Herta Muller - Atemschaukel

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Atemschaukel: краткое содержание, описание и аннотация

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Herta Müllers Atemschaukel ist ein Ereignis. In einem überwältigenden, poetischen Roman erzählt sie vom Schicksal eines jungen Mannes aus Siebenbürgen im russischen Arbeitslager.
"Ich setzte mich an den Tisch und wartete auf Mitternacht. Und Mitternacht kam, aber die Patrouille hatte Verspätung. Drei Stunden mussten vergehen, das hielt man fast nicht aus. Dann waren sie da. Die Mutter hielt mir den Mantel mit dem schwarzen Samtbündchen. Ich schlüpfte hinein. Sie weinte. Ich zog die grünen Handschuhe an. Auf dem Holzgang, genau dort, wo die Gasuhr ist, sagte die Großmutter: ICH WEISS DU KOMMST WIEDER.
Ich habe mir diesen Satz nicht absichtlich gemerkt. Ich habe ihn unachtsam mit ins Lager genommen. Ich hatte keine Ahnung, dass er mich begleitet. Aber so ein Satz ist selbständig. Er hat in mir gearbeitet, mehr als alle mitgenommenen Bücher. ICH WEISS DU KOMMST WIEDER wurde zum Komplizen der Herzschaufel und zum Kontrahenten des Hungerengels. Weil ich wiedergekommen bin, darf ich das sagen: So ein Satz hält einen am Leben."

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Der Vorkriegsdünger war in Schichten zusammengebacken, transparent gelb, senfgrün und grau. Von ganz nah roch er bitter wie Alaun. Dem Alaunstein musste ich vertrauen, er war doch blutstillend. Manche Pflanzen wuchsen hier und aßen nur Alaun, blühten lila wie gestilltes Blut und hatten später braunlackierte Beeren, wie das getrocknete Blut der Erdhunde im Steppengras.

Zu den chemischen Substanzen gehört auch das Anthrazen. Es lag auf allen Wegen und fraß die Gummigaloschen. Anthrazen ist öliger Sand oder zu Sand kristallisiertes Öl. Wenn man drauftritt, wird es gleich wieder zu Öl, tintenblau, silbergrün wie zertretene Pilze. Anthrazen roch nach Kampfer.

Und manchmal roch trotz aller Duftstraßen und Fluchtwörter die PEK-Wanne mit ihrem Steinkohleteer. Seit meiner Tageslichtvergiftung fürchtete ich sie und war froh, dass es den Keller gab.

Es muss im Keller aber Substanzen geben, die man nicht sieht, nicht riecht und nicht schmeckt. Sie sind die hinterhältigsten. Weil man sie nicht merkt, kann ich ihnen keine Fluchtnamen geben. Sie verstecken sich vor mir und schicken die gesunde Milch vor. Einmal im Monat bekommen der Albert Gion und ich nach der Schicht gesunde Milch gegen die unsichtbaren Substanzen, damit wir langsamer vergiftet werden als Jurij, der Russe, mit dem Albert Gion vor meiner Tageslichtvergiftung im Keller war. Damit wir länger durchhalten, kriegen wir einmal im Monat am Pförtnerhäuschen der Fabrik einen halben Liter gesunde Milch ins Blechgeschirr. Es ist eine Gabe aus einer anderen Welt. Sie schmeckt nach dem, der man hätte bleiben können, wenn man nicht beim Hungerengel wäre. Ich glaube ihr, dass sie meinen Lungen hilft. Dass jeder Schluck das Gift vertilgt wie reiner Schnee, der alle Vergleiche übertrifft.

Alle, alle, alle.

Und ich hoffe alle Tage, dass sie einen ganzen Monat wirkt und mich beschützt. Ich trau mich nicht und sage es doch:

Ich hoffe, dass die frische Milch die unbekannte Schwester ist von meinem weißen Taschentuch. Und der fließende Wunsch meiner Großmutter. Ich weiß, du kommst wieder.

Wer hat das Land ausgetauscht

Drei Nächte hintereinander hat mich derselbe Traum heimgesucht. Ich bin auf einem weißen Schwein wieder durch die Wolken nach Hause geritten. Aber aus der Luft oben hatte das Land diesmal eine andere Form. Auch am Rand war kein Meer. Und in der Mitte keinerlei Gebirge, keine Karpaten. Ein flaches Land und darin kein einziger Ort. Überall nur wilder Hafer, schon herbstgelb.

Wer hat das Land ausgetauscht, fragte ich.

Der Hungerengel sah mich aus dem Himmel an und sagte: Amerika.

Und wo ist Siebenbürgen, fragte ich.

Er sagte: In Amerika.

Wohin sind die Leute, fragte ich.

Er sagte nichts mehr.

Auch in der zweiten Nacht sagte er nicht, wohin die Leute sind. Auch nicht in der dritten. Das ließ mir den ganzen nächsten Tag keine Ruhe. Der Albert Gion schickte mich nach der Schicht in die andere Männerbaracke zum Zither-Lommer. Er war fürs Traumdeuten bekannt. Er schüttelte dreizehn dicke weiße Bohnen in meiner Wattekappe, stülpte sie auf den Kofferdeckel und studierte die dreizehn Entfernungen untereinander. Dann die Wurmlöcher, Dellen und Kratzer auf jeder einzelnen Bohne. Zwischen der dritten und der neunten Bohne sei eine Straße und die Sieben sei meine Mutter, sagte er. Und die Zwei, Vier, Sechs und Acht seien Räder, aber kleine. Das Vehikel sei ein Kinderwagen. Ein weißer Kinderwagen. Ich widersprach, dass wir keinen Kinderwagen mehr zu Hause haben können, weil mein Vater ihn, gleich als ich laufen konnte, zum Einkaufswagen umgebaut hat. Der Zither-Lommer fragte, ob der umgebaute Kinderwagen weiß war, und zeigte mir an der Neun, dass im Wagen sogar ein Kopf mit einer blauen Haube liege, wahrscheinlich ein Junge. Ich setzte meine Mütze wieder auf und fragte, was er noch sieht. Er sagte: Sonst nichts. Ich hatte ein Stück gespartes Brot in der Jacke. Er verlangte nichts, weil es das erste Mal war, sagte er. Aber ich glaube, weil ich so niedergeschlagen war.

Ich ging in meine Baracke zurück. Über Siebenbürgen und Amerika und wohin die Leute sind, hatte ich gar nichts erfahren. Auch nichts über mich selbst. Ich dachte, schade um die Bohnen, vielleicht sind sie vom vielen Träumen hier im Lager abgenutzt. Man könnte daraus eine gute Suppe kochen.

Ich rede mir ja immer ein, dass ich wenig Gefühle habe. Wenn ich mir etwas zu Herzen nehme, ergreift es mich nur mäßig. Ich weine fast nie. Ich bin nicht stärker als die mit den nassen Augen, sondern schwächer. Sie trauen sich. Wenn man nur Haut und Knochen ist, sind Gefühle tapfer. Ich bin lieber feig. Der Unterschied ist minimal, ich nutze meine Kraft, um nicht zu weinen. Wenn ich mir mal ein Gefühl leiste, drehe ich den wunden Punkt um eine Geschichte, die trocken auf der Heimwehlosigkeit verharrt. Zum Beispiel auf dem Geruch von Maronen, also doch Heimweh. Aber dann sind es nur die k. u. k.-Maronen mit dem Geruch von frischem Leder, von denen mein Großvater mir erzählt hat. Als Matrose im Hafen von Pula hat er Maronen geschält und gegessen, bevor er mit dem Segelschiff Donau zur Weltumsegelung aufbrach. Demnach ist meine Heimwehlosigkeit das erzählte Heimweh meines Großvaters, mit dem ich das hiesige Heimweh zähme. Also, wenn ich mal ein Gefühl habe, ist es ein Geruch. Der Wortgeruch von den Maronen oder von dem Matrosen. Mit der Zeit wird jeder Wortgeruch taub wie die Bohnen vom Zither-Lommer. Man kann zum Monstrum werden, wenn man nicht mehr weint. Was mich davon abhält, falls ich es nicht längst schon bin, das ist nicht viel, höchstens der Satz: Ich weiß, du kommst wieder.

Ich habe meinem Heimweh schon lange trockene Augen beigebracht. Und jetzt möchte ich noch, dass mein Heimweh auch herrenlos wird. Dann sieht es nicht mehr meinen Zustand hier und fragt nicht mehr nach denen von Zuhause. Dann sind auch in meinem Kopf keine Personen mehr daheim, nur noch Gegenstände. Dann schiebe ich sie auf dem wunden Punkt hin und her, wie man die Füße schiebt bei der Paloma. Gegenstände sind klein oder groß, manche vielleicht viel zu schwer, aber sie haben ein Maß.

Wenn mir das auch noch gelingt, ist mein Heimweh nicht mehr empfänglich für Sehnsucht. Dann ist mein Heimweh nur der Hunger nach dem Ort, wo ich früher einmal satt war.

Kartoffelmensch

Zwei Monate habe ich im Lager zusätzlich zum Kantinenfraß Kartoffeln gegessen. Zwei Monate gekochte Kartoffeln mit strenger Einteilung, mal als Vorspeise, mal als Hauptgang, mal als Dessert.

Die Vorspeise waren geschälte Kartoffeln mit Salz gekocht und wildem Dill bestreut. Die Schalen habe ich aufgehoben, denn am nächsten Tag gab es den Hauptgang aus gekochten Kartoffelwürfeln mit Nudeln. Die Kartoffelschalen vom Vortag zusammen mit den frischgeschälten waren meine Nudeln. Und als Dessert gab es am dritten Tag ungeschälte Kartoffeln, in Scheiben geschnitten und auf dem Feuer geröstet. Dann wurden noch geröstete Kerne vom wilden Hafer und ein bisschen Zucker draufgestreut.

Ich hatte mir von der Trudi Pelikan ein halbes Maß Zucker und ein halbes Maß Salz geliehen. Wie wir alle dachte auch die Trudi Pelikan nach dem dritten Frieden, dass wir bald nach Hause dürfen. Den Glockenschnittmantel mit den schönen Pelzmanschetten tauschte ihr Bea Zakel auf dem Basar für fünf Maß Zucker und fünf Maß Salz. Das Geschäft mit dem Damenmantel war besser gelaufen als der Tausch meines Seidenschals. Den trug Tur Prikulitsch noch immer beim Appell. Nicht mehr ständig. In der Sommerhitze gar nicht, seit Herbst aber wieder alle paar Tage. Und ich fragte Bea Zakel alle paar Tage, wann ich von ihr oder von Tur etwas dafür bekomme.

Nach einem Abendappell ohne Seidenschal bestellte Tur Prikulitsch mich, meinen Kellerkumpan Albert Gion und den Advokaten Paul Gast in seine Dienststube. Tur stank nach Zuckerrübenschnaps. Nicht nur seine Augen, auch sein Mundwerk schien geölt. Er strich Rubriken auf der Liste durch, füllte andere mit unseren Namen und erklärte, dass der Albert Gion morgen nicht in den Keller muss und ich nicht in den Keller muss und der Advokat nicht in die Fabrik muss. In seine Rubriken hatte er gerade eben etwas anderes eingetragen. Wir waren alle miteinander verwirrt. Tur Prikulitsch begann von vorn und erklärte wieder, dass der Albert Gion morgen wie immer in den Keller muss, aber nicht mit mir, sondern mit dem Advokaten. Als ich fragte, warum nicht mit mir, ließ er die Augenlider halb herunter und sagte: Weil du morgen früh um Punkt sechs auf den Kolchos gehst. Ohne Gepäck, abends kommst du zurück. Als ich fragte, wie, sagte er: Na wie, zu Fuß. Rechter Hand kommen drei Abraumhalden, an die hältst du dich. Linkerhand kommt dann der Kolchos.

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