Paul Martin musterte sich im Spiegel und dachte: Du siehst tatsächlich jünger aus. Das Leben war wieder aufregend geworden. Und das alles hatte er Lara zu verdanken.
Seine Frau bemühte sich, die an ihrem Ehemann vorgegangenen Veränderungen zu übersehen.
Lara Cameron hatte ihr wichtigsten Mitarbeiter zu einer Besprechung versammelt.
»Wir werden das Hotelprojekt durch gleichzeitige Vergabe von Baulosen beschleunigen«, kündigte Lara an.
Die Männer wechselten besorgte Blicke. »Das ist verdammt riskant«, wandte Howard Keller ein.
»Nicht, wenn man's richtig anfängt.«
Tom Chriton meldete sich zu Wort. »Miss Cameron, nach der bewährten Methode folgt ein Bauabschnitt dem anderen. Erst kommen die ...«
»Danke, das weiß ich alles«, unterbrach Lara ihn.
»Aber warum wollen Sie dann ...?«
»Weil es dann zwei Jahre dauert. Ich will keine zwei Jahre warten.«
»Beschleunigen können wir den Bau nur, indem wir mehrere Abschnitte gleichzeitig beginnen«, warf Jim Belon ein. »Geht dabei etwas schief, paßt zuletzt nichts mehr richtig zusammen. Und solcher Pfusch kann astronomische Mehrkosten für Nacharbeiten erfordern .«
»Dann müssen wir eben aufpassen, daß nichts schiefgeht«, beharrte Lara. »So können wir die restliche Bauzeit auf ein Jahr halbieren und fast zwanzig Millionen Dollar einsparen.«
»Richtig, aber damit riskieren Sie enorm viel.« »Das bin ich gewohnt.«
Lara erzählte Paul Martin von ihrer Entscheidung, den Hotelbau zu beschleunigen, und von der Diskussion mit ihren Beratern.
»Vielleicht haben sie recht«, meinte Paul. »Was du tust, könnte gefährlich sein.«
»Trump macht es so. Uris macht es so.«
»Baby, du bist aber nicht Trump oder Uris«, sagte Paul lächelnd.
»Eines Tages bin ich größer als die beiden, Paul. Ich werde in New York mehr bauen als irgend jemand vor mir. Dies wird meine Stadt!«
Er betrachtete sie nachdenklich. »Das glaube ich dir sogar.«
Lara ließ sich ein weiteres Telefon in ihr Büro legen. Nur Paul kannte die Nummer. Auch er ließ sich im Büro einen neuen Anschluß einrichten. Sie telefonierten jeden Tag mehrmals miteinander.
Wenn sie nachmittags etwas Zeit erübrigen konnten, trafen sie sich in Laras Apartment. Paul Martin freute sich mehr auf diese Begegnungen, als er jemals für möglich gehalten hätte. Er war verrückt nach Lara Cameron.
Als Keller mitbekam, was sich zwischen den beiden abspielte, war er besorgt.
»Lara«, sagte er warnend, »du machst einen Fehler, fürchte ich. Er ist gefährlich.«
»Du kennst ihn nicht, Howard. Er ist wundervoll!«
»Liebst du ihn?«
Lara dachte darüber nach. Paul Martin erfüllte ein Bedürfnis
in ihrem Leben. Aber liebte sie ihn?
»Nein.«
»Liebt er dich?«
»Ich glaube schon.«
»Sei bitte vorsichtig! Sehr vorsichtig!«
Lara Cameron lächelte. Dann küßte sie Keller impulsiv auf die Wange. »Lieb von dir, daß du dir Sorgen um mich machst, Howard.«
Lara war im Baubüro in der neunundsechzigsten Straße und blätterte in den Bestellunterlagen. »Mir fällt auf, daß wir schrecklich viel Baustahl bestellen«, sagte sie zu Pete Reese, dem neuen Projektmanager.
»Ich wollte nicht davon sprechen, Miss Cameron, weil ich mir meiner Sache noch nicht sicher bin ... Aber Sie haben recht - dieser Schwund ist auffällig. Wir haben schon mehrmals nachbestellen müssen.«
Sie sah zu ihm auf. »Soll das heißen, daß auf der Baustelle gestohlen wird?«
»Sieht so aus.«
»Haben Sie einen bestimmten Verdacht?«
»Nein.«
»Wir beschäftigen hier Nachtwächter, nicht wahr?«
»Einen.«
»Und er hat nichts gesehen?«
»Nein. Aber in dem Betrieb, der hier herrscht, könnte der Stahl auch tagsüber abtransportiert werden. Der Kreis möglicher Täter ist riesig.«
Lara nickte nachdenklich. »Aha. Danke, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben, Pete. Ich kümmere mich selbst darum.«
Noch am selben Nachmittag engagierte Lara einen Privatdetektiv, namens Steve Kane.
»Wie schafft es jemand, am hellichten Tag eine Ladung Bau-stahl zu klauen?« fragte Kane.
»Das möchte ich von Ihnen wissen.«
»Und Sie haben einen Nachtwächter auf der Baustelle?«
»Ja.«
»Vielleicht steckt er mit den Dieben unter einer Decke.«
»Ein bloßer Verdacht interessiert mich nicht«, wehrte Lara ab. »Melden Sie sich bei mir, wenn Sie den oder die Täter aufgespürt haben.«
»Können Sie dafür sorgen, daß ich als Bauarbeiter eingestellt werde?«
»Gut, wird gemacht.«
Schon am nächsten Tag nahm Steve Kane die Arbeit auf der Baustelle auf.
Als Lara Keller erzählte, was sie veranlaßt hatte, sagte er: »Darum hättest du dich nicht selbst zu kümmern brauchen. Das hätte ich dir abnehmen können.«
»Manche Dinge mache ich gern selbst«, antwortete Lara.
Damit war das Gespräch beendet.
Fünf Tage später erschien Kane in Laras Büro.
»Haben Sie schon was rausbekommen?«
»Alles«, sagte er stolz.
»Der Nachtwächter?«
»Nein. Das Material ist nicht von der Baustelle verschwunden.«
»Was soll das heißen?«
»Der Stahl ist dort nie angekommen. Er ist auf eine andere Baustelle in New Jersey geliefert, aber Ihnen in Rechnung gestellt worden.«
»Wer steckt dahinter?« fragte Lara.
Kane sagte es ihr.
Nachmittags fand in Laras Büro eine Besprechung statt. Anwesend waren Howard Keller, der Anwalt Terry Hill, ihr persönlicher Assistent Jim Belon und der Projektmanager Pete Reese.
Am Konferenztisch saß auch ein Unbekannter, den Lara als Mr. Conroy vorstellte.
»Wie steht's mit dem Baufortschritt?« fragte Lara.
»Alles läuft genau nach Plan«, versicherte Pete Reese ihr. »Wir rechnen mit weiteren sieben Monaten Bauzeit. Die gleichzeitige Vergabe von Baulosen hat sich bewährt, Miss Cameron. Natürlich treten kleinere Probleme auf, aber im allgemeinen läuft alles erstaunlich reibungslos.«
»Gut«, sagte Lara.
»Was ist mit den Diebstählen?« fragte Howard Keller.
»Da tappen wir weiter im dunkeln«, antwortete Pete Reese. »Aber wir halten die Augen offen.«
»Wegen dieser Sache brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen«, kündigte Lara an. »Wir kennen den Täter.« Sie nickte zu dem Unbekannten hinüber. »Mr. Conroy kommt vom Betrugsdezernat der Kriminalpolizei.Detective Conroy.«
»Was tut er hier?« fragte Pete Reese.
»Er ist gekommen, um Sie mitzunehmen.«
Reese starrte sie verblüfft an. »Was?«
Lara wandte sich an die anderen. »Mr. Reese hat Baustahl, der uns berechnet worden ist, auf eine andere Baustelle liefern lassen. Als er gemerkt hat, daß ich die Bestellmenge kontrolliere, hat er die Flucht nach vorn angetreten und mich auf dieses >Problem< aufmerksam gemacht.«
»Augenblick!« sagte Pete Reese. »Ich ... ich ... Sie irren sich, Miss Cameron.«
Sie wandte sich an Conroy. »Schaffen Sie ihn bitte fort?« Lara wartete, bis die Tür sich hinter den beiden geschlossen hatte. »So, es wird Zeit, daß wir über die Eröffnung des Hotels diskutieren.«
Als der Eröffnungstermin des Hotels näherrückte, verstärkte sich der Druck, der auf allen lastete. Lara benahm sich unmöglich. Sie war ständig hinter ihren engsten Mitarbeitern her und
dachte sich nichts dabei, sie mitten in der Nacht anzurufen.
»Howard, weißt du eigentlich, daß die Tapeten noch immer nicht geliefert sind?«
»Um Himmels willen, Lara, es ist vier Uhr morgens!«
»Die Eröffnung ist in drei Monaten. Ohne Tapeten können wir das Hotel nicht eröffnen.«
»Gut, ich kümmere mich morgen früh darum.«
»Jetztist morgen früh. Ich möchte, daß du dich sofort darum kümmerst.«
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