»Nun, Silvestri«, sagte er so gelassen, wie er es nur hinbekam, »Ihr habt doch stets geäußert, Ihr könntet es mit dem Todtsteltzer aufnehmen. Fühlt Euch frei, den Beweis anzutreten.«
Owen musterte den Silvestri interessiert. Der Aristokrat bedachte den Kartakis mit einem anklagenden Blick, und erwiderte dann Owens Blick mit Festigkeit.
»Ihr macht mir keine Angst«, sagte er laut. »Ich habe von Euren übermenschlichen Kräften gehört, aber für mich klingen sie nach etwas, hinter dem sich ein Feigling gut verstecken kann. Wie steht es damit, Owen? Habt Ihr den Mumm, als Mann gegen mich zu kämpfen, nicht als Monster? Denn ich kann es mit Euch aufnehmen, Mann gegen Mann, Stahl gegen Stahl, und tief im Herzen wißt Ihr es.«
»Na, der hört ja nicht mehr auf zu reden«, meinte Hazel.
»Sprich des richtige Wort, Owen, und ich schieße ihm die Augen weg.«
»Nein«, sagte Owen. »Ich könnte ein wenig Unterhaltung gebrauchen.« Er sah den Kartakis an. »Mischt Euch ja nicht ein! Das würde Hazel nicht gefallen.«
»Käme nicht mal im Traum auf die Idee«, versicherte ihm der Kartakis aufrichtig. Er wich zurück, zeigte offen beide Hände und dachte angestrengt nach.
Owen trat langsam in die große Halle hinaus und sah sich dabei die diversen Schäden am Inventar seines alten Heims an.
Er sah nicht wütend oder auch nur aufgebracht aus; er wirkte einfach etwas kälter und noch gefährlicher. Carlos Silvestri kam ihm entgegen und bewegte sich dabei leichtfüßig auf den Fußballen, ein schmales Messer in jeder Hand. Er sah auf seine eigene Art ebenfalls gefährlich aus, aber es war nichts, verglichen mit der kalten Unerbittlichkeit des Todtsteltzers, und alle, die zugegen waren, wußten es. Die beiden Männer kamen in der Mitte des Saals zum Kampf zusammen, und alle wußten, wie es enden würde.
Die beiden Männer umkreisten einander ohne Eile, die Klingen für jede Lücke bereitgehalten, die womöglich in der Verteidigung des anderen entstand. Theoretisch war es ein mehr oder weniger ausgeglichener Kampf. Messer waren auf kurze Distanzen ausgezeichnete Waffen, hatten aber keine Reichweite. Es sei denn, man warf sie und riskierte damit, sich selbst zu entwaffnen. Das Schwert andererseits verfügte über eine ordentliche Reichweite, aber wenn es auf Tuchfühlung ging, konnte man die lange Klinge nirgendwo mehr so rasch zur Geltung bringen wie ein Messer.
Der Silvestri startete den ersten Angriff und bewegte dabei die rechte Hand so schnell, daß das menschliche Auge ihr kaum folgen konnte. Owen parierte den Schlag und mußte dann zurückspringen, als die linke des Silvestris mit tödlicher Geschwindigkeit und Absicht aus dem Nichts heranschoß, auf Owens ungeschützten Unterleib gezielt. Die blitzende Klinge verfehlte Owens Bauch um weniger als einen Zentimeter.
Owen zog das eigene Schwert in einem raschen Rückhandschlag herum, der dicht über den Kopf des Silvestris zischte, als sich dieser im letzten Augenblick duckte. Und dann umkreisten sie einander wieder, ruhig und gesammelt und tödlich kalt.
Nachdem er Owen mit einer Finte zum Gegenangriff verlockt hatte, warf der Silvestri das Messer in der Linken nach Owens rechtem Auge. Das Schwert des Todtsteltzers war zu langsam für eine Parade, aber kaum weiteten sich die Augen des Silvestris vor Triumph, da zuckte Owens goldene Hadenmännerhand hoch, fing das Messer im Flug ab und schlug es zur Seite. Während der Silvestri für einen Augenblick aus dem Konzept war, zog Owen sein Schwert glatt durch den Hals des Gegners. Der Kopf fiel herunter und rollte über den Boden, bis er an die Füße des Kartakis’ stieß. Dieser zog lautlos eine Grimasse des Widerwillens und nahm die Füße ein wenig zurück.
»Fühlst du dich jetzt besser?« fragte Hazel.
»Etwas«, antwortete Owen. Er atmete nicht mal schwer.
In diesem Augenblick hatte Pieter Romanow seinen Auftritt, umgeben vom lauten Summen angestrengt arbeitender Servomotoren. Alle wandten sich um und sahen ihn an, während er unter der Tür stehenblieb und posierte. Er trug ein enormes Exoskelett, dessen Metallknochen ihn umgaben und stützten, während an beiden Unterarmen rechteckige Kraftfelder wütend vor sich hinbrummten. Owen hatte dergleichen schon früher gesehen, normalerweise von Docksarbeitern auf Raumhäfen getragen, um schwere Frachten zu entladen. Aufgrund des hohen Gewichts verbrannten diese Exoskelette eine Menge Energie, so daß sie sich auf Schlachtfeldern nie als wirklich praktisch erwiesen hatten. Owen mußte jedoch einräumen, daß die Apparatur eine ganz brauchbare kurzfristige Antwort auf Leute wie ihn und Hazel darstellte.
»Los, greift mich an, ihr Monster«, forderte Pieter Romanow hoheitsvoll. »Ich bin Euch jetzt gewachsen. Ich kann mich schneller bewegen, als es die Muskeln eines Menschen vermögen, und meine Kraft entspricht der von zehn Männern, denn meine Tech ist rein. Ich reiße Euch die Arme aus den Gelenken, die Köpfe von den Schultern, und meine Hunde werden Eure Eingeweide schmausen.«
Owen kämpfte noch immer mit einer passend eleganten Antwort, die ohne vulgäre Kraftausdrücke auskam, als Hazel vortrat.
»Ich bin an der Reihe«, erklärte sie mit Bestimmtheit. »Du kannst nicht den ganzen Spaß für dich haben, Todtsteltzer.«
»Seid mein Gast«, verkündete Owen großzügig.
Hazel marschierte auf den abwartenden Romanow zu und blieb ein vorsichtiges Stück außerhalb seiner Armreichweite stehen. Andere Hazels tauchten sporadisch rings um sie herum auf und verschwanden wieder, aber sie schob sie entschlossen zur Seite. Sie hegte eine wirklich amüsante Vorstellung von dem, was sie tun würde, und war nicht bereit, den Spaß mit irgend jemandem sonst zu teilen, auch nicht mit anderen Versionen ihrer selbst. Sie steckte die Projektilwaffen in die Halfter und bedachte den Romanow mit einem häßlichen Lächeln.
Er bewegte sich unbehaglich. Welche Reaktion er auch immer erwartet hatte, eine Gegnerin mit bloßen Händen und eklatantem Selbstvertrauen war es sicherlich nicht.
Hazel streckte ohne Eile die Hand nach den zurückgelassenen Mahlzeiten auf dem Tisch aus und griff sich ein reifes Stück Obst. Sie zerdrückte es, so daß ihr dicker Brei und Saft durch die Finger tropften, und warf die klebrige Masse nach dem Romanow. Ihr Arm schnellte mit übermenschlicher Kraft und Schnelligkeit vor, und das klebrige Geschoß überwand die Abwehr des Romanows, ehe er auch nur die Arme mit den Energieschilden heben konnte. Die zermatschte Frucht landete präzise im Ziel, direkt im Zentrum der freiliegenden Servomotoren am linken Arm des Romanows, und erzeugte dort ein wundervolles elektrisches Chaos. Funken flogen, und etliche Motoren schlossen sich kurz.
Der Romanow schrie empört auf und griff an, bewegte sich dabei für jemanden von seiner Größe und seinem Gewicht entsetzlich schnell. Hazel sprang auf den Tisch und wich dort dem Zugriff des Romanows blitzschnell aus. Sie schnappte sich weitere liegengebliebene Lebensmittel, zerdrückte sie zu triefendem Brei und warf sie mit verheerender Zielgenauigkeit.
Der Romanow wirbelte seine Energieschilde verzweifelt hin und her, war aber kein Gegner für Hazels Schnelligkeit und Reflexe. Immer mehr Servomotoren versagten ihm den Dienst, erlitten Kurzschlüsse und wurden hoffnungslos verklebt. Hazel lachte spöttisch.
Der Romanow brüllte vor Zorn, packte den schweren Tisch mit beiden Händen und kippte ihn rasch um. Hazel sprang hinunter, absolvierte im Flug einen Purzelbaum und landete auf den Schultern des Romanows. Sie schlang ihm die Beine um den Hals und drückte zu. Sein Gesicht lief hellrot an, und er bekam keine Luft mehr. Er wollte die Hände heben und Hazel herunterzerren, aber sie packte seinen exponierten Kopf fest mit beiden Händen.
»Wir wollen uns doch richtig verstehen«, sagte sie ruhig.
»Du ärgerst mich, und ich werde dir den Kopf von den Schultern reißen. Und deine Servomotoren sind dermaßen verkleistert, daß du überhaupt keine Chance mehr hast, mich zu packen, ehe ich damit fertig bin. Klar?«
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