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SIDNEY SHELDON: KALTE GLUT

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SIDNEY SHELDON KALTE GLUT

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Sie ist jung, bildhübsch, intelligent und mit einem Mann aus bestem Haus verlobt. Tracy Whitney hat alles, was man sich nur wünschen kann. Doch dann tappt sie, Opfer ihrer eigenen Gutgläubigkeit, in eine raffinierte Falle des Syndikats und landet wegen eines angeblichen Bilderdiebstahls hinter Gittern. Das Hochsicherheitsgefängnis wird für Tracy zur brutalen Lebensschule, und als sie ein paar Monate später das Gefängnis verläßt, ist sie eine andere Frau geworden: desillusioniert und besessen von dem Gedanken an Rache. Mit ihren einzigen Waffen — Intelligenz und Schönheit — macht sie sich systematisch daran, ihre Widersacher zu vernichten. Doch der Preis ihrer Rache ist hoch, denn die Gesellschaft verwehrt ihr die Rückkehr in ein normales Leben. Tracy setzt sich jedoch auf ihre Weise zur Wehr. Sie wird zu einer Superganovin, die nimmersatte Reiche um die angehäuften Reichtümer erleichtert.

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Kommissar van Durenbesaß ein leicht reizbares Temperament. Der Amerikaner war eine Heimsuchung. Was ihn so unausstehlich machte, war seine gottverdammte Überheblichkeit. Aber Kommissar van Duren durfte erst in zweiter Linie reizbar sein. In erster Linie war er Polizist, und er hatte Weisung, mit diesem Giftzwerg zusammenzuarbeiten.

Der Kommissar wandte sich Witkamp zu.»Das Überwachungsteam soll verstärkt werden. Sofort. Und ich möchte, daß sämtliche Kontaktpersonen fotografiert undbefragt werden. Ist das klar?«

«Ja, Kommissar.«

«Und alles sehr diskret, wohlgemerkt. Diebeiden dürfen nicht spitzkriegen, daß sie observiert werden.«

«Ja, Kommissar.«

Van Duren schaute Cooper an.»So. Ist Ihnen jetzt wohler?«

Cooper ließ sich zu keiner Antwort herab.

In den nächsten fünf Tagen hielten Tracy und Jeff Kommissar van Durens Leute in Atem, und Daniel Cooper studierte die täglichenBerichte. Am Abend, wenn die anderen den Horchposten verließen, pflegte Daniel Cooper noch eine Weile zubleiben. Er lauschte auf die Geräusche des Liebesakts, der, wie er wußte, unten vollzogen wurde. Er hörte zwar nichts, aber in seiner Vorstellung stöhnte Tracy:»O ja, Liebling, ja, ja. O Gott, ich halt's nicht mehr aus… es ist so schön… Jetzt, oh, jetzt…«

Dann der lange, schaudernde Seufzer und das samtige Schweigen. Und es war alles für ihn, für Daniel Cooper.

Bald gehörst du mir, dachte er. Dann wird dich kein anderer

mehr haben.

Bei Tag gingen Tracy und Jeff getrennt ihrer Wege, und überall folgte ihnen jemand. Jeffbesuchte eine kleine Druckerei in der Nähe des Leidseplein, und zwei Kriminalbeamtebeobachteten von der Straße aus, wie er ein ernstes Gespräch mit demBesitzer führte. Als Jeff die Druckerei verließ, heftete sich der eine derbeiden Kriminalbeamten an seine Fersen. Der andere trat in die Druckerei und zeigte demBesitzer seinen Dienstausweis.

«Was wollte der Mann, der eben hier war?«

«Er hat keine Visitenkarten mehr. Ich soll neue für ihn drucken.«

«Lassen Sie mal sehen.«

Der Drucker zeigte dem Kriminalbeamten einen handgeschriebenen Zettel:

Sicherheitsdienst Amsterdam

Cornelius Wilson,

Chefdetektiv

Am nächsten Tag wartete Fien Hauer vor einer Zoohandlung am Leidseplein, in der Tracy verschwunden war. Als sie fünfzehn Minuten später wieder auftauchte, ging Fien Hauer in den Laden und zeigte ihren Dienstausweis vor.

«Was wollte die Dame, die eben hier war?«

«Sie hat ein paar Goldfische samt Glas gekauft, zwei Edelsittiche, einen Kanarienvogel und eine Taube.«

Welch seltsame Kombination.»Eine Taube, sagen Sie? Sie meinen, eine ganz normale Taube?«

«Ja, aber die führen wir nicht. Ich habe der Dame gesagt, daß wir sie erstbesorgen müssen.«

«Wo liefern Sie das alles hin?«

«Ins Hotel der Dame, ins Amstel.«

Am anderen Ende der Stadt redete Jeff gerade mit dem

Prokuristen der Amro‑Bank. Sie sprachen dreißig Minuten lang unter vier Augen, und als Jeff sich verabschiedet hatte, begabsich ein Kriminalbeamter insBüro des Prokuristen.

«Bitte sagen Sie mir, warum der Mannbei Ihnen war, der eben gegangen ist.«

«Cornelius Wilson? Das ist der Chefdetektiv des Sicherheitsdienstes, mit dem unsereBank zusammenarbeitet. Seine Firma will das Sicherheitssystem verbessern.«

«Hat er Sie gebeten, mit ihm über das Sicherheitssystem zu sprechen?«

«Äh… ja.«

«Und Sie haben das getan?«

«Gewiß. Aber ich habe natürlich erst überprüft, obseine Papiere einwandfrei sind.«

«Wie?«

«Ich habebeim Sicherheitsdienst angerufen — die Nummer stand auf seinemBetriebsausweis.«

Um 15 Uhr hielt ein gepanzertes Lastauto vor der Amro‑Bank. Von der anderen Straßenseite aus fotografierte Jeff den Wagen, während in einem Hauseingang, ein paar Meter weiter, ein Kriminalbeamter Jeff fotografierte.

In der Polizeidirektion an der Elandsgrachtbreitete Kommissar van Duren das wie eine Flutwelle anwachsendeBeweismaterial auf dem Schreibtisch von Polizeichef Toon Willems aus.

«Was hat das alles zubedeuten?«fragte der Polizeichef.

Daniel Cooper ergriff das Wort.»Ich werde es Ihnen sagen. Ich weiß, was die Whitney plant. «Er sprach imBrustton der Überzeugung.»Sie will das Gold rauben, das nach Surinambefördert werden soll.«

Alle starrten ihn an.

Willems sagte:»Und ich nehme an, Sie wissen auch, wie sie dieses Wunder vollbringen will?«

«Ja. «Daniel Cooper hatte diesen Leuten etwas voraus.

Tracy Whitney war für ihn wie ein offenesBuch. Er hatte sich in sie hineinversetzt, damit er denken und planen konnte wie sie — und damit er jeden ihrer Schritte vorausahnen konnte.»Sie wird mit einem Lastauto, das als Panzerwagen zurechtgemacht ist, vor dem Wagen des Sicherheitsdienstesbei derBank aufkreuzen, die Goldbarren einladen und davonfahren.«

«Das klingt aber reichlich weit hergeholt, Mister Cooper.«

Kommissar van Duren schaltete sich ein.»Ich weiß nicht, was diebeiden planen, aber irgend etwas planen sie. Wir haben ihre Gespräche mitgeschnitten.«

Daniel Cooper dachte an die anderen Geräusche, die nicht auf den Tonbändern waren, die Geräusche seiner Phantasie: das nächtliche Geflüster, die Lustschreie, das Gestöhne. Oh, wie war siebrünstig… Aber da, wo er siebald hinsteckte, würde kein Mann sie mehrberühren.

Kommissar van Duren sagte gerade:»Sie haben sich über das Sicherheitssystem derBank informiert. Sie wissen, wann der gepanzerte Wagen eintrifft und…«

Der Polizeichef überflog denBericht, der vor ihm lag.»Sittiche, eine Taube, ein paar Goldfische, ein Kanarienvogel — meinen Sie, daß dieserBlödsinn etwas mit dem geplanten Raubzu tun hat?«

«Nein«, sagte van Duren.

«Ja«, sagte Cooper.

Fien Hauer, in einenblauen Hosenanzug gekleidet, folgte Tracy Whitney die Prinsengracht entlang und sah frustriert zu, wie Tracy hinter einerBrücke in eine Telefonzelle trat und ein Gespräch von fünf Minuten Dauer führte. Die Kriminalbeamtin wäre auch nicht viel klüger gewesen, wenn sie das Gespräch hätte mithören können.

Günther Hartog sagte in London:»Auf Margo ist Verlaß, aber siebraucht Zeit — mindestens noch zwei Wochen. «Er lauschte Tracy einen Moment.»Ja, ich verstehe. Wenn alles

soweit ist, nehme ich Verbindung zu Ihnen auf. Seien Sie vorsichtig. Und grüßen Sie Jeff herzlich von mir.«

Tracy hängte ein und trat aus der Telefonzelle. Sie nickte freundlich der Frau imblauen Hosenanzug zu, die draußen stand und so geduldig gewartet hatte.

Am nächsten Vormittag um elf meldete sich ein Kriminalbeamterbei Kommissar van Duren:»Ichbin geradebei der Firma Wolters Autoverleih. Jeff Stevens hat hier soeben einen Lastwagen gemietet.«

«Was für einen?«

«Einen Lieferwagen, Kommissar.«

«Lassen Sie sich die Maße sagen. Ichbleibe solange dran.«

Ein paar Minuten später war der Kriminalbeamte wieder am Apparat.»Ich habe sie. Der Wagen ist…«

«Ein Kastenwagen, sechs Meter lang, zwei Meter zehnbreit, einen Meter achtzig hoch, mit Doppelachsen.«

Verblüffte Pause am anderen Ende der Leitung.»Ja, Kommissar. Woher wissen Sie das?«

«Ist doch egal. Welche Farbe?«

«Blau.«

«Wer überwacht Stevens?«

«Jacobs.«

«Gut. Melden Sie sich wieder, wenn's was Neues gibt.«

Joop van Duren legte auf. Er wandte sich Daniel Cooper zu.»Sie hatten recht. Nur daß der Wagenblau ist.«

«Er wird ihn zu einer Autolackierereibringen.«

Die Werkstattbefand sich am Damrak. Zwei Männer spritzten den Wagen graublau, und Jeff stand daneben. Auf dem Dach der Werkstatt kniete ein Kriminalbeamter und knipste Fotos durchs Oberlicht.

Eine Stunde später lagen dieBilder auf dem Schreibtisch von Kommissar van Duren.

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