Ich sagte nichts.
Wieder wurde geklopft. »Luta«, rief eine Stimme. »Luta!«
»Antworte auf den falschen Namen!«, befahl ich leise dem Mädchen.
»Ja, Herr.«
»Bist du nackt und in der Koje?«
»Ja, Herr.«
»Geht es dir gut?«
Ich zog mein Messer und drückte die Klinge einen viertel Inch in ihren süßen runden Bauch. Stöhnend sah sie nach unten.
»Ja, Herr.«
»Wer ist es?«, flüsterte ich.
»Artemidorus, der Erste Offizier.«
»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
Ich legte meine linke Hand auf ihren Rücken, sodass sie nicht von der Klinge zurückweichen konnte. Sie wusste, dass ein Schlitz sie ausweiden könnte.
»Ja, Herr«, rief sie.
»Bleibst du heiß für deinen Herrn«, lachte die Stimme heiser.
»Ja, Herr! Ist die Schlacht bald vorbei?«
Wir konnten draußen hier und da Kampfgeräusche vernehmen, aus ungefähr hundert Yard Entfernung.
»Neugier ziemt sich nicht für eine Kajira«, lachte der Kerl.
»Ja, Herr. Vergib mir, Herr!«
»Bleib heiß!«
»Ja, Herr.«
Dann hörte ich ihn wieder lachen. Er drehte sich um und ging fünf Stufen hinauf, die zum Hauptdeck führen mussten.
»Die Schlacht muss bald vorbei sein«, sagte sie.
»Warum denkst du das?«
»Meine Bereitschaft für den Herrn wurde kontrolliert«, erklärte sie.
»Ein Glück, dass er sie nicht per Hand kontrolliert hat«, erwiderte ich.
»Ja«, sagte sie, erschauderte und blickte nach unten auf das Messer.
Ich war neugierig und wollte wissen, wie der Kampf stand. Ich entfernte die Hand von ihrem Rücken und das Messer von der Stelle, wo ich ihr gedroht hatte, sie aufzuschlitzen. Erleichtert atmete sie auf. Ich steckte das Messer wieder in meinen Gürtel, dabei bemerkte ich, dass ihr Bauch, so süß gerundet, schön war.
Also befahl ich ihr: »Leg dich hin!«
Sie legte sich zurück, und ich fesselte sie mit dem Lederriemen an die Messingringe, die ungefähr einen Durchmesser von zwei Inch hatten.
Ich betrachtete sie. Sie war schön und gesichert. Dann ging ich zu dem zerstörten Fenster im hinteren Teil der Kabine und sah hinaus. Ich erzählte ihr nichts.
»Darf ich fragen, wie die Lage ist, Herr?«, fragte sie.
»Nein!«
»Ja, Herr.«
Durch eine Lücke in der Piratenflotte konnte ich sehen, dass die belagerten Schiffe zwar verzweifelt, aber unbeugsam kämpften. Ich war davon überzeugt, dass sie noch immer ihre Flaggen an ihren Vorderschiffen gehisst hatten und bis zum Einbruch der Dunkelheit ausharren konnten. Dennoch glaubte ich nicht, dass sie den abgestimmten Angriffen der Piratenflotte noch einen weiteren Tag standhalten würden. Wie ehrenhaft und gut sie gekämpft hatten. Verbittert blickte ich zur Koje. Dort lag gefesselt jene, die die Frau von einem der Feinde gewesen war. Dann sah ich wieder aus dem Fenster. Im Wasser bemerkte ich zwischen den größeren Schiffen kleine Boote, bemannt mit Piraten. Als ich sie so beobachtete, wurde ich wütend. Diese Boote wurden dazu genutzt, um die Überlebenden zu jagen – glücklose Kerle, die im Wasser kämpften – sie fischten nach ihnen mit ruhiger Aufmerksamkeit, mit Pfeilen und Speeren sowie Messern.
Sie würden es auch schwierig machen, zur Tina zurückzukehren. Ich schielte zum Tisch, zu dem Paket, das jetzt in dem geölten Umschlag dort lag. Es war ungeheuer wertvoll, wenn es richtig genutzt werden konnte. Wieder beobachtete ich durch das Fenster die Schiffe der Piratenflotte und die Verteidiger. Dann kehrte ich zu dem Tisch zurück und setzte mich.
»Herr«, sagte das Mädchen.
Ich gab ihr keine Antwort.
»Vergib mir, Herr!«, flüsterte sie.
Dass die Verteidiger so lange ausgehalten hatten, konnte man größtenteils zwei Faktoren zuschreiben. Erstens, dem Zusammendrängen der Piratenflotte, was es für sie erschwerte, ihre Rammböcke und Scherklingen zu nutzen und zweitens, der ungewohnt großen Anzahl und der Fähigkeiten der Soldaten aus Ar, die in den Laderäumen der Schiffe aus Ars Station transportiert worden waren und das Entern gefährlich und kostspielig machten.
Die Taktiken, die in meinen Augen in solch einer Situation offensichtlich sind, wurden von Voskjard bisher nicht angewandt.
Ich nahm an, dass er nicht bei seiner Flotte war, dass sie stattdessen unter dem Befehl eines niederen Kommandeurs stand.
Vorsichtig verschloss ich mit dem Siegelwachs den Umschlag aus geöltem Tuch. Dann faltete ich ihn zu einem rechteckigen Paket und band es mit etwas Bindefaser, die ich von einer Spule am Fußende der Koje abgeschnitten hatte, zusammen.
Ich bemerkte, dass mich das Mädchen beobachtete. Ich riss einen Streifen von dem roten Laken ab und faltete ihn fünfmal, legte ihn um ihren Kopf, verschloss ihn fest hinten und verband ihr so die Augen.
»Vergib mir, Herr!«, wimmerte sie.
Dann brach ich ein Brett von der Wand ab, ein Regal, ungefähr zwei Fuß breit, mit Löchern, die dafür gemacht waren, um solche Vorrichtungen wie die Silberschale, die jetzt auf dem Tisch stand, zu halten. Mit Bindefaser band ich das Paket an das Brett. Dann mit etwas mehr Bindefaser improvisierte ich eine Art Leine zum Ziehen. Dieses Brett mit der Leine und seiner Ladung, dem Paket versiegelt in dem geölten Tuch, legte ich in die Nähe des Fensters.
Zu diesem Zeitpunkt hörte ich die Signalhörner der Piratenflotte. Die Befehle kommen zu spät , dachte ich. Ich sah aus dem Fenster. Wie ich es gedacht hatte, zog sich die Piratenflotte jetzt zurück. Dem Kommandeur war anscheinend bewusst geworden, wie frustrierend, nutzlos, starrsinnig und fantasielos die Attacken waren. Die Piratenschiffe, die jetzt nach vorne geschickt wurden, vernünftigerweise einzeln oder paarweise, und unterstützten, wo es nötig war, drängten sich nicht mehr zusammen in nutzlosen Versuchen zu entern und konnten jetzt ihre Rammböcke und Scherklingen zum Einsatz bringen gegen die in die Enge getriebenen und armselig zahlenmäßig unterlegenen Schiffe der Verteidiger. Doch es war jetzt ziemlich spät am Nachmittag. Zweifellos würde dieser Angriff auf den Morgen verlegt werden, damit es einigen Überlebenden nicht gelingen würde, vielleicht, im Schutz der Dunkelheit, mit kleinen Booten oder im Wasser zu entkommen.
Ich drehte mich um und ging langsam zur Koje, wo die üppige, gefesselte Sklavin mit verbundenen Augen lag. Ich betrachtete sie. Sie wusste, dass ich neben ihr stand und zitterte. Ihre süßen Handgelenke und ihre schlanken Fußgelenke bewegten sich in den Lederriemen, mit denen sie an den Messingringen befestigt war.
Ich entfernte den roten Fetzen, der den oberen Teil ihres Kopfes bedeckte und warf ihn zur Seite. Verängstigt sah sie zu mir auf und drückte sich tiefer in die Koje. Sie war die Frau von Reginald gewesen, eines Kapitäns der Piratenflotte.
»Bitte, Herr«, flüsterte sie. »Tu mir nicht weh!«
Sie war die Frau des Feindes gewesen.
»Bitte, Herr!«, flehte sie. »Hab Erbarmen!«
Wie schön sie doch war in ihrem Halsreif aus schimmerndem Stahl, der eng anlag und den sie nicht entfernen konnte. Wie schön Frauen in ihrem Halsreif sind. Es ist kein Wunder, dass es Männern gefällt, ihnen einen anzulegen. Wie hübsch der Halsreif selbst war und doch wie unbedeutend diese Schönheit ist im Vergleich zu der Schönheit und dem Tiefsinn dessen, für das er steht, dass die Frau ein Besitz ist.
»Du bist gut gefesselt, Sklavin«, sagte ich. »Du bist absolut hilflos!«
»Ja, Herr.«
»Du bist liebreizend.«
»Danke, Herr.«
»Eine regelrechte Köstlichkeit, die, bildlich gesprochen, auf dem Ofen köcheln sollte, in Erwartung der Lust ihres Herrn.«
»Ja, Herr.« Sie lächelte.
»Wieso ist Artemidorus, der Erste Offizier, als er nach deiner Bereitschaft gefragt hat, nicht eingetreten und hat sich selbst davon überzeugt?«
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