Freilich erst sehr allmählich und niemals ganz hat auch dies begabteste Volk des Alterthums sich von kindlichen und abergläubischen Vorstellungen über die Weltkörper zu befreien vermocht. Nicht früher als etwa im 4. Jahrhundert v. Chr., in der Zeit Platons, beginnt zugleich die Mathematik und eine auf sie gegründete Astronomie einen grösseren Aufschwung zu nehmen. Damals sind es zwei Schulen, die sich die Ausbildung dieser Wissenschaften angelegen sein lassen: in Athen die des Platon, in dem griechischen Unteritalien und Sicilien die der Pythagoreer. Auf die letzteren wird die Aufstellung des Hauptproblems der alten Astronomie zurückgeführt, welches sie so fassten: was für gleichmässige und kreisförmige Bewegungen man vorauszusetzen habe, um den thatsächlichen Erscheinungen am Himmel gerecht zu werden. Wir können hier tadeln, dass das Problem zu früh gestellt sei, vor genügender Feststellung der thatsächlichen Erscheinungen, und ferner, dass die Lösung ungehöriger Weise durch zwei Bedingungen präjudicirt wurde, nämlich durch die geforderte Gleichmässigkeit und Kreisförmigkeit der Bewegungen. Es haben sich aber sämmtliche Astronomen des Alterthums und auch die der Neuzeit bis zu Kepler an diese Bedingungen gebunden; selbst letzterer hat erst spät und mit Widerstreben die kreisförmige Bewegung aufgeopfert. Bei den Alten nun hängt diese Forderung mit ihrer Religion zusammen. Denn während der Christ in den Dingen am Himmel nur eine Schöpfung sieht, welche mit der Erkenntniss zu beherrschen er sich berufen fühlt, erblickte die antike Menschheit, Schöpfer und Schöpfung vermischend, in der Sonne und den anderen Himmelskörpern sowie auch in der Erde etwas unmittelbar Göttliches, einen Gegenstand religiöser Verehrung. Ein Mann wie Platon will den Atheismus bezwingen durch den Hinweis auf die »sichtbaren Götter«, d. i. Sonne, Mond und Sterne, und die materialistische Schule des Epikur weiss diese beunruhigende Götterfurcht nicht anders fernzuhalten als indem sie, mit dem ihr eignen Dogmatismus, aller Mathematik zum Trotz auf das Dogma schwor, dass die Sonne nicht grösser sei als sie scheine, d. h. etwa einen Fuss breit. Erst das Christenthum hat dem Menschen die Freiheit von der Natur und die Herrschaft über sie zurückgegeben. Wenn nun aber, gemäss der antiken Auffassung, die Gestirne Götter waren, so schickte sich für sie nur eine ganz gleichmässige Bewegung, und ferner keine andre als die allerregelmässigste und einfachste, nämlich die Kreisbewegung. Man wird über diesen Grundirrthum der antiken Astronomie billiger urtheilen, wenn man bedenkt, dass an den scheinbaren Unregelmässigkeiten der Planetenbewegung, welche die Alten als nothwendig bloss scheinbar voraussetzten, der überwiegend grösste Theil wirklich bloss scheinbar ist, und dass der erste Fortschritt jedenfalls in der Erkenntniss dieses trüglichen Scheines bestehen musste.
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