Wir treffen uns zum Abendessen, ein guter Wein steht am Tisch, keine Rede mehr vom Vergangenen. Wir gehen sofort zum Thema Gebäude über.
„Ich will euch noch von meiner Entdeckung erzählen. Ich habe in einem verschlossenen Raum einen alten Mercedes entdeckt. Er ist sicher sehr wertvoll.“ „Wie wertvoll?“, fragt Betti.
„Wir müssen einen Spezialisten befragen. Ich konnte ihn auch nur ein wenig aufdecken. Aber ein guter SSK ist bestimmt eine halbe Million wert.“
„Pah, dann hat es sich ja gelohnt, dass du gekommen bist.“
Betti fährt in die Parade, „Den hätten wir auch gefunden.“
„Warum bist du denn so angriffslustig?“ frage ich und erkläre den beiden:
„Es interessiert mich nicht, was ihr für ein Vermögen habt. Es geht mir darum, dass ihr Kapital braucht, um zu renovieren. So ein Fahrzeug kann man sehr gut verkaufen. Die zwei Lastwagen aus der Vorkriegszeit bringen auch Geld. Die Motorräder kann man versteigern lassen. So bringt ihr eine Menge Geld zusammen. Aber dies müsst ihr selbst entscheiden. Die Frage die bleibt, ist einfach, was tun mit dem Objekt? Deine Mutter und dein Onkel müssen ja auch irgendwo bleiben.“
„Na ja, da ist ja noch mein Halbbruder, der Wilhelm. Er müsste in ein Heim, da er für sich alleine mit seiner Behinderung nicht sorgen kann.“
„Also, da sind drei Personen, um die man sich kümmern muss.“
„Das finde ich echt gut, dass du so denkst.“ Kommt es plötzlich von Betti.“
„Na hör mal, man kann doch niemand auf die Straße setzen oder in ein Heim stecken.“
„So, mich müsst ihr entschuldigen, ich gehe heute früh zu Bett“, erkläre ich.
„Wieso, hattest du zu wenig Schlaf?“ Ich räuspere mich, unterlasse weitere Kommentare. „Bis morgen zum Frühstück.“ Auf meinem Zimmer angekommen, versperre ich die Türe und lege mich zu Bett.
So einen verrückten Tag hatte ich noch nicht erlebt. Ob Betti noch ganz dicht ist?
Am nächsten Tag wird schon beim Frühstück hart diskutiert. Ein wichtiger Faktor ist der Keller. „Glaubst du es gibt einen richtigen Keller?“ fragt mich Barbara.
„Sicher, auf den Plänen ist einer. Ich habe schon mal eine Türe aufgesperrt, die ich als Kellertüre vernahm, aber einen richtigen Keller, das ist neu.“
Ich hole die Pläne und erkläre sie. „Es muss nicht unbedingt stimmen, aber zumindest irgendetwas wird da sein. Wir werden versuchen, einen Eingang zu finden.“
„Wo hast du denn aufgesperrt?“, will ich wissen.
„Das war hier drüben, erklärt Barbara, im Moment stehen Bretter davor. Wir brauchen sie nur wegräumen. Betti hilfst du?“
„Ja klar, ich bin dabei. Lass uns aber den Kaffee noch austrinken.“ Anschließend ziehen wir mit einem Hammer und Meißel im Einkaufkorb von Betti los. Wo ist denn dein Kellereingang, welchen du aufgesperrt hast?“ „Der befindet sich in unserem Wohnbereich, gleich gegenüber.“
„Hinein gesehen hast du aber nicht?“, will ich wissen.
„Nein, ich habe keinen Lichtschalter gefunden und habe einfach angenommen, dass es nur ein Kartoffelkeller ist.“
Als wir einige Bretter auf die Seite geräumt haben, finden wir eine unverschlossene Türe. Da war auch schon der Lichtschalter. Zuerst verschlägt es uns die Sprache. Die Wände waren abgeklopft, also im Rohzustand. Sogar ordentlich aufgekehrt, keine Spinnweben. Sieht so aus, als wären die Maurer gestern gegangen. Wir spüren einen leichten Luftzug, hier gibt es Luftschächte, aber keine Fenster, muss ich erkennen. Im Raum stehen einige lange Holztische und die dazugehörige Bänke. So als wäre es eine Kantine. Alle sieben Meter waren Säulen und Rundbögen.
Wir vermuten, dass man mit der Renovierung angefangen hat, aber nicht weiter machte. Dies bestätigte uns der nun folgende Raum.
Hier war noch der alte Putz an den Wänden, marode, muffige Holzkästen stehen durcheinander, als hätte man sie wegen der kommenden Arbeit von den Wänden geschoben. So gehen wir auf den nächsten Raum zu. Dieser scheint unterteilt zu sein. Wir finden zuerst mal nur einen langen Gang. Links und rechts Türen.
Wir sehen in den ersten Raum auf der linken Seite.
„Sieht aus wie eine Zelle.“ Unsere Vermutungen bestätigt, als wir hineinsehen. Eine Pritsche und ein Klapptisch, mehr war hier nicht. Ich fühlte die Matratze, sie war absolut trocken, ein Schauer durchfährt mich. Ein Dunkelraum, ohne Fenster.
Jetzt erst entdeckten wir die Öffnungen in den Türen, es waren Luken, sicher zur Kontrolle. Wir lassen die Türe offen stehen und gehen zur gegenüberliegenden Tür. Der Raum bot ein ähnliches Erscheinungsbild. Wir kommen in einen weiteren Raum, hier sind niedrige Fenster und eine große Eingangstüre.
„Ich vermute mal, dass hinter dieser Türe eine Rampe ist.“
Als sich unsere Augen an das Licht gewöhnt hatten, sehen wir zwei Fahrzeuge. Große Limousinen.
„Ob die noch fahrbar sind?“ fragt Betti.
„Wir können es ja versuchen, nur mit den Nummernschildern würden wir auffallen.“ Ein Motorrad steht ebenfalls hier. „Da gibt es noch einiges zu renovieren.“
Ansonsten ist der Raum voll mit Gerümpel. Betti, ist eine Frau der Tat. Sie nimmt sich das große Tor vor. Mit einem riesigen Krach bricht sie das Tor mit eine Eisenstange auf, die sie im Gerümpel entdeckt hat. Gemeinsam ziehen wir am Türflügel. Nun kommt auch Licht in den Raum. Wir erkennen einen Vorraum, von hier gehen zwei Gänge weg. Ich nehme erstmal den rechten Gang und bin erstaunt, über lauter schmale Türen, eine neben der anderen. Da die Damen sich noch im großen Raum aufhalten, sehe ich schon mal in den ersten Raum. Ein mal ein Meter, ohne Fenster. Der zweite Raum, die gleiche Art. Sind wohl Abstellräume, aber warum dann so feste Türen?
Die Türen sind von innen gepolstert. Kein Licht, seltsam. Ich habe den Eindruck, als würde mich hinter allen Türen gleiches erwarten. Ich gehe zurück, wähle den anderen Gang. Auch hier wieder viele Türen, nur der Abstand zueinander ist größer. Ich öffne die erste Türe, hier sind Stockbetten, immer zwei, also für vier Personen. Ein Lüftungsgitter zum Gang hin. Dieses hat in den anderen Räumen gefehlt.
Nun kommen auch die Damen.
„Was habt ihr denn die ganze Zeit getrieben?“
„Wir haben uns den Oldtimer angesehen, der ist richtig schick.“
„Wir werden ihn mal aus seiner Ecke holen. Das machen wir morgen“ Meint Barbara.
„Was hast du hier entdeckt“? Fragt Betti.
„Der rechte Gang hat lauter kleine Räume, etwas seltsam. Hier im linken sind wohl Schlafräume, aber ohne Fenster. Überall sind die Lichtschalter draußen.“
Betti drängelt sich vor, „das muss ich sehen.“
„Das sind Gefängniszellen, immer für vier Personen“ Erklärt sie. Ich gehe den Gang weiter und finde einen gefliesten Raum, ganz klar ein Duschraum.
Kapitel: 8 Wo seid ihr denn?
„Wo seid ihr denn?“ rufe ich.
„Wir sind gerade in einer Zelle und lesen was an der Wand eingeritzt ist. Dies war wohl eine Art Gefangenentrakt.“
„Verrückt, wenn man sich die einzelnen Schicksale vorstellt. Wie viele sind hier überhaupt lebend wieder rausgekommen.“
„Was ist auf der anderen Seite?“
„Ihr findet dort lauter kleine Zellen.“
Ich bin nochmal zurück zum alten Mercedes, er hat mich fasziniert.
„Kommst du mal zu uns rüber, wir sind im rechten Gang.“
„Na wie findet ihr diese Räume?“
„Etwas eng“, meint Betti
„Lass mich mal hineinsehen.“
„Stell dich doch mal rein“, fordert mich Betti auf. Tatsächlich gehe ich hinein, die Türe wird geschlossen. Stockdunkel, absolut kein Lichtschein vom Gang. Ich versuche mich umzudrehen, das geht nur sehr beschwerlich. Hier haben sie wohl die Leute hineingesteckt um sie gefügig zu machen. Ich rufe nochmals, „ihr könnt jetzt wieder aufmachen“, aber es klingt sehr gedämpft. Das muss an der Türfüllung liegen. Ich klopfe dagegen, keine Reaktion. Ich stelle mir vor, was wohl ein Häftling für ein Gefühl empfunden hat, wenn er hier womöglich längere Zeit eingeschlossen war.
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