1 ...7 8 9 11 12 13 ...19 Da muss es noch einige Räume geben. Ich richtete mir einen schönen Abendtisch, köpfte die Flasche, sogar mit einer Tischdecke, diesen Luxus gönnte ich mir heute. Später werde ich mich in den Salon begeben und noch ein bisschen Fernsehen. Ich höre Schritte auf der Treppe und sehe eine Person. Er hat mich jetzt ebenfalls gesehen und hat gemerkt, dass ich ihm nichts will. Sicher wird er den Kontakt suchen, vor allem, da ja die Dame das Abendessen gebracht hat. Dies hat er sicher beobachtet.
Diese Nacht sollte meine schlimmste Nacht werden, die ich jemals in einem alten Gehöft erlebt habe. Kurz nach dem Einschlafen hörte ich laute Schreie. Ich glaubte Stimmen von mehreren Personen zu hören. Einige wimmerten laut und unmissverständlich. Sie wurden wohl gequält. Ich musste sofort an die Liege und den Stuhl denken. Sind sie zurückgekommen oder haben sie sich vor mir versteckt? Ich weiß es nicht. Den Stimmen nach sind es Hunderte von Menschen. Ich sprang auf und rannte zum Fenster, welches zum Hof geht. Ich konnte aber keine Personen erkennen. Auf dieser Seite sind sie wohl nicht, so vermute ich wenigstens. Es gibt also noch andere Zugänge und Räume. Dann Schüsse, eine Hinrichtung? Es wird sehr leise. War der Spuk vorbei, oder kommt es noch schlimmer? Was ist passiert, war es ein Alptraum? Ich habe es niemals herausgefunden, was sich hier tatsächlich abgespielt hat. Ich starre an die Decke und beginne zu überlegen, ob ich diesen Auftrag wirklich annehmen soll.
Macht mich dieses Anwesen noch verrückt? Sollte ich besser abreisen? Ich drehe mich nochmals um und schlafe ein.
Am nächsten Morgen verdräng ich die Gedanken an die letzte Nacht und richte mir alles, um den Speicher zu untersuchen. Nun stand ich erneut vor einer Türe. Es war eine Eisentüre. Zwei Riegel sicherten den Zugang, so, wie sie in allen Kellern in der Kriegszeit anzutreffen waren. Sie wurde sicher vor nicht allzu langer Zeit geöffnet. Sie ließ sich ohne Knarren aufschieben. Dahinter befand sich ein komplett ausgebauter Speicher, eigentlich schon eine Wohnung. Neue Fenster, ein Badezimmer, Küche. Einfach toll, ich war sprachlos.
Aber warum meinte die alte Dame, ich müsse mir diesen Raum genauer ansehen. Zuerst kam mir der Gedanke, diese Wohnung liegt über der Wohnung von Barbara, aber ein Blick in den Hof, verriet Anderes.
Am Ende des Ganges kommt wieder eine Eisentüre. Hier fand ich ein Treppenhaus, das nach unten führt. Aber es gab auch eine Türe zu einem weiteren Speicher. Ich entschloss mich, den Speicher zu betreten.
Ein sehr ordentlicher Raum mit einigen abgedeckten Gegenständen, vielleicht Möbel? Aber ich irrte. Ich hob die erste Plane hoch und fand ein großes Ölbild. Ob das echt ist? Ziemlich alter Schinken, urteilte ich respektlos. Von welchem Maler wird es sein? Eine riesige Sammlung wertvollster Gemälde. Ich vermutete Kriegsbeute. Aber warum macht mich die alte Dame darauf aufmerksam? Ich finde keine Erklärung. Es befindet sich noch ein weiterer Raum im Anschluss an diesen.
Einige Regale stehen wie Soldaten an der Wand aufgereiht, der Inhalt ist mit Zeichnungen vollgestopft. Auch Papiere für die Fahrgestelle kann ich erkennen. Es hat wohl jemand beim Zerlegen vor dem Krieg Notizen gemacht, damit man diese Fahrzeuge später wieder zusammenbauen kann. Es sind Vermerke vorhanden über die Lagerung der Teile. Die Unterlagen nehme ich an mich, damit sie nicht in falsche Hände kommen.
Kaum in meinem Zimmer angekommen, höre ich die große Eisentüre im Hof quietschen. Anscheinend kommt Barbara. Ich werfe einen Blick in den Innenhof, tatsächlich fährt ein Auto direkt neben die Eingangstüre von Barbaras Anwesen. Eine junge Frau steigt aus, dies muss wohl ihre Freundin Betti sein. Sie geht um das Auto herum, hilft Barbara aus dem Wagen. Oh Gott, es hat sie schlimm erwischt. Sie wird wohl noch einige Zeit brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.
Kapitel: 7 Hallo ich bin Betti
„Hallo, ich bin Betti.“
„O Gott, jetzt haben sie mich aber erschreckt.“
„Tut mir leid, dass kommt durch die Turnschuhe.“
„Hi, ich bin Manfred, meine Freunde nennen mich Fredy. Sie müssen die Freundin von Barbara sein.“
„Ja, so ist es. Ich bin mit Barbara aufgewachsen.“
„Sind sie heute das erste Mal hergefahren?“
„Ja, sehend schon. Sie wissen ja, oder durften sie sehen?“
„Nein, ich habe das Spiel mitmachen dürfen. Wie geht es denn Barbara?“
„Ach, sie ist zäh. So wie ich sie kenne, wird sie morgen versuchen die Treppen zu erklimmen. Den Wein soll ich schon mal vorbei bringen. Das Abendessen kommt später, soll ich ausrichten.“
„Ich werde die Zeit nutzen, um zu duschen und mich ein wenig frisch zu machen, jetzt sind ja wieder Damen im Haus.“
„Okay, bis später.“ Meint Betti, aber dann dreht sie auf dem Absatz um und kommt nochmals zurück. „Ich hab ganz vergessen dich ordnungsgemäß zu begrüßen!“
Betti legt ihre Arme um meinen Hals und beginnt mich zu küssen. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sie mir ein Begrüßungsbussi gibt, aber weit gefehlt. Es war ein lang anhaltender Zungenkuss. Richtig mit Leidenschaft und so. Dann verschwindet sie, ohne einen Kommentar abzugeben.
Nach zwanzig Minuten Entspannung begebe ich mich in den Salon. Ich höre schon dass Klappern von Geschirr. „Kann ich noch helfen?“, frage ich.
„Klar, du kannst die Gläser rüberbringen und den Wein auf den Tisch stellen, nimm bitte noch etwas Eis mit. Wasser brauche ich jetzt auch dringend, bitte eine große Karaffe“, erwidert Betti.
„Hast du sonst noch Wünsche?“ fragt sie so ganz nebenbei, als würde sie auf eine bestimmte Antwort warten. Aber ich bleibe sie ihr schuldig. Auf keinen Fall will ich Komplikationen mit Barbara. Betti hat wohl vor, sich in den Vordergrund zu spielen.
„Wenn du das Tablett noch rüber trägst, bin ich zufrieden.“
„Wie sieht es mit Besteck aus, oder machen wir es mit den Fingern?“
„Das kannst du halten wie du willst. Für mich aber bitte Besteck.“ Ich lege noch eine Tischdecke auf und hole Servietten. Bei dieser Arbeit beobachte ich Betti, was hat sie vor?
„Toll machst du das, deine Frau hat dich gut erzogen“, meint Betti mit einem verführerischen Lächeln.
Ich enthalte mich jeden Kommentars. „Was hast du denn zu bieten? Ich meine jetzt das Fernsehprogramm, damit es keine Missverständnisse gibt.“
„Ach so, ich dachte schon du wünschst eine Tanzeinlage“, antwortet Betti, inzwischen wirkt sie etwas abwesend. Wer weiß, an was sie gerade denkt.
„Leider gibt es hier keine CDs, sonst könnte man ja auch mal Musik hören.“
„Was machst du denn beruflich?“ Frage ich Betti.
„Babs und ich sind Kolleginnen. Wir arbeiten im selben Amt und sind für die alten Gebäude zuständig, besonders die noch in staatlicher Hand sind.“
„Eine schöne Arbeit, macht sicher viel Spaß.“
„Wie man es nimmt, wir müssen ständig Kompromisse machen. Dieses Anwesen ist ebenfalls schwer ein zu ordnen. Es ist kein Schloss, auch kein Landgut, schon eher eine Festung.“
Betti will nun wissen, „bist du für länger hier?“
„Keine Ahnung, vorerst hab ich erstmal Urlaub genommen.“
Ich erzähle weiter von meinen Beobachtungen. Betti gähnt, sie scheint müde zu sein.
„Es wird spät, lass uns morgen weiter machen, ich muss jetzt ins Bett.“
„Okay, dann bis morgen, ich bleibe noch ein bisschen“, meine ich.
Bei offenem Fenster hab ich einen tiefen Schlaf. Erst gegen neun Uhr, wache ich auf. Als ich in Salon komme, ist bereits ein reichhaltiges Frühstück gerichtet.
„Du bist wohl Frühaufsteherin?“, frage ich Betti.
„Länger wie sieben kann ich einfach nicht schlafen.“
„Wie sieht es mit Barbara aus?“
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