sagte der Wirtin, sie solle für den nächsten Tag ein leckeres Essen bereit stellen. Dann gingen wir. Der Morgen begann zu grauen, als wir, um die neugierigen Gondelführer auf falsche Spuren zu locken, am Platz Santa Sofia an Land gingen. Wir trennten uns glücklich, zufrieden und völlig überzeugt, daß wir uns in allen Ehren verheiratet hätten. Ich ging mit dem festen Vorsatz zu Bett, durch das Orakel Herrn von Bragadino zu verpflichten, daß er mir in aller Form Rechtens die Hand meiner angebeteten C. C. verschaffte. Ich blieb bis Mittag im Bett; den Rest des Tages verbrachte ich damit, unglücklich zu spielen, wie wenn das Glück mir hätte kundtun wollen, daß es mit meiner Liebe nicht einverstanden sei.
Forstsetzung meiner Liebschaft mit C. C. – Herr von Bragadino hält für mich um die Hand des jungen Mädchens an. – Ihr Vater sagt nein und schickt sie in ein Kloster. – De la Haye. – Ich verliere im Spiel. – Teilhaberschaft mit Croce, die mich wieder zu Geld bringt. – Verschiedene Erlebnisse.
Die Wonne, in die mich meine Liebe versetzte, hatte mich ziemlich unempfindlich gegen den erlittenen Verlust gemacht; mein Kopf war ganz von meiner liebenswürdigen Freundin eingenommen und schließlich gegen jeden Gedanken abgeschlossen, der nicht auf sie Bezug hatte.
Meine Gedanken waren am nächsten Morgen mit ihr beschäftigt, als mit freudestrahlendem Gesicht ihr Bruder bei mir eintrat und mir sagte: „Ich bin überzeugt, Sie haben bei meiner Schwester geschlafen, und der Gedanke entzückt mich. Sie will es nicht zugeben, aber ihr Leugnen ist nutzlos. Ich werde sie heute mitbringen.“
„Das wird mich sehr freuen, denn ich bete sie an, und ich werde bei Ihrem Herrn Vater auf eine Weise um ihre Hand anhalten lassen, daß er sie mir nicht wird abschlagen können.“
„Ich will es wünschen, aber ich zweifle daran. Inzwischen sehe ich mich genötigt, Sie um einen neuen Dienst zu bitten. Ich kann gegen einen in sechs Monaten fälligen Wechsel einen Ring bekommen, der zweihundert Zechinen wert ist, und ich bin sicher, ihn noch heute für diesen Preis wieder verkaufen zu können. Ich brauche das Geld unbedingt; aber ohne Ihre Bürgschaft wird der Juwelier, der Sie kennt, mir den Ring nicht geben. Werden Sie mir diese Gefälligkeit erweisen? Ich weiß, Sie haben gestern verloren; wenn Sie sie brauchen, werde ich Ihnen hundert Zechinen abgeben, die Sie mir zurückzahlen, wenn der Wechsel fällig wird.“
Wie hätte ich ihm den Dienst abschlagen können? Ich sah wohl, daß er mich prellen würde, aber ich liebte seine Schwester so heiß! Ich sagte daher zu ihm: „Ich bin bereit den Wechsel zu unterzeichnen; aber es ist unrecht von Ihnen, meine zärtliche Liebe zu Ihrer Schwester zu mißbrauchen.“
Wir gingen aus; der Kaufmann nahm meine Bürgschaft an, und das Geschäft war abgemacht. Der Juwelier, der mich gar nicht kannte, oder doch nur dem Namen nach, glaubte mir ein Kompliment zu machen, und sagte zu P. C., gegen meine Bürgschaft stehe ihm sein ganzer Laden zur Verfügung. Das Kompliment machte mir wenig Vergnügen, aber es erklärte mir P. C.’s Schelmentalent, das ihn unter hundert den einen Dummen entdecken ließ, der ohne jeden Grund mir sein Vertrauen schenkte; denn ich hatte ja nichts. So wurde meine engelgleiche C. C., die allem Anschein nach mich nur glücklich machen konnte, die unschuldige Ursache meines Ruins.
Mittags brachte P. C. seine Schwester zu mir. Ohne Zweifel nur um mir zu zeigen, daß er ein Ehrenmann sei – denn gerade die Spitzbuben geben sich Mühe darum – gab er mir den Wechsel für das auf meine Bürgschaft hin entnommene Faß Cyperwein zurück; zugleich versicherte er mir, bei unserem ersten Zusammentreffen werde er mir die hundert Zechinen übergeben, die er mir versprochen habe.
Ich führte wie gewöhnlich meine Freundin nach der Zuecca; den Garten ließ ich schließen, und wir aßen in einer Laube. Meine C. C. schien mir noch schöner geworden zu sein, seitdem sie mir gehörte; Gefühle der Freundschaft mischten sich in unsere Liebe und erfüllten uns mit einer süßen Befriedigung, die sich in unseren Zügen widerspiegelte. Die Wirtin, die mich freigebig gefunden hatte, setzte uns Wildbret und Fische vor, und ihr blondes Töchterlein bediente uns bei Tisch. Sie entkleidete auch meine Freundin, als wir nach oben gegangen waren, um uns den Wonnen unserer jungen Ehe zu überlassen.
Als wir allein waren, fragte meine Freundin mich, was es mit den hundert Zechinen auf sich hätte, die ihr Bruder mir bringen sollte; ich erzählte nun, was zwischen uns vorgegangen wäre.
„Ich bitte dich herzlich, Liebster“, rief sie, „schlage ihm in Zukunft rundweg alles ab; der Unglückselige ist so überschuldet, daß er schließlich auch dich mit sich in den Abgrund reißen würde, dem er unrettbar verfallen ist.“
Diesmal schienen unsere Genüsse uns von soliderer Art zu sein; wir kosteten sie inniger aus, sozusagen mit Verstand und Überlegung. „Ach, Geliebter“, rief sie aus, „tu doch dein Möglichstes, um mich zur Mutter zu machen, denn dann kann mein Vater nicht mehr den Vorwand brauchen, ich sei zu jung, um mich zu verheiraten.“
Ich konnte ihr nur mit großer Mühe begreiflich machen, daß die Erfüllung dieses Wunsches – obgleich auch ich ihn hegte – nicht nur einzig und allein von uns abhänge; doch sei es bei unseren Anlagen wahrscheinlich, daß es früher oder später dazu kommen werde.
Nachdem wir nach besten Kräften an der Vollbringung dieses großen Werkes gearbeitet hatten, verbrachten wir einige Stunden in einem köstlichen, tiefen Schlaf. Gleich nach unserem Erwachen ließ ich Kerzen und Kaffee bringen; hierauf gingen wir wieder ans Werk, in der Hoffnung, den gleichzeitigen Erguß herbeizuführen, der uns unser Glück sichern sollte. Mitten in den süßesten Liebesspielen überraschte uns die allzufrühe Morgenröte, und wir beeilten uns, nach Venedig noch früh genug zurückzukommen, um den Blicken der Neugier zu entgehen.
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