Lücken nicht aufeinanderstießen, wodurch das Ganze ein wenig wie ein Labyrinth wirkte.
Der innerste dieser konzentrischen Kreise hatte einen Durchmesser von circa sieben Metern. Hier standen etwa ein Dutzend käfigartige Vorrichtungen, jede so groß wie eine Telefonzelle. Sie standen ohne erkennbare Ordnung herum. Die Deckel dieser Käfige bestanden aus mattem Metall. Weißer Dunst waberte durch den Kreis. Tanks lagen auf dem Boden. Überall schlängelten sich dicke, schwarze Stromkabel. Das Ganze sah aus wie eine Werkstatthalle. Und tatsächlich arbeiteten einige Männer an einem der Käfige. »Das ist unser Übertragungsbereich«, sagte Gordon. »Stark abgeschirmt, wie Sie sehen können. Da drüben bauen wir noch einen zweiten, aber der wird erst in ein paar Monaten fertig.« Er deutete ans andere Ende des Saals, wo ein weiteres System konzentrischer Kreise aufgebaut wurde. Diese Wände waren völlig durchsichtig, sie waren noch nicht mit Wasser gefüllt.
Von dem Laufsteg führte ein Kabelaufzug in den innersten Kreis. »Können wir da hinunter?« fragte Marek. »Noch nicht, nein.«
Ein Techniker sah zu ihnen hoch und winkte. Gordon fragte: »Wie lange noch bis zum Brenn-Check, Norm?«
»Ein paar Minuten. Gomez ist schon unterwegs.«
»Okay.« Gordon wandte sich an die anderen. »Dann wollen wir jetzt in den Kontrollraum gehen und zusehen.«
In dunkelblaues Licht getaucht, standen die Maschinen auf einer erhöhten Plattform. Sie waren stumpfgrau und summten leise. Weißer
Dunst wehte über den Boden und verhüllte die Sockel. Zwei Arbeiter in blauen Parkas knieten vor einer der Maschinen und arbeiteten im geöffneten Sockel.
Die Maschinen waren im wesentlichen offene Zylinder, mit Boden und Deckel aus Metall. Jede stand auf einem dicken Metallsockel. Drei Stangen stützten das Metalldach.
Techniker zogen ein Gewirr schwarzer Kabel von einem Gitter über ihren Köpfen und befestigten die Kabel am Dach einer Maschine, wie Tankwarte, die ein Auto betanken.
Der Raum zwischen Sockel und Dach war völlig leer. Genau-genommen sah die ganze Maschine enttäuschend gewöhnlich aus. Nur die Stangen waren merkwürdig, dreieckig und genoppt. Blauer Rauch schien unter dem Dach der Maschine hervorzukommen. Die Maschinen erinnerten Kate an nichts, was sie je gesehen hatte. Sie starrte die riesigen Bildschirme in dem kleinen Kontrollraum an. Hinter ihr saßen zwei Techniker in Hemdsärmeln an zwei Konsolen. Die Bildschirme vor ihr vermittelten den Eindruck, als würde man zu einem Fenster hinaussehen, obwohl der Kontrollraum eigentlich fensterlos war.
»Hier sehen Sie die jüngste Version unserer ctc-Technologie«, sagte Gordon. »Das steht für Closed Timelike Curve — geschlossene zeitartige Bahn —, die Topologie der Raumzeit, die wir benutzen, um zurückzugehen. Wir mußten völlig neue Technologien entwickeln, um diese Maschinen zu bauen. Was Sie hier sehen, ist bereits die sechste Version, da der erste funktionierende Prototyp vor drei Jahren gebaut wurde.«
Chris starrte die Maschinen an und sagte nichts. Kate Erickson sah sich im Kontrollraum um. Stern war nervös, er rieb sich die Oberlippe. Marek ließ ihn nicht aus den Augen.
»Die ganze wichtige Hardware«, fuhr Gordon fort, »befindet sich im Sockel, darunter der Indium-Gallium-Arsenid-Quantenspeicher, die computergesteuerten Laser und die Batterieelemente. Die Vaporisierungs-Laser befinden sich natürlich in den Metallstangen, die eigentlich Röhren sind. Das matte Metall ist Niob, die Drucktanks sind aus Aluminium, die Aufbewahrungsbehälter aus Plastik.« Eine junge Frau mit kurzen, dunkelroten Haaren und etwas martialischem Auftreten kam in den Saal. Sie trug eine Khakibluse, -shorts und Stiefel und sah aus, als ginge sie auf eine Safari. »Gomez gehört zu der Eskorte, die Sie auf Ihrer Reise begleitet. Sie geht jetzt zurück, um das zu machen, was wir einen Brenn-Check nennen. Sie hat sich ihren Navigationsmarker bereits gebrannt und das Zieldatum festgelegt, und jetzt wird sie überprüfen, ob es exakt ist.« Er betätigte die Gegensprechanlage. »Sue? Zeigen Sie uns doch bitte Ihren Navigationsmarker.«
Die Frau hielt ein weißes, rechteckiges Keramikplättchen, kaum größer als eine Briefmarke, in die Höhe. Es paßte problemlos in ihre Handfläche.
»Das benutzt sie, um zurückzugehen. Und um die Maschine für die Rückkehr zu rufen - zeigen Sie uns doch bitte den Knopf, Sue.«
»Der ist ein bißchen schwer zu sehen«, sagte sie und hielt das Plättchen hochkant. »Hier ist ein kleiner Knopf, den man mit dem Daumennagel drückt. Damit ruft man die Maschine, wenn man zurückkehren will.« »Danke, Sue.«
Einer der Techniker sagte: »Feldanomalie.«
Sie drehten sich zu ihm um. Einer der Bildschirme auf seiner Konsole zeigte eine sich wellenförmig bewegende, dreidimensionale Oberfläche mit einer steilen, zerklüfteten Erhebung in der Mitte, wie ein Berggipfel.
»Toll«, sagte Gordon. »Klassisch.« Dann erklärte er den anderen: »Weil unsere Magnetfeldsensoren auf squids beruhen, können wir auch äußerst schwache Diskontinuitäten im örtlichen Magnetfeld erkennen — die sogenannten Feldanomalien. Unsere Meßgeräte zeigen, daß sie ungefähr zwei Stunden vor einem Ereignis anfangen. Und diese hier haben vor zwei Stunden begonnen. Es bedeutet, daß eine Maschine zurückkehrt.«
»Was für eine Maschine?« fragte Kate. »Sues Maschine.«
»Aber sie ist doch noch gar nicht weg.«
»Ich weiß«, sagte Gordon. »Das erscheint Ihnen unsinnig. Aber
Quantenereignisse widersprechen jeder Intuition.«
»Sie wollen damit sagen, daß Sie einen Hinweis auf ihre Rückkehr bekommen, bevor sie überhaupt aufgebrochen ist?«
»Ja.«
»Warum?« fragte Kate.
Gordon seufzte. »Das ist kompliziert. Sagen wir einfach, in der normalen Welt haben wir bestimmte Ansichten über Ursache und Wirkung. Zuerst kommt die Ursache, dann die Wirkung. Aber in der Quantenwelt gilt diese Reihenfolge der Ereignisse nicht immer. Wirkungen können gleichzeitig mit Ursachen auftreten, und Wirkungen können den Ursachen vorangehen. Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür.«
Die Frau, Gomez, stieg nun in eine der Maschinen. Sie schob das weiße Plättchen in einen Schlitz im Sockel zu ihren Füßen. »Sie hat jetzt ihren Navigationsmarker installiert. Der führt die Maschine hin und wieder zurück.«
»Und woher weiß man, daß man zurückkommt?« fragte Stern. »Ein Multiversumstransfer«, erwiderte Gordon, »erzeugt eine Art potentieller Energie, ein bißchen wie eine gedehnte Feder, die zurückschnellen will. Heim kommen die Maschinen also relativ einfach. Die andere Richtung ist das Knifflige. Dazu wird die Keramik codiert.«
Er beugte sich vor und betätigte die Gegensprechanlage. »Sue? Wie lange bleiben Sie weg?« »Eine Minute, höchstens zwei.« »Okay. Synchronisierung abgelaufen.«
Jetzt fingen die Techniker an zu reden, bedienten Schalter an einer Konsole und lasen Daten von ihren Monitoren ab. »Heliumcheck.«
»Anzeige auf voll«, sagte ein Techniker mit Blick auf seine Konsole.
»EMR-Check.«
»Okay.«
»Bereitschaft zur Laserjustierung.« Einer der Techniker legte einen Schalter um, und aus den Metallröhren schoß ein dichtes Bündel grüner Laserstrahlen ins Innere der Maschine, die Gesicht und Körper der reglos und mit geschlossenen Augen dastehenden Frau mit Dutzenden grüner Punkte bedeckten.
Die Röhren begannen sich nun langsam zu drehen. Die Frau in der Mitte blieb bewegungslos. Die Laser malten grüne horizontale Streifen über ihren Körper. Dann kamen die Röhren wieder zum Stillstand. »Laser justiert.«
Gordon sagte: »Bis bald, Sue.« Dann wandte er sich den anderen zu. »Okay. Jetzt geht's los.«
Die bogenförmigen Wasserschilde um den Käfig herum begannen nun in einem schwachen Blau zu leuchten. Wieder fing die Maschine an, sich langsam zu drehen. Die Frau in der Mitte stand bewegungslos, die Maschine drehte sich um sie herum.
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