Bisher haben wir acht unserer einundzwanzig Asteroiden besucht. Ohne Erfolg.
Wir verwenden eine zweistufige Suchtechnik. Zunächst bringen wir unsere Fähre in einen Orbit um den zu überprüfenden Asteroiden. Während wir ihn umkreisen, werfen wir eine Sonde raus, die große und nahe der Oberfläche befindliche Höhlen lokalisieren soll. Unsere Instrumente sind empfindlich genug, um eine Höhle von der Größe der Erhabenen-Gruft ausfindig machen zu können. Wenn wir irgend etwas verzeichnen, gehen zwei von uns in Landekokons nieder, um es sich näher anzusehen.
Die meisten dieser Asteroiden, bei denen es sich um die Überreste eines zerbrochenen Planeten handelt, sind durch und durch massiv — keine unterirdischen Höhlen von der richtigen Größe oder in der richtigen Lage. (Denk daran, die Erhabenen bauten ihre Gruft im Hang eines Hügels. Da es auf einem atmosphärelosen Planeten oder Asteroiden keine Erosion und auf einem so kleinen Himmelskörper auch keine innervulkanische Aktivität gibt, müßte dieser Hügel noch immer so beschaffen sein wie vor einer Milliarde Jahren.)
Bisher sind wir dreimal hinuntergegangen, und es erwies sich jedesmal als blinder Alarm. Der allererste Asteroid, den wir überprüften, schien über eine Höhle an genau der richtigen Stelle zu verfügen, und wir dachten, das sei zu schön, um wahr zu sein. Das war es tatsächlich. Pilazinool und Kelly gingen runter, und als sich Kelly in den Hügelhang bohrte, entdeckte sie, daß sich im Innern des Hügels überhaupt keine Höhle befand, sondern nur ein großes Salzlager. Wir hatten die Daten unseres Sonargerätes falsch interpretiert. Drei Asteroiden später waren Saul und Steen an der Reihe, aber sie mußten feststellen, daß die geortete Höhle natürlichen Ursprungs war. Und beim siebten Asteroiden gingen Leroy Chang und Dr. Schein hinunter, nur um zu entdecken, daß wir die Signale der Sonde erneut falsch bewertet hatten. Was wir für ein Loch im Boden gehalten hatten, erwies sich als ein großer Teich aus Quecksilber, nicht mehr und nicht weniger.
Diese falsche Auslegung kam uns nicht unbedingt ungelegen. Captain Ludwig hüpfte sofort in einen Kokon und flog zur Inspektion hinab.
„Ihr habt hier Quecksilber im Werte von einer Million Krediteinheiten entdeckt“, berichtete er. „Hab’ das Zeug noch nie steinhart gefroren gesehen, aber hier ist das der Fall. Wenn ihr klug seid, macht ihr sofort euren Anspruch auf die Mine geltend.“
Wir verstanden nicht viel von der Geltungmachung solcher Ansprüche, dafür aber Ludwig, und fröhlich ließen wir uns von ihm das Verfahren erklären. Geld ist schließlich Geld. Wir funkten unseren Anspruch zum nächsten galaktischen Nachrichtendepot, das 2,8 Lichtjahre entfernt war, beschrieben die Koordinaten des Asteroiden und baten darum, uns als Entdecker der Mine zu registrieren. Natürlich wird es fast drei Jahre dauern, bis unsere Nachricht das Depot erreicht und dort aufgezeichnet wird, aber damit ist zumindest der unwiderlegbare Beweis geschaffen, daß wir unseren Anspruch am 22. Dezember 2375 angemeldet haben. Sobald wir dieses System verlassen und zu einem Planeten kommen, auf dem es ein TP-Kommunikationsbüro gibt, werden wir unsere Entdeckung natürlich unverzüglich über TP bei Zentralgalaxis anzeigen und offiziell unseren Anspruch geltend machen. Vielleicht werden noch sechs Monate oder gar mehr vergehen, bis wir eine Möglichkeit haben, das zu erledigen. Aber für den unwahrscheinlichen Fall, daß bis dahin jemand anders hierherkommt, die Mine findet und sofort wieder abdampft, um den Claim via TP registrieren zu lassen, brauchen wir bloß darauf zu warten, bis unsere Funknachricht in knapp drei Jahren beim Depot hereinkommt, um unseren älteren Anspruch zu beweisen. Es gibt keine Möglichkeit, einen solchen Anspruch zu fälschen: Eine Funknachricht braucht 2,8 Jahre, um eine Distanz von 2,8 Lichtjahren zu überbrücken, und sobald unser Anspruch verzeichnet ist, kann sich unmöglich jemand darüber hinwegsetzen.
Wir beteiligen Ludwig mit 10 und seinen Kumpel Webber Registratur mit 5 Prozent am Gewinn. Dadurch werden sie beide weitaus reicher, als sie dies als Charterpiloten jemals geworden wären. Der Rest des Geldes fällt an uns, nicht an die einzelnen Personen, sondern an die Expedition als Ganzes. Wir werden es dazu verwenden, das enorme finanzielle Loch zu stopfen, das wir aufgerissen haben. Zentralgalaxis kann uns jetzt nicht länger des Betrugs, der Veruntreuung, der Überziehung unseres Budgets oder anderer Scheußlichkeiten bezichtigen.
Doch die Gruft der Erhabenen würden wir nach wie vor gerne finden.
27. Dezember
Wieder sind zwei Tage vergangen. Wir haben drei weitere Asteroiden überprüft und dabei erneut einen möglichen Standort der Gruft entdeckt. In einer halben Stunde werden Jan und ich hinuntergehen.
Nick Ludwig programmiert die Landekokons mit den Daten der hinunterführenden Flugbahn. Webber Registratur tankt sie auf. Wir anderen sitzen nervös und aufgeregt herum und fragen uns — zum vierten Mal —, ob wir diesmal ins Schwarze treffen. In zehn Minuten klettern Jan und ich in unsere Druckanzüge. In zwanzig Minuten steigen wir in die Landekokons. Und in dreißig Minuten geht’s runter. Ich habe wieder das Gefühl, als erklinge eine Ouvertüre… als beginne sich der Vorhang zu heben…
Teufel auch, wir haben sie gefunden!
Nein, das ist nicht die richtige Art und Weise, es zu erzählen, nicht mit wildem Geheul und Jubelgeschrei. Ich sollte nüchterner sein, reifer. Ich sollte es ganz ruhig erzählen, Schritt für Schritt, von dem Augenblick an, in dem wir in die Landekokons stiegen.
Die Landekokons…
Ein Landekokon stellt im wesentlichen ein Miniaturraumschiff dar, das für den Einsatz in einer Region mit geringer Schwerkraft konstruiert ist, wie etwa in einem Asteroidengürtel. Es ist eine zigarrenförmige Röhre, rund fünf Meter lang und an seiner breitesten Stelle zwei Meter dick. Aus diesem Grund kann sie nur einen Passagier aufnehmen, der während des ganzen Flugs stehenbleiben muß. Mirrik ist aufgrund seines Volumens von der Benutzung der Kokons ausgeschlossen. Dr. Horkkk ist zu klein und somit nicht in der Lage, die Kontrollen zu erreichen. Und 408b hat den falschen Körperbau: Es ist breiter als groß und paßt deshalb nicht hinein. Damit bleiben noch acht von uns übrig, die mit Kokons zur Untersuchung eines Asteroiden hinuntergehen können. Es war reine Glücksache, daß Jan und ich als viertes Team für den Abstieg eingeteilt wurden.
Wir benutzen deshalb die Landekokons, anstatt mit der ganzen Fähre hinunterzugehen, weil es Treibstoff spart. Ein Landekokon hat praktisch keine Masse, und diese Asteroiden haben praktisch keine Anziehungskraft, und deshalb ist nur ein ganz kleiner Anstoß dazu notwendig, die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Warum soll man sich die Mühe machen, ein großes Schiff in eine Landebahn zu steuern, wenn ein paar Forscher in Kokons runtersausen, sich umsehen und wieder hochsausen können? Besonders dann, wenn man nicht sicher ist, ob man das Gesuchte auch wirklich gefunden hat.
Jan und ich kletterten in unsere Druckanzüge und schwankten schwerfällig den Korridor hinunter in Richtung Kokonraum. Die Kokons lagen auf den Katapultschienen mit entriegelten und aufgeklappten oberen Hälften bereit. Ich stieg in meinen Kokon, Jan in ihren, und Pilazinool und Steen schwangen die Deckel auf uns herunter. Eine Folge von rasselnden Geräuschen zeigte mir an, daß die Kokons versiegelt wurden. Einige tausend Jahre verstrichen. Einen Teil dieser Äonen verbrachte ich mit dem Studium der Schalttafel, die direkt vor meinem Gesicht untergebracht war. Der runde und grüne Knauf öffnete den Kokon. Die rote quadratische Taste schloß ihn. Der dreieckige schwarze Knopf verriegelte ihn. Der lange gelbe Hebel zu meiner Rechten diente zur manuellen Zündung der Düsen. Der lange weiße Hebel zu meiner Linken stellte den Steuerknüppel dar.
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