Der Zustand von Howards Mutter schien sich nicht zu bessern. Howard sprach mit dem Arzt. »Wann kann sie wieder aufstehen?«
»Schwer zu sagen, mein Junge. Sie kann noch Monate, vielleicht Jahre so daliegen. Tut mir leid, aber mehr kann ich
vorläufig nicht sagen.«
Das Jahr ging zu Ende, ein neues begann, und Howard lebte noch immer bei seiner Mutter und arbeitete in der Bank. Eines Tages kam ein Brief von Betty Quinlan, die ihm mitteilte, sie habe sich in einen anderen Mann verliebt, und hinzugefügt, sie hoffe, daß es seiner Mutter besser gehe. Das Interesse, das die Nationalligateams an ihm gehabt hatten, versickerte. Howard konzentrierte sich ganz auf die Pflege seiner Mutter. Er kaufte ein, führte den Haushalt und arbeitete in der Bank. An seine Karriere als Baseballspieler dachte er längst nicht mehr. Es war schon schwierig genug, von Tag zu Tag durchzukommen.
Als seine Mutter vier Jahre nach ihrem Schlaganfall starb, interessierte Howard Keller sich nicht mehr für Baseball. Er war jetzt Bankier von Beruf.
Seine Chance, berühmt zu werden, war verflogen.
Howard Keller und Lara Cameron saßen beim Abendessen.
»Wie gehen wir die Sache an?« fragte Lara.
»Als erstes stellen wir das beste Team zusammen, das für Geld zu haben ist. Den Anfang machen wir mit einem Rechtsanwalt, der den Vertrag mit den Brüdern Diamond aushandeln muß. Dann bekommst du einen erstklassigen Architekten. Ich denke dabei an einen ganz bestimmten Mann. Und zuletzt brauchst du einen zuverlässigen Bauunternehmer . Ich habe selbst ein bißchen gerechnet. Die Umbaukosten betragen etwa dreihunderttausend Dollar pro Zimmer. So kommt das Hotel auf rund sieben Millionen Dollar. Bei vernünftiger Planung kann eigentlich nichts schiefgehen.«
Der Architekt hieß Ted Tuttle. Als er von Laras Plänen hörte, sagte er grinsend: »Gott segne Sie! Ich warte schon seit Jahren darauf, daß jemand mit so einer Idee zu mir kommt.«
Zehn Arbeitstage später legte er ihr seine Entwürfe vor. Sie zeigten genau das, wovon Lara immer geträumt hatte.
»Gegenwärtig hat das Hotel hundertfünfundzwanzig Zimmer«, sagte der Architekt. »Wie Sie sehen, habe ich daraus auf Ihren Wunsch fünfundsiebzig Einheiten gemacht.«
In seinen Entwürfen hatte er fünfzig Suiten und fünfundzwanzig luxuriös eingerichtete Zimmer vorgesehen.
»Perfekt!« sagte Lara anerkennend.
Sie zeigte die Entwürfe Howard Keller, der ebenso begeistert war.
»Jetzt können wir weitermachen. Ich habe einen Termin mit einem Bauunternehmer vereinbart. Er heißt Steve Rice.«
Rice war einer der erfolgreichsten Bauunternehmer Chicagos. Lara gefiel er sofort. Rice war kein Blender, sondern ein stämmiger, nüchterner Mann vom Fach.
»Howard Keller hat mir erzählt, daß Sie der beste sind«, erklärte Lara ihm.
»Stimmt«, sagte Rice. »Unser Motto lautet: >Wir bauen für die Nachwelt.««
»Das ist ein gutes Motto.«
Steve Rice grinste. »Offengestanden - ich hab's gerade erst erfunden.«
Die Arbeit begann damit, daß für alle Lose Ausschreibungsunterlagen und Vergabepläne erstellt wurden. Diese Unterlagen gingen an potentielle Subunternehmer: Maurer, Schreiner, Glaser, Installateure, Heizungsbauer, Elektriker ... Insgesamt forderten über sechzig Firmen Ausschreibungsunterlagen an.
Am letzten Tag der Ausschreibungsfrist nahm Howard Keller sich den Nachmittag frei, um mit Lara zu feiern.
»Hat die Bank nichts dagegen, wenn du dir soviel Zeit für mich nimmst?« fragte Lara.
»Nein«, log Keller, »das gehört zu meinem Job.« In Wirklichkeit machte ihm dieses Projekt mehr Spaß als alles, was er in den letzten Jahren getan hatte. Er genoß Lara Camerons Gesellschaft; er genoß es, mit ihr zu reden und sie ansehen zu können. Und er fragte sich, wie Lara auf einen Heiratsantrag reagieren würde.
»Heute morgen habe ich gelesen, daß der Sears Tower beinahe fertig ist«, sagte Lara. »Er hat einhundertzehn Stockwerke -das höchste Gebäude der Welt.«
»Richtig«, bestätigte Keller.
»Eines Tages baue ich ein noch höheres, Howard«, erklärte sie ihm glaubhaft.
Er glaubte ihr.
Sie saßen mit Steve Rice im Whitehall beim Mittagessen. »Erzählen Sie mir, wie's weitergeht«, forderte Lara ihn auf.
»Nun«, sagte Rice, »als erstes wird das Gebäude entkernt, aber was aus Marmor und Messing ist, bleibt natürlich erhalten. Wir brechen alle Fenster heraus, räumen die Bäder aus, legen neue Wasserleitungen und tauschen die Elektroinstalla-tionen aus. Sobald die Vorarbeiten abgeschlossen sind, können wir mit dem Innenausbau und der Fassadenrenovierung beginnen.«
»Wie viele Leute setzen Sie dafür ein?«
Steve Rice lachte. »Ganze Horden, Miss Cameron! Wir stellen spezialisierte Trupps zusammen: ein Fenster-Team, ein Bäder-Team, ein Korridor-Team und so weiter. Diese Teams nehmen sich ein Stockwerk nach dem anderen vor - meistens von oben nach unten. Das spart 'ne Menge Zeit.«
»Wie lange dauert das alles?«
»Hmmm . umgebaut und neu eingerichtet . fünfzehn Monate.«
»Ich zahle einen Bonus, wenn Sie's in zwölf Monaten schaffen«, versprach Lara ihm.
»Abgemacht. Das Congressional dürfte ...«
»Dieser Name wird geändert. Das Hotel wird Cameron Pala-ce heißen.« Lara fand es herrlich, den neuen Namen auch nur auszusprechen. Er bewirkte bei ihr eine fast sinnliche Erregung. Ihr Name würde an einem Gebäude stehen, und alle Welt würde ihn sehen können.
An einem regnerischen Septembermorgen um sechs Uhr begann der Umbau des Hotels. Lara Cameron war natürlich da und beobachtete zufrieden, wie die Bauarbeiter anfingen, die Hotelhalle auseinanderzunehmen.
Zu Laras Überraschung tauchte auch Howard Keller auf.
»Du bist früh auf den Beinen«, sagte sie.
»Ich konnte nicht mehr schlafen«, antwortete Keller grin-send. »Ich habe das Gefühl, daß dies nur der Auftakt zu noch größeren Dingen ist.«
Zwölf Monate später wurde das neue Cameron Palace eröffnet, erhielt eine begeisterte Presse und hatte sofort alle Hände voll zu tun. Der Architekturkritiker derChicago Tribune schrieb: »Nun hat Chicago endlich ein Hotel, das dem Motto >Ihr Zuhause in der Fremde !< gerecht wird. Lara Cameron - ein Name, den man sich merken sollte .«
Nach vier Wochen war das Hotel ausgebucht und hatte eine ellenlange Warteliste.
Howard Keller war begeistert. »Wenn's so weitergeht«, sagte er, »amortisiert es sich in zwölf Jahren. Das ist phantastisch! Wir .«
»Nicht gut genug«, entschied Lara. »Ich setze die Zimmerpreise herauf.« Sie lächelte über Kellers besorgtes Gesicht. »Keine Angst, auch das zahlen die Leute. Wo sonst kriegen sie zwei offene Kamine, eine Sauna und einen Flügel?«
Zwei Monate nach der Eröffnung des Hotels Cameron Palace saß Lara mit Bob Vance und Howard Keller zusammen.
»Ich habe einen großartigen Bauplatz für ein weiteres Hotel gefunden«, berichtete Lara. »Es soll wie das Cameron Palace werden - nur größer und besser.« Howard Keller grinste. »Gut, ich sehe ihn mir mal an.«
Das Grundstück war ideal - aber es gab ein kleines Problem.
»Sie kommen leider zu spät«, erklärte der beauftragte Makler Lara. »Heute morgen ist ein Bauträger namens Steve Murchi-son dagewesen und hat mir ein Angebot gemacht. Er will das Grundstück kaufen.« »Wieviel hat er Ihnen geboten?« »Drei Millionen.«
»Ich zahle vier. Setzen Sie den Vertrag auf.«
Der Makler zuckte nicht mit der Wimper. »Wird gemacht.«
Am nächsten Morgen bekam Lara einen Anruf.
»Lara Cameron?«
»Ja.«
»Hier ist Steve Murchison. Ich will's Ihnen noch mal durchgehen lassen, Sie Schlampe, weil Sie vermutlich nicht wissen, mit wem Sie's zu tun haben. Aber kommen Sie mir ja nicht wieder in die Quere - das könnte ungesund sein!«
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