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SIDNEY SHELDON: KALTE GLUT

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SIDNEY SHELDON KALTE GLUT

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Sie ist jung, bildhübsch, intelligent und mit einem Mann aus bestem Haus verlobt. Tracy Whitney hat alles, was man sich nur wünschen kann. Doch dann tappt sie, Opfer ihrer eigenen Gutgläubigkeit, in eine raffinierte Falle des Syndikats und landet wegen eines angeblichen Bilderdiebstahls hinter Gittern. Das Hochsicherheitsgefängnis wird für Tracy zur brutalen Lebensschule, und als sie ein paar Monate später das Gefängnis verläßt, ist sie eine andere Frau geworden: desillusioniert und besessen von dem Gedanken an Rache. Mit ihren einzigen Waffen — Intelligenz und Schönheit — macht sie sich systematisch daran, ihre Widersacher zu vernichten. Doch der Preis ihrer Rache ist hoch, denn die Gesellschaft verwehrt ihr die Rückkehr in ein normales Leben. Tracy setzt sich jedoch auf ihre Weise zur Wehr. Sie wird zu einer Superganovin, die nimmersatte Reiche um die angehäuften Reichtümer erleichtert.

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«So was Häßliches«, bemerkte Tracy.

«Keinebösen Worte, Liebling. Das ist die einzige Marke dieser Art, die es auf der Welt gibt.«

«Und was ist sie wert?«

«Eine Million Dollar.«

Der Wärter nickte.»Richtig, Mynheer.«

Tracy und Jeff gingen zum nächsten Schaukasten undbetrachteten eine» Inverted Jenny«. Auf ihr sah man ein Flugzeug, das verkehrt herum abgedruckt war.

«Die ist interessant«, kommentierte Tracy.

Der Wärter, der auf die Marke aufpaßte, sagte:»Sie hat einen Wert von…«

«… fünfundsiebzigtausend Dollar«, ergänzte Jeff.

«Genau.«

Sie gingen weiter zu einer 9 Kreuzer Schwarz aufBlaugrün.

«Die ist eine halbe Million Dollar wert«, raunte Jeff Tracy zu.

Cooper folgte denbeiden, in der Menge verborgen.

Jeff deutete auf eine andere Marke.»Die ist wirklich selten. Eine 1 Penny Mauritius, Post Office, orange. Statt Postpaid hat irgendein Tagträumer von Graveur Post Office in die Druckplatte gestichelt. Tja, und heute ist sie einiges mehr wert als einen Penny.«

«Sie kommen einem so klein und schutzlos vor«, sagte Tracy.»Als könnte man sie einfach in die Tasche stecken und weggehen.«

Der Wärter vor dem Schaukasten lächelte.»Ein Diebkäme da nicht sehr weit. An allen Kästen sind Alarmdrähte, und der Ausstellungsraum ist Tag und Nachtbewacht.«

«Wieberuhigend«, sagte Jeff ernst.»Man kann ja gar nicht vorsichtig genug sein heutzutage.«

An diesem Nachmittag sprachen Daniel Cooper und Kommissar Joop van Duren gemeinsambei Polizeichef Willems vor. Van Duren legte die Observierungsberichte auf den Tisch seines Vorgesetzten und wartete.

«Das ist nichts Definitives«, meinte der Polizeichef schließlich.»Aber ich muß zugeben, daß Ihre Verdächtigen einige sehr wertvolle Objekte auszuspionieren scheinen. In Ordnung, Kommissar. Installieren Sie Abhörgeräte in den Zimmern derbeiden.«

Daniel Cooper war in Hochstimmung. Von nun an würde Tracy Whitney kein Privatleben mehr haben. Er würde genau wissen, was sie sagte und tat. Daniel Cooper dachte an Tracy und Jeff imBett undbesann sich darauf, wie sich Tracys Unterwäsche an seiner Wange angefühlt hatte. So weich, so wohlriechend…

Er mußte wieder einmal in die Kirche.

Als Tracy und Jeff am Abend das Hotel verließen, um zum Essen zu gehen, brachte ein Technikerteam der Polizei in Tracys und Jeffs Zimmern kleine drahtlose Mikrophone an, versteckte sie hinterBildern, in Lampen, unter Nachtkästchen.

Kommissar Joop van Duren hatte die Suite unmittelbar darüber requiriert, und dort installierte ein Techniker einen Empfänger mit Antenne und schloß ein Tonbandgerät an.

«Es reagiert auf Stimmen«, erklärte er.»Niemand muß dasein, um es zu überwachen. Wenn jemand spricht, zeichnet es alles automatisch auf.«

Aber Daniel Cooper wollte dasein. Er mußte dasein. Es war Gottes Wille.

33

Am nächsten Morgen saßen Daniel Cooper, Kommissar Joop van Duren und dessen junger Assistent Witkamp in der Suite über Tracys Zimmer und lauschten dem Gespräch, das unten geführt wurde.

«Noch ein Täßchen Kaffee?«Jeffs Stimme.

«Nein danke, Liebling. «Tracys Stimme.»Probier mal diesen Käse, den uns der Zimmerservice geschickt hat. Na, was sagst du?«

Kurzes Schweigen.»Mmmm. Köstlich. Was würdest du heute gern machen, Tracy? Sollen wir nach Rotterdam fahren?«

«Ach, bleiben wir doch einfach hier und spannen einbißchen aus.«

«Klingt gut.«

Daniel Cooper wußte, was mit» ausspannen «gemeint war, undbekam strichdünne Lippen.

«Die Königin hat ein neues Waisenhaus gestiftet.«

«Wie nett von ihr. Die Niederländer sind so großzügig und gastfreundlich. Und sie hassen starre Regeln und Vorschriften.«

Gelächter.»Darum mögen wir sie ja auch.«

Normal‑banale Morgenplauderei eines Liebespaars. Sie gehen so frei und ungezwungen miteinander um, dachte Cooper. Aber oh, wie würde Tracy esbüßen müssen!

«Apropos großzügig…«— Jeffs Stimme —»… rate mal, wer noch in diesem Hotel wohnt? Der ungreifbare Maximilian Pierpont. Ich habe ihn seinerzeit auf der Queen Elizabeth II nicht zu fassen gekriegt.«

«Und mir ist er im Orientexpreß durch die Lappen

gegangen.«

«Wahrscheinlich ist er hier, um mal wieder eine Firma auszuplündern. Wir sollten jetzt wirklich was machen, Tracy. Ich meine, solange er unter einem Dach mit uns wohnt…«

Gelächter.»Dabin ich ganz deiner Meinung, Liebling.«

«Ich habe gehört, daß unser gemeinsamer Freund die Angewohnheit hat, unbezahlbare Kunstwerke mit sich herumzuschleppen. Wir könnten doch…«

Eine andere Stimme, eine Frauenstimme.»Goede morgen, Mynheer, goede morgen, Mevrouw. Haben Sie was dagegen, wenn ich jetzt aufräume?«

Van Duren wandte sich Witkamp zu.»Maximilian Pierpont soll observiert werden. Wenn die Whitney oder ihrBegleiter Kontakt zu ihm aufnehmen, möchte ich sofort informiert werden.«

Kommissar van Duren hatte sich zum Rapportbei Polizeichef Toon Willems eingefunden.

«Sie könnten es auf eine Reihe von Objekten abgesehen haben. Neuerdings interessieren sie sich sehr für einen reichen Amerikaner namens Maximilian Pierpont, der ebenfalls im Amstel‑Hotel logiert. Sie haben die Philatelistentagungbesucht, in der Niederländischen Diamantschleiferei den Lukullbesichtigt, eine geschlagene Stunde vor der Nachtwache verbracht…«

«Aber es ist doch ausgeschlossen, daß sie die Nachtwache stehlen wollen!«Der Polizeichef lehnte sich in seinem Sessel zurück und fragte sich, ober nichtbloß leichtfertig Geld, Zeit und Arbeitskräfte verschwendete. Was ihm vorlag, waren zuviel Spekulationen und zuwenig Fakten.»Im Moment wissen Sie also nicht, welches Objekt diebeiden im Auge haben.«

«Das ist richtig. Ichbin auch nicht sicher, obsie es selbst schon wissen. Aber wenn sie sich entscheiden, werden sie es uns ja mitteilen.«

Willems runzelte die Stirn.»Sie werden es uns mitteilen?«

«Die Wanzen«, erklärte van Duren.»Sie haben keine Ahnung, daß sie abgehört werden.«

Der Durchbruch für die Polizei kam am nächsten Morgen um neun. Tracy und Jeff frühstückten in Tracys Zimmer. Auf Horchposten über ihnenbefanden sich Daniel Cooper, Kommissar Joop van Duren und der Assistent Witkamp. Sie hörten, wie Kaffee eingegossen wurde.

«Hier steht was Interessantes, Tracy. Unser Freund hatte recht. Sperr die Ohren auf: ›Amro‑Bankbereitet Transport von fünf Millionen Dollar in Goldbarren nach Surinam vor.‹«

In der Suite einen Stock höher sagte Witkamp:»Das ist doch…«

«Psst!«

Die drei Herren lauschten weiter.

«Ich überlege mir gerade, wieviel fünf Millionen Dollar in Goldbarren wohl wiegen. «Tracys Stimme.

«Das kann ich dir genau sagen, Liebling. Etwas mehr als 758 Kilo. Sind etwa 67 Goldbarren. Ach ja — das Schöne an Gold ist seine Anonymität. Man schmilzt es ein, und schon könnte es jedem gehören. Natürlich wäre es nicht einfach, dieseBarren aus den Niederlanden rauszukriegen.«

«Das ist sicher irgendwie zu schaffen. Aber wie kommen wir an die Goldbarren ran? Sollen wir mir nichts, dir nichts in dieBank marschieren und sie einfach mitnehmen?«

«So ungefähr.«

«Willst du mich verhohnepiepeln?«

«Aber nein, Tracy. Laß uns malbei der Amro‑Bank vorbeischauen. Okay?«

«Was hast du vor?«

«Das erzähle ich dir unterwegs.«

Eine Tür wurde geschlossen. Stille.

Kommissar van Duren zwirbelte verbissen seinen Schnurrbart.»Nein, nein, nein — dieses Gold kriegen sie nicht

in die Finger! Ich habe das Sicherheitssystem der Amro‑Bank persönlich überprüft und hatte eine gute Meinung davon.«

Daniel Cooperbemerkte trocken:»Wenn das Sicherheitssystem der Amro‑Bank auch nur eine Schwachstelle hat, dann wird Tracy Whitney sie finden.«

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