Psychodynamische Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Perspektiven für Theorie, Praxis und Anwendungen im 21. Jahrhundert
Herausgegeben von Arne Burchartz, Hans Hopf und Christiane Lutz
Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:
https://shop.kohlhammer.de/psychodynamische-psychotherapie
Der Autor
Dr. Volker Langhirt ist Kinder- und Jugendpsychotherapeut und psychoanalytischer Familientherapeut. Ein Arbeitsschwerpunkt seiner Tätigkeit ist die psychotherapeutische Behandlung von transidenten Entwicklungen Jugendlicher.
Volker Langhirt
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1. Auflage 2022
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-033760-2
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-033761-9
epub: ISBN 978-3-17-033762-6
Ich danke insbesondere Herrn Dr. Hopf für die unermüdliche, freundschaftliche und kollegiale Unterstützung dieses Bandes. Er ist für mich seit Jahrzehnten ständiger Ansprechpartner meiner fachlichen Belange und Fragen, die ihn in dieser Zeit nicht selten erreichten. An dieser Stelle möchte ich auch Frau Kastl vom Kohlhammer Verlag danken, die stets Verständnis für meine persönliche Situation beim Schreiben des Buches zeigte und mir insbesondere auch fachliche Vorschläge unterbreitete, die ich gerne aufgegriffen habe.
Ich danke meiner Frau und meinen Kindern abermals, wie in unserer gemeinsamen Zeit des Öfteren, für Ihr Verständnis während der Zeit des Schreibens, in der sie sicherlich auch manchmal »zurücksteckten«. Meine fünf Kinder verhalfen mir in dieser Zeit zu vielen Ideen und Inspirationen aus ihrem vitalen und fantasievollen Leben.
Zentrales Anliegen dieses Bandes stellt die vieldiskutierte Thematik »neuer Störungsbilder« bei Kindern und Jugendlichen dar. Eltern wie auch Kolleginnen und Kollegen 1 1 Im Folgenden verwende ich in aller Regel, der besseren Lesbarkeit des Buches wegen, das generische Maskulinum. Stets werden dabei beide Geschlechter bzw. alle Geschlechtsformen gleichermaßen angesprochen.
sind des Öfteren der Meinung, dass sich die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren wesentlich verändert habe und damit neue Facetten psychischer Auffälligkeiten im Alltag und in der Praxis erscheinen. Auch ich selbst bin mit der von mir persönlich in den letzten Jahren empfundenen Veränderung des Lebensalltags und der damit zusammenhängenden Symptomatik meiner Patienten befasst. Diese Gedanken führten zu der Konzeption des nun vorliegenden Buches. Insbesondere das Spannungsverhältnis sich stetig verändernder gesellschaftlicher Impulse und der sich in der Folge ergebenden »Produktion neuer Störungsbilder« bei Kindern und Jugendlichen möchte ich näher betrachten.
Zunehmend ist in den letzten Jahren gesellschaftlich die Tendenz zur Selbstoptimierung zu beobachten. Funke (2016) hat seinem Buch den Titel »Idealität als Krankheit?« gegeben. Grenzenloser Konsum, Grandiosität und Allmacht, Effektivität, Souveränität, Selbstoptimierung u. a., all das wandelt sich zu Metaphern unserer Gesellschaft, während die eigene Begrenztheit und Endlichkeit verleugnet wird. Der Impuls, sich diesen Idealen zu unterwerfen, steht in engem Zusammenhang mit der Zunahme psychischer Erkrankungen. Auch die Psychotherapie ist davon betroffen, da sie eine Anpassung an gesellschaftliche Idealbilder erreichen soll. Der Psychotherapeut muss sich diesen Strömungen stellen und in seine Arbeit mit einbeziehen. Funke sieht beispielsweise als wichtigsten Indikator in der menschlichen Entwicklung die Verinnerlichung stabiler Beziehungen in der Kindheit (ebd., S. 28), um sich im weiteren Leben nicht an Abwehrmechanismen klammern zu müssen. Krankheit steht in einem Verhältnis zu Gesundheit, Auffälligkeit zu Normalität.
Was bedeutet im gesellschaftlichen Kontext »normal«?
Seit jeher unterliegt der Begriff der Normalität den Interpretationen im jeweiligen kulturellen Kontext. Sowohl die theoretischen Konzepte der Kinderpsychotherapie wie auch der praktische Alltag des Psychotherapeuten sind davon stark beeinflusst. Die »Abstinenz« vergangener Epochen sollte unter diesen Bedingungen neuen Konzeptionen und Überlegungen unterzogen werden. Die Kinderanalyse beschäftigt sich mit der inneren Welt des Kindes/Jugendlichen und der Etablierung psychischer Strukturen im Entwicklungsprozess. Vor diesem Hintergrund bietet sie als Wissenschaft die geeigneten Voraussetzungen für einen entsprechenden Diskurs. Eines möchte ich an dieser Stelle festhalten, der Leser wird im Folgenden merken, dass dies ein zentrales persönliches Anliegen meiner Seite darstellt: Der gesellschaftliche Rahmen und seine Veränderungsprozesse, das heißt auch die zur Erkrankung verursachenden gesellschaftlichen Phänomene, bleiben leider oft unberücksichtigt.
Welchen Grund gibt es hierfür?
Die Antipsychiatrie, die italienische Bewegung, Richter, Hopf und andere präsentierten einen Ansatz, der die soziale Umgebung des Patienten in die Behandlung miteinbezog. In einer Welt, in der scheinbar alles machbar ist und das Individuum mit seinen unzähligen Gestaltungsmöglichkeiten des Lebens im Vordergrund steht, kommt diese Sichtweise kaum noch in Betracht. Auch die Psychotherapie und ihre Forschungsstudien fokussieren zunehmend Technik und Spezialisierung in der Behandlung des Individuums und tendenziell weniger soziale Umweltfaktoren. Tschuschke (2019) mahnt vor dem Hintergrund der Wandlungen und Besorgnis erregenden gesellschaftlichen Impulse die Notwendigkeit eines öffentlichen Appells und Mitwirkens der kindertherapeutischen Fachwelt an. Mit ihrer über 100-jährigen Erfahrung wäre sie besonders für den Diskurs künftiger Entwicklungsbedingungen, protektiver Faktoren und anderem geeignet.
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