»Sie haben den Mietvertrag noch immer nicht unterschrieben. Hoffentlich bedeutet das keinen Rückzieher!«
Lara machte sich eine Notiz. »Darüber muß ich mit Guttman persönlich reden. Sonst noch was?«
»Die fünfundsiebzig Millionen, die wir bei der Gotham Bank für das neue Projekt aufnehmen wollten .«
»Ja?«
»Die Bank hat ihre Kreditzusage zurückgezogen. Sie glaubt, daß unsere Eigenkapitaldecke zu dünn wird.«
»Wie hoch war der vereinbarte Zinssatz?«
»Siebzehn Prozent.«
»Ich weiß, was wir machen, Howard: Wir bieten ihnen zwanzig Prozent.«
Keller starrte sie entgeistert an. »Zwanzig Prozent? Mein Gott, Lara, kein Mensch zahlt zwanzig Prozent!«
»Lieber lebendig mit zwanzig Prozent als tot mit siebzehn Prozent. Tu's einfach, Howard.«
»Schön, wie du meinst.«
Der Vormittag verging rasch. Um halb eins sagte Lara: »Ich bin mit Paul Martin zum Mittagessen verabredet.«
Keller machte ein besorgtes Gesicht. »Paß bloß auf, daßdu nicht auf der Speisekarte stehst!«
»Wie meinst du das?«
»Nun, schließlich ist er Sizilianer. Die vergeben und vergessen nicht.«
»Sei nicht so melodramatisch! Paul würde mir niemals schaden.«
»Hoffentlich hast du recht.«
Paul Martin saß bereits im Restaurant, als sie hereinkam. Er wirkte hager und sorgenvoll und hatte dunkle Ringe unter den Augen, als schlafe er in letzter Zeit schlecht.
»Hallo, Lara.« Er stand nicht auf.
»Paul.« Sie setzte sich ihm gegenüber.
»Ich habe ein paar dumme Mitteilungen auf deinem Anrufbeantworter hinterlassen. Tut mir leid. Ich konnte nicht ahnen, daß du ...« Er zuckte mit den Schultern.
»Ich hätte mit dir reden sollen, Paul, aber alles ist so schnell passiert.«
»Yeah.« Er musterte sie prüfend. »Du siehst blendend aus.«
»Danke, Paul.«
»Wo hast du Adler kennengelernt?«
»In London.«
»Und du hast dich einfach so in ihn verliebt?« fragte er hörbar verbittert.
»Paul, wir beide haben uns wundervoll verstanden, aber das hat mir nicht genügt. Ich brauche mehr. Ich brauche jemanden, zu dem ich jeden Abend nach Hause kommen kann.«
Er äußerte sich nicht dazu.
»Ich würde nie etwas tun, das dich verletzen könnte, aber diese Sache ist ... einfach passiert.«
Wieder nur Schweigen.
»Das mußt du bitte verstehen.«
»Yeah.« Er lächelte frostig. »Mir bleibt gar nichts anderes übrig, stimmt's? Daran ist jetzt nichts mehr zu ändern. Aber es ist ein Schock gewesen, die Nachricht in der Zeitung zu lesen und aus dem Fernsehen zu erfahren. Ich habe mir eingebildet, wir stünden uns doch etwas näher.«
»Du hast recht«, gab Lara zu. »Ich hätte es dir sagen sollen.«
Er streckte eine Hand aus und tätschelte ihre Wange. »Ich bin verrückt nach dir gewesen, Lara. Wahrscheinlich bin ich's noch immer. Du bist meinmiracolo gewesen. Ich hätte dir jeden Wunsch erfüllen können; ich hätte dir alles auf der Welt schenken können - nur keinen Ehering wie er. Ich liebe dich genug, um dir zu wünschen, daß du glücklich wirst.«
Lara fühlte eine Woge der Erleichterung über sich hinwegfluten. »Danke, Paul.«
»Wann lerne ich deinen Mann kennen?«
»Nächste Woche geben wir eine Party für unsere Freunde«, antwortete sie. »Kommst du auch?«
»Ja, ich komme. Deinem Mann kannst du von mir ausrichten, daß er dich gut behandeln soll - sonst bekommt er's mit mir zu tun!«
Sie lächelte. »Gut, ich werd's ihm ausrichten.«
Als Lara ins Büro zurückkam, wartete Howard Keller dort auf sie. »Na, wie war's beim Lunch?« fragte er nervös.
»Kein Problem. Du hast Paul völlig falsch eingeschätzt. Er hat sich wunderbar verhalten.«
»Gut! Freut mich, daß ich mich getäuscht habe. Für morgen sind einige Besprechungen angesetzt, bei denen du .«
»Die kannst du gleich absagen«, unterbrach Lara ihn. »Morgen bleibe ich mit meinem Mann zu Hause. In den nächsten Tagen holen wir unsere Flitterwochen nach.«
»Ich freue mich, daß du so glücklich bist«, murmelte Keller.
»Howard, ich bin so glücklich, daß es mich ängstigt. Ich fürchte manchmal, ich könnte aufwachen und erkennen, daß alles nur ein Traum gewesen ist. Ich habe nie geahnt, daß man so glücklich sein kann!«
Er lächelte. »Okay, ich sage dir dann, was bei den Besprechungen rausgekommen ist.«
»Danke.« Sie küßte ihn auf die Wange. »Philip und ich geben nächste Woche eine Party. Wir rechnen natürlich mit dir.«
Die Party fand am Samstag der folgenden Woche in Laras Penthouse statt - mit einem üppigen kalten Büfett und über hundert Gästen. Lara hatte die Männer und Frauen eingeladen, mit denen sie zusammenarbeitete: Bankiers, Architekten, Bauunternehmer, Stadtplaner und Gewerkschaftsbosse. Philip hatte befreundete Musiker, Kritiker, Musikfreunde und Sponsoren eingeladen. Die Kombination erwies sich als katastrophal.
Das lag keineswegs daran, daß beide Gruppen nichtversucht hätten, mit der jeweils anderen ins Gespräch zu kommen. Das Problem war vielmehr, daß sie absolut nichts gemeinsam hatten. Die Leute vom Bau redeten über Architektur, Immobiliengeschäfte und Finanzierungsprobleme; die Musiker kannten dagegen nur ein Thema - ihre Musik.
Lara machte einen Stadtplaner mit einer Gruppe von Musikern bekannt. Der städtische Beamte stand da und hatte Mühe, der Unterhaltung zu folgen.
»Wissen Sie, was Rossini von Wagners Musik gehalten hat? Eines Tages hat er sich mit dem Hintern auf die Klaviertastatur gesetzt und dabei gesagt: >So klingt Wagner für mich.<���«
Der Stadtplaner ging hastig weiter.
Lara stellte ein paar von Philips Freunden einer Gruppe von Männern aus der Immobilienbranche vor.
»Das große Problem ist eben«, sagte einer von ihnen, »daß fünfunddreißig Prozent der Mieter unterschrieben haben müssen, bevor man mit der Umwandlung in Eigentumswohnungen anfangen kann.«
»Eine unsinnige Bestimmung, finde ich.«
»Allerdings. Ich investiere jetzt mehr in Hotels. Ist Ihnen klar, daß der Durchschnittspreis pro Zimmer und Nacht in Manhattan schon bei knapp zweihundert Dollar liegt? Nächstes Jahr dürfte er .«
Die Musiker zogen weiter.
Die Unterhaltungen schienen in zwei verschiedenen Sprachen stattzufinden.
»Das Problem bei den Wienern ist, daß sie nur tote Komponisten lieben .«
»Zwischen der siebenundvierzigsten und achtundvierzigsten Straße entsteht in zwei Bauabschnitten ein neues Hotel. Die Finanzierung hat die Chase Manhattan übernommen .«
»Er ist vielleicht nicht der beste Dirigent der Welt, aber seine Stabführung ist unnachahmlich präzise .«
»... denn eigentlich hat der Börsenkrach des Jahres 1929 auch Vorteile gehabt. Er hat die Investoren gelehrt, ihr Geld in wertbeständigen Immobilien anzulegen .«
». daraufhin hat Horowitz jahrelang nicht mehr gespielt, weil er sich einbildete, seine Finger könnten wie Glas brechen .«
». ich habe die Pläne gesehen. Der klassische Sockelbau ragt drei Geschosse hoch über der Eight Avenue auf und enthält eine elliptische Säulenhalle mit radial angeordneten Ladenpassagen .«
». als Geiger hatte Einstein eine Vorliebe für Duos. Eines Tages hat er wieder mit Rubinstein musiziert und ist dabei ständig aus dem Takt geraten. Schließlich hat Rubinstein das nicht mehr aushalten können und ihn angebrüllt: >Albert, kannst du nicht zählen?< ...«
». der Kongreß muß betrunken gewesen sein, als er die Steuerreform verabschiedet hat. Damit hat er die Immobilienbranche praktisch abgewürgt .«
»... und beim Abschied nach einer Gesellschaft hat Brahms gesagt: > Sollte noch jemand hier sein, den ich zu beleidigen vergessen habe, bitte ich um Entschuldigung.<���« Eine babylonische Sprachverwirrung.
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