Tyrion war überrascht.»Wirklich? Seine eigene Tochter?«Sansa war ihm immer wie ein süßes Kind erschienen, zart und
höflich.
«Das Mädchen war bis über beide Ohren verliebt. Für Joffrey hätte sie alles getan, allerdings nur, bis er ihrem Vater den Kopf abschlagen ließ und es auch noch eine Gnade nannte. Damit hatte ihre Liebe ein Ende.«
«Seine Gnaden hat eine unnachahmliche Art, die Herzen seiner Untertanen zu gewinnen«, sagte Tyrion und lächelte schief.»Wurde Ser Barristan Selmy ebenfalls auf Joffreys Wunsch aus der Königsgarde entlassen?«
Cersei seufzte.»Joff wollte jemandem die Schuld an Roberts Tod geben. Varys hat Ser Barristan vorgeschlagen. Wieso auch nicht? Damit erhielt Jaime den Befehl über die Königsgarde und seinen Sitz im kleinen Rat, und Joff konnte seinem Hund einen Knochen hinwerfen. Er mag Sandor Clegane sehr gern. Wir wollten Selmy ursprünglich etwas Land und eine kleine Burg anbieten, mehr, als der nutzlose alte Narr verdiente.«
«Ich habe vernommen, der nutzlose Narr habe zwei von Slynts Goldröcken getötet, als sie ihn am Schlammtor ergreifen wollten.«
Seine Schwester wirkte sehr unglücklich.»Janos hätte mehr Männer schicken sollen. Er ist keinesfalls so fähig, wie man es sich wünschen möchte.«
«Ser Barristan war der Lord Commander von Robert Baratheons Königsgarde«, erinnerte Tyrion sie.»Er und Jaime sind die einzigen Überlebenden von Aerys Targaryens Sieben. Das gemeine Volk spricht über ihn wie über Serwyn vom Spiegelschild und Prinz Aemon den Drachenritter. Was glaubst du, werden sie erst denken, wenn sie Barristan den Kühnen neben Robb Stark oder Stannis Baratheon reiten sehen?«
Cersei blickte zur Seite.»Daran habe ich nicht gedacht.«
«Vater schon«, sagte Tyrion.»Deswegen hat er mich hergeschickt. Um diesen Torheiten ein Ende zu bereiten und deinen Sohn zur Vernunft zu bringen.«
«Joff wird sich von dir nicht mehr sagen lassen als von mir.«
«Vielleicht doch.«
«Wieso sollte er?«
«Weil er weiß, daß du ihm niemals weh tun würdest.«
Cersei kniff die Augen zusammen.»Falls du glaubst, ich würde dir je erlauben, meinem Sohn ein Leid zuzufügen, mußt du unter einem Fieberwahn leiden.«
Tyrion stöhnte auf. Sie hatte wieder einmal den springenden Punkt nicht begriffen.»Joffrey ist bei mir ebenso sicher wie bei dir«, versprach er ihr,»aber solange der Junge ein wenig Furcht verspürt, wird er geneigter sein, seine Ohren aufzusperren. «Er nahm ihre Hand.»Ich bin dein Bruder. Du brauchst mich, ob du es nun zugeben willst oder nicht. Dein Sohn braucht mich, falls er weiterhin die Hoffnung hegen möchte, diesen häßlichen eisernen Stuhl zu behalten.«
Seine Schwester schien über seine Berührung schockiert.»Stets warst du so verschlagen.«
«Auf meine eigene kleine Art und Weise. «Er grinste.
«Es wäre den Versuch wert… aber täusche dich nicht, Tyrion. Falls ich dich anerkenne, wirst du dem Titel nach des Königs Rechte Hand sein, in Wirklichkeit jedoch die meine. Alle Pläne und Absichten, die du verfolgst, wirst du mir mitteilen, bevor du handelst, und ohne meine Zustimmung wirst du überhaupt nichts tun. Verstanden?«
«Oja.«
«Sind wir uns einig?«
«Gewiß«, log er.»Ich gehöre dir, Schwester. «Solange es mir dienlich ist.»So, nachdem wir uns geeinigt haben, sollte es keinerlei Geheimnisse mehr zwischen uns geben. Du sagst, Joffrey habe Lord Eddard töten lassen, Varys habe Barristan entlassen, und Littlefinger habe uns mit Lord Slynt beschenkt. Wer hat Jon Arryn ermordet?«
Cersei riß ihre Hand zurück.»Woher soll ich das wissen?«
«Die trauernde Witwe auf der Eyrie hält mich für den Täter. Wer mag sie nur auf diese Idee gebracht haben, frage ich mich?«
«Ich weiß es nicht. Dieser Narr Eddard Stark hat mich des gleichen Vergehens bezichtigt. Er deutete an, daß Lord Arryn den Verdacht hegte… oder glaubte… «
«Daß du dich von unserem süßen Jaime stechen ließest?«
Sie schlug ihm ins Gesicht.
«Meinst du, ich sei genauso blind wie Vater?«Tyrion rieb sich die Wange.»Mit wem du dich zu Bett begibst, ist mir gleichgültig… obwohl es mir ungerecht erscheint, wenn du die Beine für den einen Bruder breitmachst und für den anderen nicht.«
Darauf versetzte sie ihm eine weitere Ohrfeige.
«Gemach, Cersei, ich scherze nur. Um die Wahrheit zu sagen, wäre mir eine anständige Hure lieber. Ich habe nie begriffen, was Jaime in dir gesehen hat, außer seinem eigenen Spiegelbild.«
Eine dritte Ohrfeige folgte.
Seine Wangen waren rot und brannten, trotzdem lächelte er.»Wenn du so fortfährst, werde ich am Ende noch wütend.«
Daraufhin hielt sie ein.»Was sollte mich daran erschüttern?«
«Ich habe ein paar neue Freunde«, gestand Tyrion.»Dir werden sie nicht gefallen. Wie hast du Robert umgebracht?«
«Das hat er selbst erledigt. Wir brauchten nur ein wenig nachzuhelfen. Als Lancel sah, daß Robert Keiler jagen wollte, gab er ihm Starkwein. Er verstärkte seinen geliebten Roten, bis er dreimal so kräftig war wie gewöhnlich. Dieser stinkende Dummkopf hat ihn genossen. Er hätte jederzeit aufhören können, aber nein, er hat den ersten Schlauch ausgetrunken und ließ sich von Lancel einen zweiten bringen. Der Keiler hat schließlich das seinige dazu beigetragen. Du hättest bei dem Fest dabei sein sollen, Tyrion. Kein anderes Schwein hat mir je so gemundet. Sie haben den Keiler mit Pilzen und Äpfeln gebraten, und sein Geschmack war voller Triumph.«
«Wahrlich, Schwester, du bist die geborene Witwe. «Tyrion hatte Robert Baratheon gemocht, wenn er auch ein großer Dummkopf gewesen war… ohne Zweifel deshalb, weil seine Schwester ihn dazu gemacht hatte.»Wenn ich jetzt also alle mir zustehenden Ohrfeigen erhalten habe, werde ich dich verlassen. «Er reckte die Beine und kletterte unbeholfen von dem Stuhl.
Cersei legte die Stirn in Falten.»Ich habe dir noch nicht die Erlaubnis erteilt, zu gehen. Ich will wissen, auf welche Weise du Jaime zu befreien gedenkst.«
«Ich erzähle es dir, wenn ich es weiß. Pläne sind wie Obst, sie brauchen Zeit zum Reifen. Im Augenblick möchte ich zunächst einmal durch die Stadt reiten und sie mir anschauen. «Tyrion legte die Hand auf den Kopf der Sphinx neben der Tür.»Eine letzte Bitte. Sorge freundlicherweise dafür, daß der kleinen Sansa Stark kein Leid geschieht. Es wäre nicht gut, beide Töchter zu verlieren.«
Draußen vor dem Ratssaal nickte Tyrion Ser Mandon zu und begab sich auf den Weg durch den langen Gang mit den Deckengewölben. Bronn gesellte sich an seine Seite. Von Timett, Sohn des Timett, war nichts zu sehen.»Wo ist unsere Rote Hand?«fragte Tyrion.
«Er hat den Drang verspürt, sich ein wenig umzuschauen. Menschen seines Schlages wurden nicht dazu geschaffen, in Korridoren herumzustehen.«
«Hoffentlich tötet er niemanden von Rang. «Die Clanangehörigen, die Tyrion aus ihren Festen in den Mondbergen mitgebracht hatte, waren ihm in ihrer grimmigen Weise treu ergeben, doch sie waren ebenso stolz und streitsüchtig und neigten dazu, jede tatsächliche oder eingebildete Beleidigung mit Stahl zu vergelten.
«Versuche, ihn zu finden. Und während du das tust, kümmere dich darum, daß der Rest Unterkunft und Verpflegung erhält. Sie sollen in der Kaserne unter dem Turm der Hand untergebracht werden, aber der Haushofmeister soll die Stone Crows nicht bei den Moon Brothers einquartieren, und sag ihm, die Burned Men brauchten einen Raum für sich allein.«
«Wo werdet Ihr Euch aufhalten?«
«Ich reite zurück zum Gebrochenen Amboß.«
Bronn grinste unverschämt.»Braucht Ihr eine Eskorte? Dem Gerede nach sind die Straßen unsicher.«
«Ich werde den Hauptmann der Leibgarde meiner Schwester daran erinnern, daß ich nicht weniger ein Lannister bin als sie. Er hatte seinen Eid auf Casterly Rock geschworen, und nicht auf Cersei oder Joffrey.«
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