Aussen/Hinterseite Haus Wilder/Nacht Die Picknickbank, auf der sie vor kurzen noch alle saßen, ist in die Seitenwand des Hauses gedrückt worden. Sie ragt, noch mit dem Tischtuch, aus ihr heraus.
Der ganze Rasen ist von Trümmern und Holzstücken übersät; auch an der Hauswand hat sich jede Menge Unrat angesammelt. Jo rennt voraus.
Jo
Mam! Dad!
Sie fängt an, Holztrümmer wegzuräumen, versucht an die Küchentür zu gelangen. Sie kommt nicht heran. Wütend und frustriert schleudert sie Holzstücke zur Seite.
Bill kommt hinter ihr her. Er hat eine Handlampe.
Bill
Hier rauf.
Er springt auf den Trümmerberg, der gefährlich zu rutschen beginnt. Er steigt durch ein Fenster nach innen. Jo folgt ihm.
Innen/Haus Wilder/Nacht
Bill landet im hinteren Zimmer. Alles ist durcheinander. Das ganze Haus knackt verdächtig.
Bill
Jim! Margaret!
Er hört schwache Stimmen und Rhythmen wie von einem Radio. Er arbeitet sich weiter vor. Jo kommt inzwischen ebenfalls hinter ihm durch das Fenster hereingekrochen.
IN DER KÜCHE
Aus der Spüle läuft Wasser über, auf den Boden hinab, der sich in einem verrückten Winkel neigt.
Von oben ein Geräusch. Gleich danach fällt die Lampe von der Decke vor seine Füße.
Er sieht nach oben. Die ganze Decke ist eingebrochen und hängt fast lose nach unten durch, so daß man hinauf in das Obergeschoß und das dortige ehemalige Schlafzimmer sehen kann. Alles hängt nach unten und kann jeden Moment herunterbrechen, vor allem die Möbel oben. Bill richtet den Strahl seiner Handlampe hinauf und versucht abzuschätzen, was passieren könnte.
Ein Beistelltisch kippt um und fällt herunter. Die Farmzeitschriften daraufflattern durch die Luft, und Nippsachen knallen auf den Küchenboden.
Bill geht zur Spüle und dreht den Hahn zu. EIN BATTERIERADIO auf der Küchenanrichte bringt plötzlich Nachrichten:
Radio
... und sehr gefährliche Tornado, dessen Stärke auf F-4 geschätzt worden ist, hat die Stadt Guthrie erst vor wenigen Minuten direkt getroffen und nach den ersten Berichten erhebliche Schäden angerichtet. Auch einige Verletzte sind zu
beklagen. Polizei und Krankenwagen aus den benachbarten -
Ein Balken kracht herunter und direkt auf das Batterieradio. Bill duckt sich hastig weg, Jo mit ihm.
Jo
Mam? Dad?
Jims Stimme Sei vorsichtig, Jo!
Sie sieht auf die andere Seite. Die Stimme kam hinter einer umgestürzten Anrichte hervor, aus der das Geschirr herausgefallen und auf dem Boden zerbrochen ist. Sie ziehen gemeinsam die Anrichte weg. Das ist auf dem aufgeplatzten und schiefen Boden gar nicht leicht.
Rundherum knackt und ächzt das ganze Haus. Die ganze Geschichte kann jeden Augenblick einstürzen.
Das Schlafzimmer oben
Dort stehen noch immer schwere Gegenstände. Ein Bett, ein Frisiertisch, ein großer Fernseher. Die Möbel rutschen langsam.
Die Küche unten Jo späht nach unten, ruft:
Jo
Dad? Ist alles in Ordnung bei euch da unten?
(Keine Antwort)
Dad?
Jims Stimme (nach einer Pause)
Denke schon.
Jo
Wie geht’s Mam?
Er antwortet nicht. Hinter der Anrichte ist die Tür zum Keller nicht mehr da. Nichts als ein gähnendes Loch. Jo macht einen Schritt vorwärts.
JO
Dad? Wo ist Mam?
Jim
Es ... ist keine Treppe mehr da, Jo.
Jo dreht sich zu Bill um und hält ihm die Hände hin. Er nimmt sie und läßt sie so nach unten in den Keller hinab.
Bill
Okay?
JO
Ja.
Er läßt sie los. Rutschgeräusch von oben läßt ihn hochblicken. Er springt gerade noch rechtzeitig zur Seite, als der Frisiertisch heruntergestürzt kommt. Er muß ihn zur Seite schieben, um wieder zum Kellereingang zu kommen.
OBEN
Der schwere Fernseher fängt an zu rutschen, bleibt dann aber wieder stehen.
IM KELLER
Jo hustet, sieht sich um. Sie geht hinüber zu ihrem Vater, der neben ihrer Mutter kauert. Margaret ist von dem heruntergefallenen Küchenschrank an die Wand gedrückt und eingeklemmt.
JIM
Krieg ihn nicht alleine weg.
Bill? Wir brauchen dich.
Bill
(kommt herunter geklettert)
Bin schon da.
Jo
(zu ihrer Mutter)
Wir holen dich da raus, Mam.
Die Mutter sagt nichts, nickt nur schwach.
Sie fangen an, den schweren Küchenschrank wegzuschieben. Als sie ihn weg haben, ist zu erkennen, daß Margarets Kleid an Schulter und Brust blutig ist. Es sieht böse aus.
Jo
Vielleicht sollten wir sie nicht bewegen.
Bill
Hilft nichts, wir müssen. Gib mal das Bügelbrett.
Direkt über ihren Köpfen und von ihnen aus gut sichtbar befindet sich das Schlafzimmer mit allem Inventar. Eine Stehlampe saust herunter wie eine Rakete.
Das Schlafzimmer im Obergeschoss
Der Fernseher rutscht wieder, bleibt jedoch, nur noch vom
Stromkabel gebremst, stehen.
In der Küche
Sie schaffen Margaret auf der behelfsmäßigen Trage nach oben. Jim und Jo sind oben, Bill noch immer unten und schiebt das Brett hinauf. Sie haben es mit Margaret halb oben, genau in der gefährlichen Zone, wo der Fernseher oben herunterfallen kann.
Bill erkennt es und schiebt heftig. DER FERNSEHER rutscht, fällt frei -und bleibt noch einen Moment lang hängen am Stromkabel, ehe dieses endgültig ausreißt und das Gerät wie eine Bombe nach unten fällt.
DIE KÜCHE
Margaret ist nach oben gezogen, außer Gefahr, Bill dreht sich weg, als das Fernsehgerät herunter gesaust kommt, auf den Küchenboden knallt und weiter nach unten in den Keller, genau dorthin, wo Bill eben noch war. Jo erstarrt in Schrecken und Entsetzen.
DER KELLER
Es staubt so, daß nichts zu sehen ist. Bill rappelt sich hoch auf die Füße, es ist ihm nichts passiert. Er steigt auf den zerschmetterten Fernseher und greift nach oben, um sich hochzuhieven. Über ihm knackt und ächzt das ganze Haus.
MELISSA DRAUSSEN VOR DEM HAUS
Sie läuft zur Straße, um einen Krankenwagen herbeizuwinken.
Fahrer
Ma’am? Sind Sie in Ordnung?
MELISSA (deutet zum Haus)
Da drin ist jemand.
Der Krankenwagen biegt ein.
Am Fenster
Sie heben Margaret heraus. Die Sanitäter übernehmen sie. Bill geht zurück, hilft Jim, herauszuklettern. Dessen Hosenbein ist erkennbar blutig.
JIM
Geht schon. Kümmer dich um Jo.
Bill hilft auch Jo aus dem Fenster heraus, sie klettert ihm direkt in die Arme, er trägt sie weg vom Haus.
Rumpelnd und krachend fällt das Haus in sich zusammen, buchstäblich wie ein Kartenhaus.
Bill trägt Jo noch immer, setzt sie überhaupt nicht ab.
Jo
Danke.
Melissa sieht es. Aber das war nur ein Moment. Bill setzt Jo jetzt ab, geht dann hinüber zum Krankenwagen, wo Margaret eingeladen wird, Jim steigt mit ein zu seiner Frau.
Oben knattert ein HUBSCHRAUBER vorüber, sein Suchscheinwerfer knallt grell herab.
HINTER DEM HAUS
Jo versucht mit in den Krankenwagen zu ihren Eltern einzusteigen.
Jo
Mam ...
Erster Sanitäter
Es ist nichts Schlimmes. Nur eine gebrochene Schulter.
Jo hat einen sorgenvollen Gesichtsausdruck.
Margaret
Geh nur, Schätzchen, du brauchst nicht mitzukommen.
Jo
(in Tränen)
Ich mache mir eben Sorgen, Mama.
Margaret
Brauchst du nicht. Nun geh schon, Jo.
Der Krankenwagen fährt mit jaulender Sirene davon. Dahinter
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