Imprint
Dummes Mädchen, schlaues Mädchen – Ein Fall für Harald Steiner
Ansgar Morwood
Copyright: © 2013 Ansgar Morwood
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-6278-0
Personenregister
Harald Steiner: Hauptkommissar des K2 Köln
Kurt Remich: Hauptkommissar des K3 Köln
Patricia Unkel: Leiterin des Morddezernats Köln
Monika Steiner-Mink: Kriminalassistentin und Ehefrau Harald Steiners
Ralf Frisch: Kommissar des K2 Köln
Heinz Schmidt: Kommissar des K2 Köln
Hubert Lang: Oberkommissar des K3 Köln
Gerd Lämmle: Kommissar des K3 Köln
Friedhelm Zinnen: Kommissar des K3 Köln
Alfred Boomberg: Leiter der Spurensicherung
Ernst Lambrecht: Rechtsmediziner
Angela Jahn: Frisöse und erstes Mordopfer
Heiko Nille: Autohändler und Lebenspartner Angela Jahns
Arnold Bente: Inhaber einer Versicherungsagentur
Maike Gröbe: Exfreundin Heiko Nilles
Aischa Bente-Gül: Ehefrau Arnold Bentes und Exfreundin Heiko Nilles
Helga Bode: Exfreundin Heiko Nilles
Tarek Khan: Pakistani und zweites Mordopfer
Jenny Mombach: Bekannte Angela Jahns seit frühester Kindheit
Peter Jahn: Vater Angela Jahns
Simon Jahn: Bruder Angela Jahns
Karl Engel: Wirt des „LUGANO“
„Ernesto“: Handlanger Arnold Bentes
„Julio“: Handlanger Arnold Bentes
Mehmet Gül: Vater von Aischa Gül-Bente
das Ehepaar Zeisler: Arbeitgeber von Angela Jahn
Klaus Schulze: Freund Heiko Nilles
Werner Hohenberger: Freund Heiko Nilles
Orte der Handlungen
Überwiegend Köln. Ansonsten Düsseldorf, Bonn, Solingen, Kassel
1. Angerempelt
Haben wir alle so etwas nicht schon einmal erlebt? Da wird man von jemandem angerempelt, und dieser jemand regt sich lauthals darüber auf, wir seien es gewesen, die ihn angerempelt hätten. Meistens handelt es sich dabei um Typen, die entweder Streit suchen, oder die irgendwie zumindest vorübergehend aus ganz anderen Gründen als des Anrempelns wegen auf jede unerwartete Unregelmäßigkeit gereizt reagieren. Wie dem auch sei, man ärgert sich über solche Menschen und hat automatisch die Neigung, den Vorgang ins rechte Licht rücken zu wollen oder zu müssen, weil man sich als zu Unrecht verdächtigt empfindet. Letzteres ist ein ganz normaler, den Menschen angeborener Reflex, der allerdings oft zur weiteren Eskalation beiträgt und nur in den seltensten Fällen zu einer Klärung der Ursachen. Doch es gibt auch Situationen beabsichtigten Anrempelns, die von ihren Verursachern aus ganz anderen Gründen herbeigeführt werden und die nicht in ein sich anbahnendes, unfruchtbares Wortgefecht münden sollen. Nicht selten geht es dabei mehr um das Anbahnen einer Beziehung, zumeist einer Beziehung der gesellschaftlichen oder der geschäftlichen Art. Die ersten Folgen werden in solchen Situationen Entschuldigungsbekundungen des Verursachers dieses Ungemachs sein, gefolgt von weiteren Versuchen der Annäherung.
Nebst dem Anrempeln aus Unachtsamkeit ohne weitere Folgen gibt es also noch mindestens drei Varianten wohl oder nicht beabsichtigten Anrempelns mit wohl oder nicht beabsichtigten Folgen, die da wären: Streit suchen, Gereiztheiten austoben oder Beziehungen anbahnen.
In Angela Jahns Leben sollten zwei Spielarten dieser Rempeleien eine besondere Wendung für sie nehmen. Genauer gesagt, zumindest eine davon, wenn nicht sogar beide, sollten zu ihrer Ermordung führen.
Angela Jahn (23) war seit zwei Jahren Frisöse in einem Kölner Haarstudio und bewohnte seit ihrer Einstellung eine Zweizimmerwohnung im Stadtteil Niehl. Das Blondchen war hübsch und von zierlicher Gestalt, hätte gewiss keine Probleme gehabt, Männer in ihr Bett zu bekommen, und war eigentlich kein Rührmichnichtan, eher nur etwas misstrauisch gegenüber ihr zu nahe kommenden Personen. Man könnte es als eine Art von Schüchternheit bewerten. Wahrscheinlich fürchtete sie sich vor allem Fremden, weil sie selber als Fremde in die Großstadt gekommen war. Wie die meisten jungen Leute strebte sie innerlich danach, sich ein Leben nach einer eigen erdachten Idealkonstellation aufzubauen. Angela malte sich aus, eines Tages eine berühmte oder zumindest allgemein als erfolgreich wahrgenommene Hairstylistin mit einem eigenen, gut gehenden Frisiersalon in zentraler Lage zu sein, mit einem netten, erfolgreichen, liebevollen Ehemann an ihrer Seite, der in einer anderer Branche gutes Geld verdient, mit einer tollen Villa vor den Toren der Stadt, - ihr war es ziemlich egal, welche Stadt das sein würde -, in deren gepflegten Garten ihre Kinder unbeschwert spielen würden und sie zum Feierabend am Swimmingpool ihren Gatten verwöhnen und sie sich von ihm verwöhnen lassen wollte. Aber der Weg bis dort, so wusste sie, war weit, vielleicht sogar zu weit. Aus eigener Kraft und Anstrengung war dieser Weg eher nicht zu bewältigen.
Die Eltern besaßen ein Häuschen in einem Kasseler Vorort und waren, wie man so schön zu sagen pflegt, finanziell abgesichert, aber keinesfalls reich. Vater und Mutter hatten ihren Kindern immer wieder nahegelegt, ihnen über das Studium oder die Lehre hinaus keine weiteren finanziellen Unterstützungen angedeihen lassen zu können oder zu wollen. Zudem war es aus zweierlei Gründen recht witzlos, von dieser Seite her eine große Erbschaft zu erhoffen. Die Eltern waren beide noch keine sechzig und noch recht vital. An Erben war also vorerst gar nicht zu denken. Und betrachtete man nüchtern, was Haus und Inventar faktisch an Wert hergaben, zählte man die Guthaben hinzu, teilte man das Ganze durch die vier erbberechtigten Kinder, wäre ohnehin nie mehr als eine Viertelmillion pro Kind dabei herausgekommen. Natürlich wären eine Viertelmillion Euro jetzt für die junge Frau eine gute Starthilfe in die Selbständigkeit gewesen, jedoch nicht mehr als das und noch weit weg vom anvisierten Ziel. Überhaupt hätte sich Angela äußerst unwohl gefühlt, - sollten ihre Eltern denn doch unverhofft früh fast gleichzeitig das Zeitliche segnen -, ihren Anteil des Erbes in ein Projekt zu stecken, das vielleicht gar nicht vom Boden kommen würde. Und den Tod wünschte sie ihren Eltern, die sie und ihre Geschwister so liebevoll umhegt und erzogen hatten, bestimmt nicht.
Als Frau, die sich dessen bewusst war, kaum Chancen zu haben, als ausschließlich durch eigenen Fleiß ans Ziel zu kommen, und die sich auch keinen sonstigen unerwarteten Geldsegen erhoffen darf, sah Angela ihr Fortkommen nur in der Förderung durch einen Mäzen. Ihr momentaner Chef, ein Frisörmeister, der entgegen der landläufigen Meinung, alle männlichen Coiffeure seien schwul, nicht homosexuell war, schätzte ihre beruflichen Fähigkeiten sehr, hätte ihr aber bestimmt keine Starthilfe gegeben, um sich seine eigene Konkurrenz aufzubauen. Es war ihm klar, dass eine Neustarterin aus dem Bestand des Personals des eigenen Salons sich immer auch den ersten Kundenstamm aus eben diesem Salon rekrutieren wird. Ohnehin gab es Salons dieser Art bereits mehr, als es dafür Bedarf gab, da so ungefähr jeder Haarschneider und jede Haarschneiderin, wenn nicht ein eigenes Geschäft aufmachte, doch so nebenher noch schwarz tätig war.
Aus der Perspektive heraus, überhaupt jemandem eine Investition in dieser Branche schmackhaft machen zu wollen, grenzte ans Kämpfen gegen Windmühlen. Was die Kreditvergabe der Banken anging, sah es diesbezüglich nicht besser aus. Jeglicher einem Kreditbearbeiter vorgelegter Geschäftsplan wäre ob des Überangebots im Metier gescheitert. Was blieb, war ein reicher Gönner aus Sympathie oder überschwänglicher Überzeugung vom Können seines Schützlings. Aus der Sicht der Jahn also ein Mann mit Geld, der sich wohl nur ehelich an sie binden lassen würde. Ein solcher Mann sollte ihr doch tatsächlich unerwartet über den Weg laufen, womit wir bereits bei der ersten Rempelei angelangt wären, die Angelas Leben so dramatisch ändern sollte.
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