Jenny Erpenbeck - Gehen, ging, gegangen

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Entdeckungsreise zu einer Welt, die zum Schweigen verurteilt, aber mitten unter uns ist
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.
Jenny Erpenbeck erzählt auf ihre unnachahmliche Weise eine Geschichte vom Wegsehen und Hinsehen, von Tod und Krieg, vom ewigen Warten und von all dem, was unter der Oberfläche verborgen liegt.

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So wie er am Anfang, als die Männer noch bei ihm in der Vorstadt lebten, deren Mobiltelefone für die vielleicht bescheidenste Variante von Luxus, aber doch für einen Luxus gehalten hatte, konnte Richard sich zunächst auch nicht so recht vorstellen, wozu jeder Flüchtling eine eigene Monatskarte braucht. Einer, der keine Arbeit hat und kein Geld fürs Museum? Warum gingen sie nicht zum Beispiel rings um den See spazieren? Und wenn sie schon in die Stadt hinein wollten, warum fuhren sie dann nicht schwarz — ohne zu zahlen? Wirklich, warum fuhren die Schwarzen nicht schwarz, hatte er anfangs gedacht und dazu noch im Stillen gegrinst, so wie er das manchmal an sich bemerkt, seit er in Pension ist. Inzwischen weiß er: In diesen paar Monaten der Entscheidungsfindung, in denen der Senat den Flüchtlingen Sprachunterricht erteilen lässt und die Behörden ihnen Termine geben, die sie unbedingt einhalten müssen, muss von Staats wegen auch für die Fahrkarten gesorgt sein. So lange, aber natürlich nicht länger.

Zu verschenken haben wir nichts, sagt das Gesetz, das eherne.

Und wenn einer, wie zum Beispiel der Dünne, die 57 Euro zwar nimmt, aber sich kein Ticket davon kauft, sondern sie seiner Mutter in Ghana schickt?

Wenn ein Schwarzer, der schwarz hier ist, schwarz mit dem Bus oder der S-Bahn oder der U-Bahn fährt, muss der, wenn er zum ersten Mal erwischt wird, wie alle zum ersten Mal Erwischten 40 Euro Strafe bezahlen, sagt das Gesetz. Wenn er zum zweiten Mal erwischt wird, sagt das Gesetz, kommt schon ein Strafbefehl: Dann kann er einsitzen oder eine gewisse Anzahl von Tagessätzen bezahlen. Wie hoch ein Tagessatz ist, bemisst sich am Einkommen des Delinquenten. Bei den ärmsten der armen Teufel sind es oft nur 10 Euro. 60 Tagessätze à 10 Euro zum Beispiel nach dem dritten Mal Schwarzfahren wären für einen Deutschen, der lieber bezahlt, statt ins Gefängnis zu gehen, eine noch glimpfliche Strafe. Denn erst ab 90 Tagessätzen gilt ein Deutscher als vorbestraft. Ein Ausländer aber hat schon ab einem Strafmaß von 50 Tagessätzen einen Ausweisungsgrund gesetzt, also damit, das versteht sich von selbst, jedes Recht auf Asyl verwirkt. Und so stellt für einen Ausländer die geringe Höhe einer Geldstrafe durchaus keine Erleichterung dar, denn sein Asylverfahren wäre bereits in dem Moment, in dem er zum Beispiel 60 — wenn auch noch so niedrig bemessene — Tagessätze als Strafe bekommt, für immer entschieden.

Das alles weiß das Gesetz.

Nachdem Richard über Wochen hinweg gesehen hat, wie die Männer ihre Tage verbringen, weiß er, dass auch die Monatskarte in so einem Leben kein Luxusartikel ist.

Wir rufen unsere Freunde an, haben die Männer gesagt, wir verabreden uns.

Richard erinnert sich, die Gruppe war bei der Räumung des Platzes auf drei verschiedene Unterkünfte aufgeteilt worden, und nur eine von diesen Unterkünften war das Altersheim in der Vorstadt gewesen. Die anderen sind im Friedrichshain und im Wedding. Freunde, mit denen man anderthalb Jahre in Zelten auf dem Oranienplatz gewohnt hat, mit oder ohne Schnee, mit oder ohne warmes Essen pro Tag, und nach einer deutschen Attacke auf den Sanitärwagen nur noch mit vier, statt mit acht Toiletten für 476 Personen. Mit Wartelisten für die Duschen in einem Gebäude der Diakonie. Mit Rattennestern unter den Zelten.

Und was macht ihr dann, wenn ihr euch trefft?

Wir kochen zusammen. Wir reden. Oder wir gehen zum Alex, jetzt ist da der Markt.

Der Weihnachtsmarkt?

Ja.

Fahrt ihr Achterbahn oder Karussell?

Nein, sagen sie, das ist zu teuer. Aber der Markt ist schön.

Auf dem Profilfoto eines der Männer ist zu sehen, wie er und ein paar seiner Freunde neben einer Wurstbude um einen Feuerkorb herum stehen und sich die Hände wärmen.

Im Sommer sind wir manchmal zum Sportplatz gegangen. Wenn Leute spielten. Aber meistens gehen wir zum Oranienplatz, da steht noch das Zelt.

Die Männer meinen das Informationszelt, dessen Verbleib auf dem Platz Teil der Vereinbarung mit dem Senat ist, inzwischen haben ausländerfeindliche Berliner es schon dreimal in Brand gesteckt, dreimal ist es wieder neu aufgebaut worden.

Was macht ihr dann da?

Wir stehen und reden.

Ich werde den Oranienplatz immer in Ehren halten, hat Tristan damals, ganz am Anfang der Gespräche, die Richard geführt hat, gesagt.

Richard erinnert sich, als er zwei Tage vor Weihnachten die Zeitung aufschlägt, daran, dass in der sogenannten Vereinbarung auch gestanden hat, es solle über die Fälle derjenigen, die in Unkenntnis der europäischen Gesetze zuerst irgendwo anders in Deutschland einen Asylantrag gestellt hätten, dennoch in Berlin entschieden werden. Damit die Gruppe als solche in Berlin bleiben könne.

Nach Möglichkeit , hieß es.

Und natürlich nur: wenn das Gesetz es erlaubt.

Das eherne.

Das Gesetz erlaubt es dann aber leider doch nicht. Das Gesetz erhebt sich, zwei Tage vor Weihnachten, mit knirschenden Knochen. Richard liest in der Zeitung: Anfang des Jahres sollen die ersten der Männer, die asylrechtlich nach Magdeburg oder in ein Containerwohnheim am Rande von Hamburg oder in ein bayrisches Bergdorf gehören, dorthin zurückkehren.

Selbst Richard, der erst seit wenigen Wochen mit diesem Gesetz bekannt ist, weiß, was das bedeutet. Es bedeutet, dass der oder jener der Männer nach Magdeburg, Hamburg oder in das bayrische Bergdorf zurückkehren soll, um dann kurz darauf dort zu erfahren, dass er, weil über Italien eingereist, nur in Italien leben und arbeiten darf. Zwei oder drei Monate höchstens, so schätzt Richard, bis die Fingerabdrücke von Amsel, Drossel, Fink oder Star gefunden und analysiert sind. Noch zwei oder drei Monate lang dürfte so einer in Magdeburg oder im bayrischen Bergdorf oder im Containerwohnheim am Rande von Hamburg als Einzelner ein legaler Asylbewerber sein, mit einem Salär von 300 Euro pro Monat, müsste dann aber für immer und unumkehrbar nach Italien zurück.

Die Buben und Mädels einsammeln und ab dahin, woher sie gekommen sind , schreibt in den Internetforen der Volksmund.

Macht es denn wirklich einen so großen Unterschied, ob einer der Flüchtlinge diese zwei oder drei Monate, in denen sein Fall — der eigentlich ja gar kein Fall, sondern ein Leben ist — untersucht wird, fern von seinen Freunden irgendwo in einem Heim verbringt oder hier in Berlin mit den andern?

Anscheinend.

Denn diese Kerle, diese übergeschnappten Neger sagen, sie würden das Geld nicht nehmen als Preis für die Übersiedlung in eine andere Stadt, würden dankend verzichten auf zwei- oder dreimal 300 Euro. Wollen das Geld einfach so in den Wind schreiben, die haben’s wohl dicke, Drogenhändler sind das doch alle, afrikanische Mafia.

Anscheinend macht es tatsächlich einen Unterschied, ob die Gruppe zusammen bleibt, hier in Berlin, oder ob sie nach der ersten Zerteilung in die drei großen Gruppen nun allmählich immer weiter zerteilt wird.

Denn warum sonst wäre das eherne Gesetz aus seinem Schlaf geweckt worden von den Ämtern?

Anscheinend macht es einen Unterschied.

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Die Männer sagen tatsächlich, sie blieben lieber ohne das Geld und, wenn es sein muss, auch illegal, in Berlin. Aber als Gruppe.

Kriminelle, Rechtsbrecher , schreibt die Nation in den Internetforen.

Das Männersextett, das 1930, zur Zeit der Weltwirtschaftskrise, vom Freund, vom guten Freund gesungen hatte, war, wie sich etwas später herausstellte, zur Hälfte jüdischer Herkunft. Drei von den Sängern retteten ihr Leben nur durch die Flucht nach Amerika, die anderen drei wurden in die Reichskulturkammer aufgenommen. Von da an war es aus mit der Freundschaft.

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