„Wäre noch zu klären, wo sich Manuela Kranz vom Freitagmorgen nach dem Verlassen des Hotels bis zu ihrer Ermordung aufgehalten hat“, sagte Monika.
Nicht schlecht, dachte Harald, das Mädchen mausert sich. Rollinger indes machte sich bereits Gedanken über den Fortgang der Investigationen.
„Ich hoffe, dass wir morgen auf Frau Kranz’ Bleibe stoßen werden. So, wie sie sich in das Projekt Wagners reingekniet hat, ist doch anzunehmen, dass wir dort auf dazu gehörige Unterlagen stoßen werden. Das wäre für uns ein weiterer Fortschritt. Ich glaube, auch unser Brüsseler Kollege Dumont könnte sich durchaus für das Kartelltreffen in St. Vith interessieren. Möglich, dass es ihn veranlassen könnte, die Herrn vom Kartell befragen zu wollen.“
„Ob das in dieser Phase sinnvoll ist?“ fragte Steiner. „Vielleicht weckt man nur schlafende Hunde, ehe es nötig ist.“ Er überdachte seine eigene Frage noch einmal. „Egal, es kann auch nicht sonderlich viel schaden, wenn man diese Leute auch noch mit dem Namen des anderen Mordopfers konfrontiert. So etwas löst in der Regel spontanen Aktionismus aus, und Spontaneität verleitet zur Unvorsichtigkeit. Wenn sonst nichts anliegt, werden sich Frau Mink und ich wieder nach Wellscheid begeben.“
Der Commissaire hatte weiter keine Punkte, die momentan zu besprechen gewesen wären.
Auf der Rückfahrt zum Feriendomizil kam Harald erneut auf ein Thema zu sprechen, das er schon am Morgen angeschnitten hatte.
„Ich muss meine Einstellung Ihnen gegenüber neu überdenken, Frau Kollegin. Obwohl sie eine Frau und zudem noch sehr jung sind, scheinen Sie mehr auf dem Kasten zu haben, als ich bisher annahm. Ab und zu stellen Sie sehr relevante Fragen, die mir zu dem Zeitpunkt nicht einmal eingefallen wären. Ab und zu stellen Sie Zusammenhänge fest, auf die ich noch nicht gekommen bin. Wären Sie damit einverstanden, wenn wir uns künftig unter uns duzen?“
Monika sah ihn von der Seite her an und entgegnete fast schuldbewusst: „Es ist nicht meine Absicht gewesen, Ihnen Fragen oder Schlussfolgerungen vorwegzunehmen. Ich wollte nur helfen.“
„Das haben Sie ja auch. Ich meine jetzt, geholfen“, ging er milde hierauf ein. „Die Mordwaffe spielt eine kardinale Rolle bei der Lösung der beiden Fälle. Wo befand sie sich, als Wagner nach Luxemburg kam? Wer kam an sie ran? Hatte Wagner sie bei sich, als er herkam? Wenn ja, wer anders als Wagner kann sie denn dann zum Zwecke der Erschießung der Kranz benutzt haben? Es sind solche Details, die einen Fall einer Lösung näherbringen können. Und sagen Sie jetzt nicht, Sie hätten sich nichts dabei gedacht, als Sie noch einmal den Umstand hervorgehoben haben, dass Wagner und Kranz mit derselben Waffe umgelegt wurden.“
Sie sagte nichts darauf. Er musste einen Gang runterschalten, weil sie auf einen Kreisverkehr zufuhren. Dabei glitt sein Handrücken wie zufällig entlang ihrem entblößten Knie und ihrem Oberschenkel, ehe er mit seiner Hand den Knauf des Schalthebels umfasste. Sie wusste, dass das kein Versehen war. Steiner war ein routinierter Fahrer, der, ohne hinsehen zu müssen, die Schaltung bediente. Sie wusste es jetzt nur nicht zu deuten, noch nicht zu deuten. Aber in das mit dem per Du willigte sie ein.
In Ettelbrück kehrten sie in ein chinesisches Restaurant ein. Steiner hatte Monika dazu eingeladen, und sie hatte eingewilligt, weil sie keine Lust hatte, an diesem Abend etwas zu kochen. Zu ihrer Überraschung fragte er sie während des Essens sehr behutsam über ihr Privatleben aus. Das heißt, er gab ihr den Anstoß, über sich selber zu reden, und er hörte sehr aufmerksam zu. Nicht einmal Monikas Mutter hatte ihr jemals so kommentarlos zugehört, wenn sie über bestimmte persönliche Dinge redete. Und Steiners Art zuzuhören, animierte sie, vieles preiszugeben, wovon sie noch niemandem je etwas erzählt hatte.
Das gefiel ihr an ihm. Dieser Mann begann ihr über seine enorme fachliche Kompetenz hinaus auch als Mensch zu gefallen. Er war plötzlich nicht mehr der schroffe, gefühllose Chef, sondern ein sehr einfühlsamer Mann, dem die Probleme anderer nicht egal waren. Schon mehrfach, wenn sie sich in einen Mann verliebt hatte, hatte sie das sprichwörtliche Flattern von Schmetterlingen in ihrem Bauch verspürt. Jetzt verspürte sie etwas anderes, etwas viel Intensiveres. Ihr Verstand sagte ihr, dass ihr Gefühl trog.
Trotzdem war sie es, als sie an diesem Abend mal wieder vor ihm ins Bett ging, die ihm den Vorschlag machte, er solle das Kasperlespiel aufgeben und eine Hälfte seines Bettes in Beschlag nehmen. Sie wären ja beide keine Kinder mehr, und ihr hiesiges Zusammensein habe nichts mit uni- oder bilateralen intimen Interessen zu tun.
Er stimmte ihr in diesem Punkt zu und legte sich dieses Mal tatsächlich nicht klammheimlich ins Doppelbett, rollte sich aber sehr restriktiv und demonstrativ auf seine Hälfte und so, dass er von ihr abgewandt war. Irgendwie bedauerte sie diese Ferne trotz seiner Nähe.
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