Das Sein ist göttlich, ewig und vollkommen. Das Ego ist der Satan der biblischen Legende.
Alle menschlichen Wesen benötigen Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf. (In einer anderen Auflistung: Gesundheit, Geld, Liebe. Oder, wie der Spanier anstößt: Salude, Dineroy Amor. - Dass die Kraft der Armen vollständig davon absorbiert wird, diese 3 grundlegenden Dinge zu erlangen, und dass ich zu diesen gehöre — immer in den Dimensionen meines Umfelds gesprochen; dies ist hier nicht Bombay, ich weiß — , damit hadere ich nicht. Da ich ein geistiges Leben habe, habe ich im Sinne Agnes Hellers eben mehr als NURAlltag. Aber wenn ich selbst zur Selbsterhaltung zu schwach werde, dann frage ich mich zu Recht: Wozu lebt so jemand?) Die psychologische Abhängigkeit von den Dingen verursacht Ausbeutung und Versklavung.
Die Habgier ist die geheime Ursache des Hasses und der Brutalitäten dieser Welt. (Das ist erstens nicht geheim und zweitens gibt es auch noch andere Ursachen. Deprivation ist eine davon.)
ÜBUNG
Legen Sie sich in Form eines Sterns hin, Beine geöffnet, die Arme
waagerecht zur Seite. Konzentrieren Sie sich auf Ihre unmittelbaren
physischen Bedürfnisse
Meditieren Sie über jedes einzelne Bedürfnis
Schlafen Sie ein, indem Sie versuchen herauszufinden, wo das Bedürfnis aufhört und die Habgier anfängt
Wohnen Nahrung Arbeit Liebe
(Man kann sich an den Hunger nicht gewöhnen. Manchmal verliere ich Geschmackssinn und Appetit, aber niemals den Hunger.)
Wir dürfen nicht hungern. Wir brauchen Nahrung. Wir dürfen nicht schlampig gekleidet sein: wir müssen uns gut kleiden. Es ist nicht gerechtfertigt, dass wir ein ganzes Leben lang Miete für eine Wohnung zahlen. Wir müssen ein eigenes, angemessenes Heim besitzen. (Wo leben Sie denn? Aber wirklich: wo?)
Bemühen Sie sich um den Erfolg des Geschäftes, in dem Sie arbeiten. Sie müssen die Zuneigung des Chefs gewinnen. Lernen Sie, aufrichtig zu lächeln. (OK.) Lernen Sie, an Ihrer Arbeit Freude zu haben. Wenn Sie wollen, dass sich die Leute bei Ihnen wohl fühlen, ist es notwendig, dass Sie sich in Gesellschaft anderer wohl fühlen. Wenn Sie mit Ihrer Arbeit nicht glücklich sind, wenn Sie nicht lächeln wollen, hören Sie gute Musik. (Ist es wahr?)
Das Wichtigste für die Lösung eines jeden Problems ist, uns nicht mit ihm zu identifizieren.
Um ein Problem zu lösen, brauchen wir sehr viel Frieden und geistige Ruhe.
Wir müssen forschen, wo der Hauptfaktor liegt, der uns den inneren und äußeren Frieden raubt.
Die beste Art, auf ein Problem zu reagieren, ist die Stille des Geistes. Aus der mentalen Stille wird die intelligente Handlung geboren, die intuitive und weise Aktion.
In der Ruhe und Stille des Geistes können Sie den Intimo sehen und hören. Er ist der Innere Meister. Er ist Ihr Innerer Gott. Beten Sie zum Intimo.
Sagen Sie ihm mit unendlicher Liebe, was Ihr Herz fühlt. (Was meine Niere fühlt, brauche ich also nicht zu sagen? — Ruhe und Stille des Geistes bei gleichzeitiger sprachlicher Schlampigkeit? Unmöglich. Den Weg in den Irrglauben erkennst du an den Stilblüten, mit denen er gesäumt ist.)
Sie sollten täglich viel beten/meditieren. Wenden Sie sich der Kunst zu. Meiden Sie Darbietungen, die den Geist schädigen: blutrünstige Veranstaltungen wie z.B. Boxen, Ringen, Stierkämpfe. Diese Arten von Spektakel erzeugen geistige Epidemien. Erlauben Sie nicht, dass in den Tempel Ihres Geistes schlechte Gedanken eindringen. Seien Sie rein in Ihrem Denken, Ihren Worten und Werken. (In diesem Falle fühle ich mich ermutigt, Sie darüber zu informieren, dass der Ausdruck» geistige Epidemien «selbst wie ein eitriges Geschwür ist.) Lehren Sie Ihre Kinder das Gute, Wahre und Schöne. (OK)
Essen Sie viel Gemüse. (…)
Er ist ungeheuer kontaktfreudig, hat keine Hemmungen, was auch immer zu fragen, aufdringlich, aber so offensichtlich harmlos, dass sich kaum einer gegen ihn wehrt. Die Teppichhändler, mit denen sie in diesen Tagen Tee trinken, heißen: Ahmed, Ur, Rahim und Irfan. Hast du mit einem Tee getrunken, hast du einen Freund für 40 Jahre. Die Teppichhändler erzählen gerne darüber, wie ihre Familie wohlhabend geworden ist. Ein weites Netz aus Onkeln und Neffen. Und wer seid ihr? Seid ihr Brüder? Cousins? Aber ihr reist zusammen? Er ist Fotograf, aber was machst du? Computernetzwerke.
Damit bist du wieder rehabilitiert und man redet über Computer und Smartphones. (Wie sehr mich das langweilt. Das ist neu. Ich hätte nicht gedacht, dass mich das je langweilen könnte.) Und was für ein Auto fährst du?
Jeder spielt.
Ein weiteres Projekt von Doiv heißt: X times of getting lost. Du suchst dir am Anfang des Tages einen Punkt aus, einen neuen Stadtteil zum Beispiel, und begibst dich dorthin. Ab diesem Punkt konsultierst du aber keine Karte mehr, sondern läufst einfach nur so herum, und zwar so lange, bis es sich verbraucht hat. Doiv zeichnet seine Routen mithilfe seines Smartphones auf. Im Buch werden diese Strecken abgebildet sein, dazu gibt es Bilder und diese wiederum ergeben eine Geschichte. Am vierten Tag in Istanbul irren Dave Deacon und Darius Kopp durch endlose Gassen mit nichts als Verkaufsläden für billige Kinderkleidung und Plastikspielzeug. Sie haben sich das selbst ausgesucht, dennoch hat Doiv einen schlechten Tag. Das merkst du daran, dass er keine Fotos macht. Oder, dass keine gelingen. Anfangs versucht er etwas mit Schaufensterpuppen. Billige Ware, schäbige Schaufensterpuppen. Manchen fehlen Nasen, andere sind Kinder mit abstrusen Perücken, eine ist nur ein monströs großer Unterkörper für Hosen, wie sie 200-kg-Menschen tragen. Kopp denkt, daraus ließe sich durchaus was machen, aber Doiv gelingt es diesmal einfach nicht, einen Kontakt zu den Händlern herzustellen. Vielleicht sind diese auch frustriert, weil wir die Einzigen sind, die hier herumlatschen, offensichtliche Nichtkunden, glotzende Okzidentalen mit geröteter Haut. Doivs Rede ist versiegt, so geht es nicht, du musst reden, du kannst nicht einfach daherkommen und ihren Schaufensterpuppen ins Gesicht fotografieren. Die Atmosphäre ist nicht freundlich, sie gehen weiter.
Das ist unser Leben, sagt Doiv düster und diesmal so gut artikuliert, dass Kopp jedes Wort versteht. That is how our life is. Es besteht zu einem großen Teil aus Müll. Schau dir das an. Diese Plastikkleidung, dieses Plastikspielzeug. Es entsteht aus Müll, ist Müll und wird wieder zu Müll, und das innerhalb kürzester Zeit. Und das gilt ebenso für alles in westlichen Einkaufsstraßen. Der Müll ist glänzender und teurer, aber es bleibt Müll. Weißt du, unter welchen Umständen meine Jeans in China hergestellt worden ist?
Ich kann es mir vorstellen.
Du kannst es dir nicht vorstellen.
(Actually habe ich in meiner Klausur einen Film darüber…)
Am fünften Tag gab es einen kleinen Sturm, Wind wehte Spreu durch die Straßen und brach einen dicken Ast von einer alten Pinie ab, nicht weit von der Stelle, an der sich der Fotograf Dave Deacon und sein Begleiter aufhielten. Doiv nahm diesmal einen Film auf: lange Minuten nur den Spreu, wie er über Gehwegplatten wanderte.
Am sechsten Tag rief Darius Kopp Emre Bülent an, aber seine Nummer funktionierte nicht mehr. Also rief er erneut Aris Stavridis an.
Ah, Dariüss! Wo bist du?
In Istanbul.
Oh, das ist eine schöne Stadt! Weißt du noch, als wir zusammen da waren? Wie hieß der Mensch noch mal? Also, wann kommst du? In 10 Tagen bin ich wieder in Athen! Entschuldige, ich muss aufhören, hier regnet es!
Und schon ist er wieder weg.
(Was zur Hölle…? Es regnet?! Was soll das?)
Morgen breche ich auf, sagte Doiv beim Abendessen, dem ersten, das Darius Kopp und nicht ein Teppichhändler oder der Hotelbesitzer bezahlte. Ich treffe mich in einigen Tagen mit jemandem in Poti, Georgien. Und was machst du?
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