»Ich werde Anführer von Tabukfurt sein«, flüsterte Bran Loort. »Und wenn es soweit ist, gibt Melina dich an mich!«
Und er verschwand.
Ich kauerte mich im Stroh zusammen. Mein Körper zitterte. Seit zwanzig Tagen war ich nun schon Sklavin in Tabukfurt. Die Hacke in meiner Hand besaß einen etwa sechs Fuß langen Stiel. Das eigentliche Werkzeug besteht aus schwerem Eisen und ist an der Schneide etwa sechs Zoll lang, schräg zum Stiel zulaufend, wo das Metall mit einem Holzstück festgekeilt ist.
Ich war zu klein, um mit einem solchen Gerät richtig umzugehen. Zum wiederholten Male richtete ich mich auf und hielt mir den Rücken. Dann legte ich die Hand über die Augen.
Auf der Straße von Tabukfurt erblickte ich den Karren Tup Löffelhändlers, des Wanderhausierers aus der Gegend. Mit gebeugtem Kopf hing er zwischen den Deichseln und zog sein Fahrzeug hinter sich her.
Mit schmutzigem Finger fuhr ich mir zwischen Hanfkragen und Hals entlang, wischte Schweiß und Schmutz fort. Das Seil schabte auf meiner Haut, doch ich mußte es tragen. Es war das Zeichen meiner Skla verei.
Der Arbeitstag beginnt vor Anbruch der Dämmerung. Melina kommt zu uns und öffnet die Schlösser des Käfigs. Wir steigen ins Freie und knien mit gesenkten Köpfen vor ihr. Sie ist unsere Herrin.
Verr müssen gemolken werden, Vulo-Eier sind einzusammeln, den Sleen müssen wir Wasser und Fleisch vorsetzen, die Käfige bedürfen der Reinigung.
Wenn der Vormittag halb herum ist, kehren wir zur Hütte des Thurnus zurück, wo uns Schüsseln voller Brei erwarten. Nach Art der Bauernsklavinnen knien wir dabei am Boden und dürfen nicht die Hände benutzen.
Nach dieser Mahlzeit müssen wir Wasser schleppen, Holz sammeln oder auf den Feldern schuften. Mannigfaltig und anstrengend sind die Arbeiten, die eine Bauernsklavin aufgebürdet bekommt. Zuweilen kommen die jungen Heißsporne aus dem Dorf auf die Felder und treiben ihre albernen Spaße mit uns – wir sind nur Sklavinnen und dürfen uns nicht wehren.
Jeder Knochen im Leibe tat mir weh.
Vor zehn Tagen hatte mich Thurnus sogar zum Pflü gen eingesetzt. Er besaß keine Bosk, da Mädchen billiger waren. Bei dieser Gelegenheit bekam ich zum erstenmal seit meiner Ankunft auf Gor die Peitsche zu spüren.
Zusammen mit den anderen Mädchen war ich vor die Pflugschar gespannt worden. Langsam, vorgebeugt, mit einsinkenden Füßen – so hatten wir uns mit voller Kraft ins Geschirr gestemmt. Der Pflug begann sich langsam zu bewegen. Schon nach wenigen Metern hatte ich das Gefühl, sterben zu müssen. Es würde sicher keiner merken, wenn ich mir nicht mehr größte Mühe gab! Im gleichen Augenblick spürte ich die Peitsche, einen einfachen Lederriemen, der auch für Boskgespanne verwendet wird. Sie knallte wie ein Gewehrschuß und berührte meine Schulter wie eine heiße Schlange.
»Komm Dina, streng dich mehr an!« befahl Thurnus.
»Jawohl, Herr!« rief ich und stemmte mich wieder ins Geschirr. Seine Stimme hatte nicht zornig geklungen. Mein Rücken fühlte sich an, als wäre er mit einem glühenden Draht in Berührung gekommen.
Mit diesem Peitschenschlag eröffnete sich für mich eine neue abgrundtiefe Dimension meines Leibeigenendaseins auf Gor. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als zu tun, was mein Herr von mir verlangte. Trotzdem dauerte es keine Stunde, bis ich vor dem Pflug ohnmächtig zusammenbrach.
Vage erinnere ich mich an Thurnus’ grobe Hand an meinem Hals und an das Flehen der anderen Mädchen, mich nicht zu strafen. »Siehst du nicht, daß sie nur eine hübsche Sklavin ist, dazu bestimmt, den Männern Freude zu machen? Sie ist keine Feldarbeiterin!« rief Sandalenschnur.
»Wir können den Pflug auch ohne sie ziehen, Herr«, sagte Rübchen.
»Das haben wir doch schon oft gemacht.«
Thurnus ließ mich los.
Am gleichen Abend schleppte er mich auf den Schultern ins Dorf zurück und warf mich gefesselt unter seiner Hütte auf den Boden.
»Was ist los?« wollte Melina wissen.
»Die Kleine ist zu schwach«, sagte Thurnus.
»Soll ich sie umbringen?« fragte Melina und zog ein kurzes Messer. »Wozu sie durchfüttern, wenn sie nichts taugt?«
Hilflos stemmte ich mich auf einen Ellbogen hoch und starrte sie entsetzt an. Sie näherte sich mit erhobener Klinge.
»Ins Haus, Frau!« sagte Thurnus zornig.
»Du bist hier der Schwache, Thurnus«, erwiderte Melina energisch und steckte das Messer fort. »Es war ein Fehler, daß ich dir gefolgt bin.«
Wortlos blickte er sie an.
»Du hättest Kastenführer eines ganzen Distrikts werden können«, fuhr sie fort. »Statt dessen bin ich nichts weiter als die Gefährtin eines Dorfführers. Du stinkst nach den Sleen, die du trainierst, und nach den Mädchen, die dir gehören.«
Sie sprach ungezwungen, obwohl Sklaven in der Nähe waren.
»Du bist ein Schwächling und ein Dummkopf, Thurnus«, rief sie. »Ich verachte dich!«
»Geh ins Haus, Frau!« sagte er.
Zornig machte Melina kehrt und erstieg die Treppe, die zur Hütte führte. Auf der obersten Stufe blieb sie stehen. »Du hast die längste Zeit in Tabukfurt kommandiert, Thurnus«, sagte sie und verschwand in der Hütte.
»Bindet Dina los«, befahl Thurnus, »und bringt sie in den Käfig.«
»Ja, Herr«, riefen die Mädchen.
»Dina«, sagte Thurnus und blickte auf mich herab, während mir die Fesseln abgenommen wurden. »Du gibst einen jämmerlichen Bosk ab«, fuhr er fort, grinste kurz und ging.
Zornig stieß ich die Hacke in den Boden. Natürlich war ich nicht für Aufgaben geeignet, die ein Bosk ausführte. Es war doch nicht meine Schuld, daß ich nicht kräftig zupacken konnte wie meine Leidensgenossinnen, die auf dem Lande geboren worden waren! Maria, Chanda, Donna und Sklavenperle wären nicht tüchtiger gewesen. Und Lehna oder Eta sicher auch nicht. Ach, wie gern hätte ich Maria vor dem Pflug gesehen! Wütend hackte ich die Suls. Ich war gesund, doch meine Kräfte ließen zu wünschen übrig, außerdem war ich klein. Dagegen konnte ich nichts tun, es war nicht meine Schuld! Trotzdem, Thurnus war enttäuscht von mir.
Verbissen arbeitete ich weiter. Es fiel mir sogar schwer, Wasser auf die Felder zu tragen; die Last des großen Holzjochs mit den Eimern war einfach zuviel für mich! Manchmal stürzte ich und verschüttete das Wasser. Außerdem war ich langsam. Die anderen Mädchen, mit denen ich mich angefreundet hatte, nahmen mir einen Teil der schweren Arbeiten ab, während ich mehr von den leichteren Aufgaben der anderen verrichtete. Dieses Arrangement gefiel mir aber nicht, erschwerte es doch den anderen das Leben. Ich wollte meinen Teil zum Ganzen selbst beitragen.
Wenn ich so auf den Feldern arbeitete, überkamen mich zuweilen Haßgefühle auf Clitus Vitellius. Schließlich hatte er mich in diesem Dorf zurückgelassen. Er hatte mich dazu gebracht, ihn zu lieben – aber dann hatte er mich an einen Bauern weiterverschenkt. Er wußte doch, was für ein Mädchen ich war, anmutig und zart, klein und schön, ein Mädchen von der Erde. Ich hackte vor mich hin. Wie sehr ich Clitus Vitellius haßte!
Wieder hob ich den Blick. Tup Löffelhändlers Hausiererkarren war nun schon ein gutes Stück entfernt; er zog auf dem unbefestigten Weg dahin, der zu der großen Steinstraße nach Ar führte.
Obwohl mich meine Leidensgenossinnen freundlich behandelten, hatte ich im Dorf keinen guten Ruf. Ich war eben nicht kräftig genug. Ich haßte die Bauern! Was für Idioten! Eine schöne Sklavin ließ sich doch für bessere Dinge einsetzen als für Arbeit auf dem Felde! Wegen meiner geringen Körperkräfte ließ sich Thurnus oft von mir beim Training der Sleen helfen. Mit einigen Tieren freundete ich mich an, doch im großen und ganzen hatte ich Angst vor den Sleen, die meine Gefühle natürlich spürten und auf meine Gegenwart bösartig reagierten.
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