Der alte Mann nahm das Papier und betrachtete es mit neugierigen Augen.
„Das ist also von dem neumodischen Geld, das sie in Albany aus Papier machen? Aber dem, der es nicht zu lesen versteht, kann es von keinem sonderlichen Werth seyn. Nein, nein, Junge — steckt es nur wieder zu Euch, denn mir würde es nichts nützen. Ehe der Franzose abreiste, hab' ich seinen Pulvervorrath an mich gebracht, und wo ich hingehe, soll, dem Vernehmen nach, das Blei wachsen; ich brauche daher nichts weiter, als Kugelpflaster, und dazu habe ich von jeher Leder genommen. Madame Effingham, lassen Sie einen alten Mann Ihre Hand küssen. Gottes bester Segen möge Sie und die Ihrigen begleiten.“
„Laßt mich noch einmal Euch bitten, hier zu bleiben!“ rief Elisabeth. „Geht nicht fort, Lederstrumpf; bringt mich nicht in Sorge wegen des Mannes, der mir zweimal das Leben rettete und der denen, welche ich liebe, so treue Dienste geleistet hat. Wenn Ihr's nicht um Euretwillen thun wollt, so bleibt wenigstens um meinetwillen. Die schrecklichen Träume, welche noch immer meine Nächte beunruhigen, werden mir Euch zeigen, sterbend in Kummer und Armuth, an der Seite der schrecklichen Thiere, die Ihr getödtet habt. Meine Einbildungskraft wird mir hinsichtlich Eures Schicksals alle Uebel, welche Krankheit. Mangel und Einsamkeit möglicher Weise begleiten können, heraufbeschwören. Bleibt bei uns, alter Mann — wenn nicht um Eurer selbst, so doch um unseretwillen.“
„Solche Gedanken und so bittere Träume, Madame Effingham,“ erwiederte der Jäger feierlich, „werden eine unschuldige Person nicht lange beunruhigen und mit Gottes Beistand bald verschwinden. Kömmt Euch noch allenfalls so eine Pantherkatze im Schlaf vor Augen, so geschieht es nicht wegen mir, sondern deßhalb, um Sie auf die Macht zu verweilen, die es mir möglich machte, Sie zu retten. Vertrauen Sie auf Gott, Madame, und auf Ihren braven Gatten, so können die Gedanken an einen alten Mann, wie ich bin, weder lange noch schmerzlich seyn. Ich will beten, daß der Herr Ihrer gedenke — der Herr, der sowohl über den Lichtungen als über der Wildniß waltet — und Sie nebst allem, was zu Ihnen gehört, segne, von nun an bis zu dem großen Tage, wo sich weiße und rothe Häute vor seinem Richterstuhle treffen, und wo das Gesetz der Gerechtigkeit, nicht das der Gewalt gilt.“
Elisabeth erhob das Haupt und bot ihm ihre farblose Wange zum Kusse, die er auch, mit abgenommener Mütze, achtungsvoll berührte. Dann ergriff der Jüngling mit krampfhafter Gluth seine Hand, ohne daß er zu sprechen vermochte. Der Jäger zog seinen Gürtel fester an und traf seine Vorbereitungen zur Abreise, obgleich man nicht verkennen konnte, daß auch ihm der Abschied drückend wurde. Ein oder zwei Mal versuchte er zu sprechen, aber die Laute blieben ihm in der Kehle stecken. Endlich warf er seine Büchse auf die Schultern und rief mit lauter Jägerstimme, die weithin durch die Wälder hallte:
„Herein, herein, Jungen! — fort, fort, Hunde! — Ihr werdet müde Füße kriegen, ehe ihr an dem Ziele unserer Reise anlangt!“
Die Hunde sprangen bei diesem Ruf von der Erde auf, beschnupperten die Gräber und das schweigende Paar, als wüßten sie, was ihnen nunmehr bevorstehe, und folgten dann gehorsam ihrem Herrn auf der Ferse. Eine kurze Pause war eingetreten, während welcher sogar der Jüngling sein Gesicht an dem Grabsteine seines Großvaters verbarg. Sobald der Stolz des Mannes die Gefühle der Natur bewältigt hatte, wandte er sich, um seine Bitten zu erneuern, bemerkte aber alsbald, daß er und seine Gattin allein an der Grabesstätte waren.
„Er ist fort,“ rief Effingham.
Elisabeth erhob ihr Antlitz und sah den alten Jäger an dem Rande des Waldes stehen, wie er noch einen Moment zurückblickte. Sobald er wahrnahm, daß man ihm nachschaute, fuhr er sich mit der rauhen Hand hastig über die Augen und winkte ein Lebewohl, worauf er auf's Neue seinen Hunden rief, die sich an seine Füße schmiegten, und in dem Forste verschwand.
Es war das letzte Mal, daß sie Lederstrumpf gesehen hatten, obgleich Richter Temple nach ihm spähen ließ und sogar in eigener Person an den Nachforschungen Theil nahm. Er war weiter nach Westen gezogen — der erste jener Ansiedler, welche der Volkswanderung den Weg quer durch unser Festland zeigten.
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