Einige feuerten ein paar nutzlose Schüsse ab, doch die meisten kamen mitten in der Luft zu einem unsicheren Halt. Owen schielte über die Schulter nach hinten und sah Sturm, der mit offenem Mund auf das goldene Schiff starrte. Selbst die Stevies hatten vergessen, weiter auf ihre Verfolger zu schießen. Owen grinste und flog voraus durch die klaffende Luke in den offenstehenden Hangar im Bauch des Schiffes. Hazel folgte ihm auf dem Fuß.
»Raus hier! Wir müssen verschwinden!« brüllte Owen.
»Schnell, schnell, schnell!«
Die Hangarluken schlossen sich krachend, und Owen und Hazel landeten ihre Schlitten. Owen sackte erschöpft über den Kontrollen zusammen, doch als Stevie Eins und Stevie Drei herbeirannten, wandte er sich zu ihnen um. Sturm hatte sich über den reglosen Körper von Stevie Zwo gebeugt. Er sah hoch, als die beiden Esper-Klone ihn erreicht hatten, und schüttelte traurig den Kopf.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Sie muß auf der Stelle tot gewesen sein, als der Strahl sie getroffen hat.«
Owen wollte etwas sagen, doch er konnte nicht. Stevie Eins nickte ihm steif zu. »Ihr habt Euer Leben riskiert, um sie zu retten, obwohl sie nur ein Klon war. Es ist nicht Eure Schuld, daß sie es nicht geschafft hat. Wir werden nie vergessen, was Ihr getan habt, Owen Todtsteltzer. Wohin Ihr auch immer geht, wir werden Euch folgen.«
»Aber jetzt sind wir nur noch zu zweit«, sagte Stevie Drei leise.
Stevie Eins legte die Arme um ihre Schultern und drückte sie an sich. Nach einer Weile ließ sie los, und die beiden Stevies gingen davon, um für eine Weile allein zu sein. Hazel gesellte sich zu Owen und Sturm.
»Gute Arbeit, Todtsteltzer«, sagte sie. »Vielleicht bist du ja wirklich die Hoffnung der Menschheit.«
»Das werdet Ihr mir wohl nie vergeben, wie?« erwiderte Owen.
»Hör zu, Aristo«, entgegnete Hazel. »Du brauchst mich, damit du auf dem Boden bleibst. Wenn du die Hoffnung der Menschheit bist, dann stecken wir ziemlich tief in der Scheiße.
He, Hadenmänner! Können wir irgendwie sehen, was draußen vorgeht?« Ein Bildschirm erschien. B schwebte mitten in der Luft. Der Planet fiel hinter dem Schiff zurück, doch ein ganzes Dutzend Imperialer Sternenkreuzer hatte die Verfolgung aufgenommen.
Die Schiffe waren ungewöhnlich groß und entstammten scheinbar einer Baureihe, die Owen noch nicht kannte. Er blickte fragend zu Sturm, der sich auf die Unterlippe biß und ein besorgtes Gesicht machte.
»Das neue Spielzeug der Eisernen Hexe«, sagte er leise. »Die E-Klasse. Alle mit dem neuen Hyperraumantrieb ausgerüstet.
Angeblich sogar schneller als die legendären Schiffe von Haden . Ich schätze, wir werden ziemlich bald herausfinden, was an den Gerüchten dran ist.«
Die Imperialen Schiffe eröffneten das Feuer. Disruptorkanonen schossen im Salventakt, eine nach der anderen, so daß die Sternenkreuzer in der Lage waren, einen konstanten Beschuß aufrecht zu erhalten. Das goldene Schiff erwiderte das Feuer.
Die Imperialen Sternenkreuzer holten rasch auf. Owen nahm an, daß die Schilde des goldenen Schiffs dem Beschuß standhielten, ansonsten hätten sie längst Vakuum geatmet. Dann brüllten die Maschinen auf, und der Schirm verschwand, als das goldene Schiff in den Hyperraum glitt. Owen atmete erleichtert aus, und Hazel schlug ihm auf den Rücken.
»Ich hab’ doch gesagt, daß wir es schaffen würden, Aristo.
Ich persönlich habe mir nicht eine Minute lang deswegen den Kopf zerbrochen.«
»Das hättet Ihr aber besser getan«, erwiderte Owen. »Wenn diese neuen E-Klasse-Schiffe alle so gut sind, dann stecken wir in Schwierigkeiten. Überlegt nur: Eine Flotte von Schiffen, die alle so schnell sind wie meine alte Sonnenschreiter. Wir haben uns darauf verlassen, daß uns die Schiffe der Hadenmänner einen Vorteil verschaffen, aber wie es scheint, sind sie nicht länger die Nummer Eins. Und das bedeutet, wir benötigen Schiffe mit dem neuen Hyperraumantrieb, wenn wir gegen das Imperium in die Schlacht ziehen wollen.«
»Ach, zur Hölle!« fluchte Hazel. »Darüber können wir uns später noch den Kopf zerbrechen. Die Mission war ein voller Erfolg. Die Imperiale Steuerbehörde ist am Ende, und wir haben unsere Kontaktleute lebend herausgeholt.«
»Bis auf eine«, korrigierte Owen.
»Das war nicht Eure Schuld«, sagte Sturm. »Ihr habt alles versucht. So etwas geschieht nun mal. Ich werde mit den beiden anderen Stevies reden, sie trösten und eine freundliche Schulter anbieten, an der sie sich ausweinen können.«
Sturm verbeugte sich formell und ging davon. Hazel blickte ihm verächtlich hinterher. »Pah! So etwas geschieht nun mal!
Das ist mir vielleicht ein schöner Trost!«
»Ich denke, wir könnten einen Drink und ein wenig Ruhe vertragen«, sagte Owen. »Habt Ihr nicht Lust, mir Gesellschaft zu leisten, Hazel? Oder wir könnten zusammen essen. Was meint Ihr?«
»Nein, wirklich nicht«, antwortete Hazel. »Sei nicht eingeschnappt, Todtsteltzer, aber ich bin dafür, daß unsere Beziehung rein geschäftlich bleibt.« Sie lächelte kurz und schlenderte hinüber zu Sturm und den beiden Esper-Klonen. Hazel gab ihnen einen Wink, ihr zu folgen. Owen sah ihnen hinterher. Er war sicher, in der Vergangenheit schon einmal eine kältere Abfuhr bekommen zu haben, aber er wollte verdammt sein, wenn er sich daran erinnern konnte. Dinge wie diese sollten einfach nicht geschehen. Schließlich war er ein Lord. Und die Hoffnung der Menschheit.
»Trotzdem ein netter Versuch«, meldete sich die KI Ozymandius in seinem Komm-Implantat.
»Halt die Klappe, Oz!« sagte Owen. »Du bist tot!«
KAPITEL II
HINAUF NACH GEHENNA UND HINAB NACH GOLGATHA
Kapitän Johan Schwejksam, Kommandant des Imperialen Sternenkreuzers Unerschrocken , befand sich auf dem Heimweg, um zu sterben, und er versuchte mühsam, einen verdammten Dreck darauf zu geben. Schließlich hatte er lediglich seine Mission vermasselt, und die meisten seiner Leute waren dabei gestorben. Schwejksam blickte auf das randvolle Glas in seiner Hand und schnitt eine Grimasse. Das Dumme am fortgesetzten Trinken war, daß die Zunge nach einer Weile taub wurde und man nicht mehr sagen konnte, was man eigentlich trank.
Doch wenn man genau bedachte, was er da eigentlich in großen Mengen in seine Kehle schüttete, war das nicht unbedingt ein Nachteil. Die Nahrungsmittelautomaten produzierten Alkohol und Aromen, aber die Kombinationen waren – genau wie die Qualität – ziemlich eingeschränkt. Angeblich war es Rotwein, den Schwejksam da zu sich nahm, doch das Zeug färbte seine Zähne pink. Trotzdem. Für einen Wein, der höchstens zehn Minuten gelagert worden war, schmeckte er eigentlich gar nicht schlecht. Nicht, daß es einen Unterschied gemacht hätte.
Schwejksam hätte ihn auf jeden Fall getrunken.
Sein Kopf dröhnte, seine Hände zitterten, und sein Magen rebellierte, sobald er sich bewegte. Schwejksam trank jetzt seit beinahe drei Tagen beinahe ununterbrochen. Er aß und schlief nur, wenn es unbedingt sein mußte. Normalerweise trank er nicht viel, und jetzt machte er die Erfahrung, daß sich zu betrinken – und vor allem: betrunken zu bleiben – viel härtere Arbeit war, als er sich vorgestellt hatte. Dennoch hielt er sich ran. Es gab nichts anderes zu tun. Er hatte versagt, und er war auf dem Weg nach Hause, um einer Imperatorin von seinem Versagen zu berichten, die ihn dafür töten lassen würde.
Und all diese guten Männer verloren…
Schwejksam würde mit schlechten Nachrichten nach Golgatha zurückkehren. Mit schlechten Nachrichten und mit ganz schlechten. Die Imperatorin hatte ihm zwar schon einmal Gnade gewährt, als er versagt hatte, doch ein zweites Mal würde das sicher nicht geschehen. Er war mit einer ganz einfachen Aufgabe zur Wolflingswelt geschickt worden. Begleitet von einer Kompanie ausgebildeter, aufgerüsteter Männer, von Wampyren, und dem Liebhaber und Prinzgemahl der Eisernen Hexe, dem Hohen Lord Dram, rechte Hand der Imperatorin.
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