Jack Bredaux
Drachenspuren
Adlerklauen und Tigerpranken
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jack Bredaux Drachenspuren Adlerklauen und Tigerpranken Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Die Zeit hilft, Schweres zu überwinden. Vergessen machen kann sie es jedoch nicht. Spätestens einmal im Monat, wenn ich die Grabstätte der Eltern aufsuche, erinnere ich mich nur zu genau an den 6. August des Jahres 1634. An diesen herrlichen Sommertag, an welchem mir Vater und Mutter auf grausame Weise genommen wurden. Dass sich daraufhin Andere meiner annahmen und mir dadurch großes Glück widerfuhr, kann diesen ganz besonderen Schmerz nicht lindern. Wenngleich nun, nach all den Jahren, kein Anlass besteht, unzufrieden zu sein. Meine wunderschöne Gemahlin, die ich immer noch so sehr verehre, wie bei unserem ersten Zusammentreffen, schenkte mir zwei überaus liebenswerte Kinder. Dass mir von meinem Ziehvater vermachte Handelshaus, genießt weit über die Landesgrenzen hinaus einen tadellosen Ruf und machte mich zu einer angesehenen Persönlichkeit der Amsterdamer Gesellschaft. Nur eines bohrte hin und wieder und schmerzte, wie der Stachel in einer offen Wunde. Es war der Verlust eines Knaben, der mir als Schutzbefohlener zur Seite gestellt war. Friedrich Weber; wie könnte ich diesen Namen vergessen, wo er mir doch zahlreiche schlaflose Nächte bescherte. Fünfzehn weiterer Jahre bedurfte es, bis sich diese schmerzhafte Wunde mit dem unerwarteten Auftauchen Friedrichs schloss. Doch mein Gegenüber, dieser heimgekehrte Mann, besaß nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit dem Friedrich Weber, wie ich ihn in meiner Erinnerung mit mir herumtrug. Er kleidete und bewegte sich anders und, vor allen Dingen schienen seine Gedanken ganz andere zu sein. Und Groll konnte ich nie bei ihm entdecken, auch nicht als er spürte, dass er Zuhause eher ein Fremder, als ein verlorener Sohn sei. Und ja, ich muss gestehen, Friedrich wurde auch mir fremder, je länger ich ihm zuhörte. Mit jedem seiner Worte, mit welchem er sich vom damaligen Ausganspunkt Batavia entfernte, wurde er mehr und mehr zu dem Fabelwesen, von dem man in den Amsterdamer Spelunken sprach; dem weißen Drachen. Oder, wie Friedrich betonte, dem Bai Long, wie man ihn in seiner jetzigen Heimat ansprach. Tatsächlich, ich hatte mich nicht verhört. Das so ferne und fremde China nannte er seine Heimat. Als er mir erzählte, was sich nach unserer schicksalhaften Trennung zutrug, klebten meine Augen geradezu an seinen Lippen, damit mir keines seiner Worte verborgen blieb. Hendrik van Houten
Verschlungene Pfade
Die Lehren des Dashi
Ein folgenschweres Missverständnis
Aufbruch in´s Ungewisse
Glaubensbrüder
Oasen, Wüsten, Trampeltiere
Die Sklavenhändler
Gong Fu- der Weg in die Freiheit
Fremde und Einsamkeit
Daheim
Das Glück ist hold
Ein falsches Spiel
Impressum neobooks
Die Zeit hilft, Schweres zu überwinden. Vergessen machen kann sie es jedoch nicht. Spätestens einmal im Monat, wenn ich die Grabstätte der Eltern aufsuche, erinnere ich mich nur zu genau an den 6. August des Jahres 1634. An diesen herrlichen Sommertag, an welchem mir Vater und Mutter auf grausame Weise genommen wurden.
Dass sich daraufhin Andere meiner annahmen und mir dadurch großes Glück widerfuhr, kann diesen ganz besonderen Schmerz nicht lindern. Wenngleich nun, nach all den Jahren, kein Anlass besteht, unzufrieden zu sein.
Meine wunderschöne Gemahlin, die ich immer noch so sehr verehre, wie bei unserem ersten Zusammentreffen, schenkte mir zwei überaus liebenswerte Kinder. Dass mir von meinem Ziehvater vermachte Handelshaus, genießt weit über die Landesgrenzen hinaus einen tadellosen Ruf und machte mich zu einer angesehenen Persönlichkeit der Amsterdamer Gesellschaft.
Nur eines bohrte hin und wieder und schmerzte, wie der Stachel in einer offen Wunde. Es war der Verlust eines Knaben, der mir als Schutzbefohlener zur Seite gestellt war. Friedrich Weber; wie könnte ich diesen Namen vergessen, wo er mir doch zahlreiche schlaflose Nächte bescherte.
Fünfzehn weiterer Jahre bedurfte es, bis sich diese schmerzhafte Wunde mit dem unerwarteten Auftauchen Friedrichs schloss.
Doch mein Gegenüber, dieser heimgekehrte Mann, besaß nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit dem Friedrich Weber, wie ich ihn in meiner Erinnerung mit mir herumtrug. Er kleidete und bewegte sich anders und, vor allen Dingen schienen seine Gedanken ganz andere zu sein.
Und Groll konnte ich nie bei ihm entdecken, auch nicht als er spürte, dass er Zuhause eher ein Fremder, als ein verlorener Sohn sei.
Und ja, ich muss gestehen, Friedrich wurde auch mir fremder, je länger ich ihm zuhörte. Mit jedem seiner Worte, mit welchem er sich vom damaligen Ausganspunkt Batavia entfernte, wurde er mehr und mehr zu dem Fabelwesen, von dem man in den Amsterdamer Spelunken sprach; dem weißen Drachen. Oder, wie Friedrich betonte, dem Bai Long, wie man ihn in seiner jetzigen Heimat ansprach.
Tatsächlich, ich hatte mich nicht verhört. Das so ferne und fremde China nannte er seine Heimat.
Als er mir erzählte, was sich nach unserer schicksalhaften Trennung zutrug, klebten meine Augen geradezu an seinen Lippen, damit mir keines seiner Worte verborgen blieb.
Hendrik van Houten
Wohl nie werde ich, Friedrich Weber, Sohn eines Xantener Tuchhändlers, den 9. April des Jahres 1641 vergessen. Den Tag, an welchem ich mich von Amsterdam aus aufmachte, das ferngelegene Batavia zu erreichen. Schutz sollte mir die Fahrt auf der Mirte , dieser wehrhaften Galeone des Amsterdamer Reeders, Herrn van Dyck, gewähren. Schutz vor den schon langewährenden kriegerischen Auseinandersetzungen, welche den europäischen Kontinent ebenso innehatten, wie die Pest oder die Allmacht und Willkür der Kirchenmänner. Desweiteren sollte mir die Dauer der Reise, die mit etwa zwei Jahren anberaumt war, eine Lehrzeit sein, so war es der Wunsch meines Vaters.
Nach meiner Rückkehr, so die Hoffnung, würden wohl endlich ruhigere Zeiten angebrochen sein, die einen friedvollen Alltag ermöglichten.
Gäbe es nicht die freundschaftlichen Bande, die mein Vater bereits seit Jahren mit dem Amsterdamer Reeder verband, wäre ich wohl kaum an Bord dieses Schiffes gelangt. Ja, was hatte ich während der vergangenen Monate an Bord der Mirte nicht alles erlebt. Diese mit Waren und Waffen vollbeladene schwimmende Festung führte mich zu den Fieberküsten Westafrikas. Dort sah ich selbst, wie Hunderte, gar Tausende von jämmerlichen Gestalten in den Bäuchen der bereitliegenden Schiffe verschwanden, um als Sklaven nach Westindien geschafft zu werden.
Die Fahrt führte mich weiter zum Kap der Guten Hoffnung, wo wir den schwer erkrankten Herrn van Dyck zurücklassen mussten, bis wir schließlich, nach scheinbar endloser Zeit, nur umgeben von der unendlichen See, den angestrebten und bekannten Handelsplatz Batavia erreichten. Stets befand ich mich, mit meinem gerade erst erreichten elften Lebensjahr, dabei in guter Obhut. Herr van Houten, der Ziehsohn Herrn van Dycks, trug Verantwortung für mich und lehrte mich viele Dinge an Bord. Ihm gleich tat es, welch ein Zufall, Herr Juncker, ein Botaniker, der beinahe täglich an Bord mit mir zusammensaß und mir dabei von Flora und Fauna erzählte.
Ein überaus gebildeter Mann, der sich an jedem Tier, zu Wasser, am Lande oder in der Luft erfreuen konnte und sogleich mit den entsprechenden lateinischen Namen dafür aufwartete. Doch dann, kaum dass wir unsere Füße auf den Boden Batavias gesetzt hatten und Herr van Houten seinen Geschäften nachgehen konnte, geschah dieses unheilvolle Beben der Erde.
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