Jenny Erpenbeck - Gehen, ging, gegangen

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Entdeckungsreise zu einer Welt, die zum Schweigen verurteilt, aber mitten unter uns ist
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.
Jenny Erpenbeck erzählt auf ihre unnachahmliche Weise eine Geschichte vom Wegsehen und Hinsehen, von Tod und Krieg, vom ewigen Warten und von all dem, was unter der Oberfläche verborgen liegt.

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Einige von den Satzfetzen, die Richard jetzt hört, kennt er schon, gesprochen von Tristan: Überall Tote auf den Straßen. Überall Blut. Baracken. Nicht nur Männer, auch Frauen, Kinder, Säuglinge, alte Menschen. Broke the memory. Die Soldaten, sagt Raschid, haben mir das Geld, das ich für das Tor bekommen hatte, und auch alles Kleingeld, das ich in der Hosentasche hatte, abgenommen. Ich war ja noch in Arbeitskleidung. Eigentlich hatte ich ein Konto bei einer Libyschen Bank. Vielleicht gibt’s das noch immer. Die Nummer ist 2074.

Richard schaut auf die still brennenden roten Kerzen und nickt mit dem Kopf, obwohl das Nicken an dieser Stelle eigentlich gar keinen Sinn ergibt.

Fünf Tage waren wir in den Baracken, es gab Bombenangriffe der Europäer und wir hatten Angst, dass die Bomber das Camp, in dem wir gefangengehalten wurden, für ein Waffendepot halten. Vor allem die Kinder hatten schreckliche Angst, und ich wusste nicht, wie ich erklären soll, warum ihre Mutter nicht da ist.

Nach fünf Tagen mussten wir auf das Boot. Insgesamt etwa 800 Leute. Zair war auch mit dabei. The Europeans bomb us — so we’ll bomb them with blacks, hat Gaddafi gesagt. Wir bombardieren Europa mit Schwarzen.

Raschid sieht sehr müde aus. So müde, dass Richard ihn fragt, ob er sich hinlegen will.

Nein, nein, sagt Raschid. Ich kann nachts oft nicht schlafen, aber es geht schon.

Einer ist vom Boot gesprungen und hat versucht, zurück zum Ufer zu schwimmen, den haben sie noch im Wasser erschossen.

Für die ersten sieben Tage reichte das Essen und Trinken, das wir an Bord hatten. Es gab sowieso nicht viel, aber schließlich haben wir Erwachsenen ganz aufgehört zu essen und zu trinken, und den Rest nur noch den Kindern gegeben.

Dann fiel der Kompass aus.

Drei Tage fuhren wir einfach herum, ohne die Richtung zu wissen. Der Kapitän übersah nachts ein paar Bojen, da schrammte das Boot über Felsen. Der Motor ging kaputt. Panik brach aus.

Zwei Tage schaukelte das Boot wild hin und her. Wir konnten es nicht mehr lenken, und wir hätten auch nicht gewusst, wohin.

Fünf Tage insgesamt ohne Essen und Trinken. Es ging uns allen sehr schlecht. Einige sind gestorben. Und die, die noch lebten, hatten überhaupt keine Kraft mehr. Ich war so schwach. So schwach. Ich hab alles nur noch verschwommen gesehen.

Aber dann war plötzlich das Rescue-Boot da.

Es gab einen Tumult. Die vom Rettungsboot wollten uns helfen, sie warfen Essen und Wasserflaschen zu uns herüber, alle versuchten, etwas zu fangen, und das Boot geriet dadurch ins Schwanken.

Und dann kippte es plötzlich um.

Einfach so.

Von einem Moment auf den andern.

Es ging so schnell.

Innerhalb von fünf Minuten, nicht länger, innerhalb von nur fünf Minuten waren hunderte, hunderte Menschen tot. Die, neben denen ich eben noch gesessen hatte. Mit denen ich eben noch gesprochen hatte.

Cut, denkt Richard. Cut.

Ich kann nicht schwimmen, aber ich habe irgendwie ein Kabel zu fassen bekommen.

Manchmal war ich über, manchmal unter Wasser.

Unter Wasser habe ich all die Leichen gesehen.

Raschid sagt jetzt eine Weile nichts. Und Richard muss auch nichts fragen. Die Adventskerzen brennen. Die Pyramide ist dunkel und steht.

Ungefähr 550 von den 800 Leuten sind ertrunken. Die meisten konnten nicht schwimmen, und die Leute, die unter Deck waren, kamen nicht so schnell heraus, dort war alles sofort geflutet. Fischer kamen mit ihren Kuttern, um uns zu helfen, aber da waren schon viele tot. Und die größeren Rettungsboote konnten nicht näher an uns heran — wegen der Klippen. Die Fischer zogen uns in ihre Boote. Alle weinten und schrien. Wir, und auch die Fischer. Ein Junge ist gerettet worden, aber seine Eltern und sein Bruder sind ertrunken. Viele suchten ihren Mann, ihre Frau. Alle weinten und schrien.

Noch eine Woche, nachdem wir an Land waren, bin ich nachts aufgewacht und habe geglaubt, ich sei unter Wasser. Meine Frau hat sich an dem Tag, als ich sie in Tripoli nicht von ihrer Arbeit abholen kam, in ein Büro der UN gerettet. Am Telefon habe ich ihr sagen müssen, was passiert ist. Ich stand in einer Telefonzelle in Agrigento. Vor einem Jahr hat sie sich von mir scheiden lassen. Sie lebt jetzt in Kaduna und hat einen neuen Mann. Sie ist wieder schwanger.

Noch heute denke ich manchmal, eins von unseren Kindern käme plötzlich zur Tür herein.

Nach einer ziemlich langen Pause, in der die beiden Männer auf den schwarzen Fernseher starren, als wäre da irgendetwas zu sehen, sagt Richard:

Könntest du mir eine Skizze von dem Tor machen, das an dem Tag gerade fertig geworden ist?

Aber ja, sagt Raschid, you know, this was my work.

Und während er die ersten Linien auf den kleinen karierten Block zu zeichnen beginnt, den Richard ihm vom Schreibtisch geholt hat, sagt er:

You know — the measurement is always the first thing to do. Das Maßnehmen ist immer das erste, was man macht.

Dann zeichnet er, korrigiert, zeichnet weiter, bis Richard deutlich erkennen kann, wie das Tor ausgesehen hat, das Raschid für seinen letzten Auftrag in seinem Leben als Schlosser gebaut hat, und das sicher immer noch irgendein libysches Grundstück abschließt.

And in the end I put the design in the middle. Wenn du mich arbeiten sehen könntest, sagt Raschid, der Schlosser, den Richard, wie er jetzt merkt, mit vollem Recht immer den Blitzeschleuderer genannt hat, wenn du mich arbeiten sehen könntest, sähest du einen ganz anderen Raschid. A complete other Raschid. Weißt du, sagt er, Arbeiten ist für mich so natürlich wie Atmen.

42

Noch vor Silvester kehrt die polnische Pflegerin zu ihrer Arbeit bei Anne nach Berlin zurück.

Sie wäre gern noch ein paar Tage länger bei ihrer Familie in Polen geblieben, aber du weißt ja, sagt Anne, meine Mutter und Ali –

Ja, schade, sagt Richard.

Eigentlich war das Weihnachtsfest nett, sagt Anne. Ich schick dir mal ein Foto.

Abends dann sieht Richard auf seinem Computer das Bild: links neben dem Weihnachtsbaum die neunzigjährige Mutter von Anne, im Rollstuhl sitzend, eine Decke über den Knien, sie hält den Kopf schief, so dass man beinahe glauben könnte, sie blicke Ali, der rechts vom Weihnachtsbaum sitzt, durch ihre dicken Brillengläser aufmunternd an. Ali lächelt. Es sieht friedlich aus, dieses Weihnachtsarrangement mit dem schwarzen König aus dem Morgenland, genauso friedlich wie all die Fotos reinrassig deutscher Weihnachtsfeste, denen man ebensowenig ansieht, was vor oder nach dem Druck auf den Auslöser verschwiegen oder worum gestritten wurde.

Anne schreibt in der Mail, Ali habe ihr, als sie ihn einmal gefragt habe, warum er so gut Deutsch sprechen könne, zur Antwort gegeben: Die deutsche Sprache sei seine Brücke in dieses Land. Er hat tatsächlich Brücke in dieses Land gesagt, schreibt sie Richard. Er ist unglaublich talentiert, schreibt sie. Unter anderen Umständen würde er wahrscheinlich längst Medizin studieren.

In der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr kehren Monika und Jörg aus Italien zurück. Sie laden Richard, Detlef und Sylvia zum Kaffeetrinken ein, um ihre Fotos zu zeigen und von Florenz zu erzählen. Sie berichten von Giottos Turm, von Michelangelos schönem David, von den Weihnachtskrippen, die dort überall in den Kirchen aufgebaut sind: ganze Landschaften, wie bei der Modelleisenbahn! Sie berichten vom Essen: ein Restaurant mit vierzig verschiedenen Sorten Büffelmilchmozzarella! Und berichten vom Weihnachtsfest selbst, das vom Hotel wunderbar ausgerichtet worden ist: Und man hat um so viel weniger Arbeit! Lichterketten, mit denen ganze Straßenzüge geschmückt sind: Da wird einem vom Ansehen richtig schwindlig! Riesige Weihnachtsbäume: so fantasievoll geschmückt! Allerdings, sagen sie: so viele Afrikaner. Überall. Nach Arezzo, sagen sie, haben wir ein Mietauto genommen, Jörg wollte unbedingt die Fresken von Piero della Francesca sehen, eine schöne Fahrt durch die Toskana, dachten wir uns und haben extra die Landstraße genommen, es lag sogar Schnee. Aber wisst ihr, in der Mitte von Nirgendwo stehen da schwarze Frauen, Afrikanerinnen! am Straßenrand und bieten sich an. Mitten in der Landschaft, wo nie jemand vorbeifährt. In Stiefeln und so kurzen Jacken. Stehen da in der Kälte, im Schnee, und viele! Das war irgendwie unheimlich.

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