Als Chefkommissar Selvano wenig später diesen Bericht in seiner Lissaboner Illustrierten las, wurde er zunächst ganz still und nachdenklich, dann schämte er sich und rief Primo Galbez an.
»Galbez«, sagte er mit leiser Stimme. »Haben Sie den Bericht von Pieter van Brouken gelesen?«
»Ja, Chef.« Weiter sagte Primo Galbez nichts. Doch dieses »Ja, Chef«, sagte Selvano mehr als alle anderen Worte.
»Ich habe Ihnen vieles abzubitten, Galbez«, sagte er deshalb nach einer Weile. »Sie hatten recht mit Ihrem Verdacht. Sie hatten recht mit den vertauschten Vornamen, Sie hatten in allem recht! Galbez - Sie verdammte Spürnase -, ich werde Sie noch heute zum Kommissar vorschlagen. - Und vergessen Sie manches harte Wort, das ich mit Ihnen über diesen Fall sprach.« Dann hängte er schnell ein.
Unterdessen lag Pieter van Brouken am Strand der Nordsee, spielte in dem weißen, heißen Sand der Dünen und tollte mit Fietje durch das Watt, wenn die See bei Ebbe den langen Streifen der mit Muscheln und Quallen übersäten Schlammfelder freigab.
Abends saßen dann Pieter und Antje eng umschlungen im Strandkorb am rauschenden Meer und schauten hinaus in die Unendlichkeit der flimmernden Weite.
»Es ist herrlich, wieder bei dir zu sein«, sagte Pieter leise und drückte Antjes blonden Lockenkopf fest an seine braune Brust. »Es ist so herrlich, dich zu fühlen. Und das alles soll ich sieben Jahre lang vergessen haben? Ich kann es nicht glauben, Antje ... «
»Du sollst nicht mehr daran denken«, sagte sie und streichelte ihn über die Augen, als wolle sie ihm die suchenden Gedanken wegwischen. »Du bist ja wieder da, und ich bin bei dir, immer, Pieter, und du wirst auch nicht wieder weggehen, weil ich dich fest, ganz fest halten werde ...«
Damit drückte sie ihn an sich, so, als könne er ihr wieder entlaufen, und küßte ihn auf seine zuckenden Lippen. »Du hast geträumt, Pieter, einen langen, bösen Traum, und es ist gut, daß du vergessen hast, was du träumtest ... Sieh, wie das Meer leuchtet und flimmert, als wäre es aus lauter Silber. Und dort, das Schiff ... siehst du das Schiff, Pieter ...? Wie hell es erleuchtet ist. Dort fahren viele Menschen in die Welt, aber ich möchte nicht mit ihnen tauschen, ich möchte nicht mit ihnen fahren ... wenn ich dich habe ...«
Und sie küßte ihn wieder und lehnte die blonden Locken an seine Brust und träumte mit ihm am Rand des Meeres bis in die
Nacht hinein. Erst als der kalte Nachtwind vom Meer herüber über die Dünen wehte, gingen sie über das harte Gras den kleinen, strohgedeckten Fischerhütten zu.
Langsam gingen sie, eng aneinandergeschmiegt, Hand in Hand - Antjes blonde Locken flatterten im kühlen Wind und spielten Pieter über die Augen.
Ein Mann ging in sein Leben zurück.