John Jakes - Liebe und Krieg

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Ein Drama aus Blut und Tränen, Haß und Verrat, Leid und Tod – nur wenig gemildert durch Liebe und Leidenschaft, Hingabe und Treue – nimmt seinen Lauf, als der schwelende Konflikt in der Sklavereifrage sich zum offenen Krieg zwischen den Süd- und den Nordstaaten entzündet. Amerika erlebt den blutigen Bürgerkrieg, muß Hunderttausende von Toten beklagen, fast jede Familie erleidet Entsetzliches. Mitbetroffen sind auch die Familien von Orry Main, dem Plantagenbesitzer aus dem Süden, und George Hazard, dem Großindustriellen aus dem Norden. Auf Gedeih und Verderb ist das Schicksal der Mains mit dem der Hazards verbunden, verketten unlösbare Bande die Familien, die alle Stadien des Kriegsverlaufes durchmachen: die anfängliche Begeisterung, die Zermürbung und Enttäuschung, das Elend und das Entsetzen vor dem, wozu Menschen fähig sind. Und schließlich das Ende des Krieges mit dem Zusammenbruch des Südens, eines Zusammenbruchs, der kein strahlender Sieg und auch kein folgenloser Triumph des Nordens sein wird …
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1984 unter dem Titel »Love and War« bei Harcourt Brace Jovanovich, Publishers, San Diego, New York, London
© 1984 by John Jakes
© 1986 der deutschsprachigen Ausgabe

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»Nein, das brauchst du nicht. Was du sagtest, war – «, wie schwer, sowas auszusprechen, »– lieb.« Sie neigte den Kopf, und ihre Lippen streiften seine Wangen. Noch nie war sie so kühn gewesen; sie war nun ebenso verlegen wie Andy. »Es ist kalt. Wir sollten gehen.«

»Darf ich dich begleiten?«

»Gern.«

Schweigend legten sie die dreiviertel Meilen zu den Hütten zurück. Mit merkwürdig erstickter Stimme sagte Andy: »Gute Nacht, Miss Jane.« Ohne anzuhalten, steuerte er auf seine eigene Hütte zu. Ein letzter Satz trieb zu ihr herüber. »Hoffentlich hab’ ich dich nicht zu wütend gemacht.«

Nein, aber er hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Mächtig sogar. Still und heimlich hatte sie ein romantisches Interesse an Andy entwickelt. Mein Gott, nach den vergossenen Tränen bei der Beerdigung war sie sich ihres nächsten Schrittes ganz sicher gewesen. Jetzt war sie vollkommen durcheinander und –

»Bloß der Nigger vom Boß ist wohl gut genug für dich, huh?«

»Wer ist da?«

Erschreckt von der Stimme aus der Dunkelheit schaute sie sich suchend um; eine Gestalt löste sich von einer dunklen Veranda zu ihrer Linken. Cuffey kam auf sie zugeschlendert.

»Wirst schon wissen, wer.« Er stieß einen angsteinflößenden kleinen Zischlaut aus. »Ich war mal Vorarbeiter. Bin ich damit gut genug für ‘nen Mondscheinspaziergang? Ich weiß, wie man ‘nem Mädel was Gutes tut. Hab’s gelernt, seit ich neun oder zehn war.«

Sie machte einen Bogen um ihn. Er umklammerte ihren Unterarm so fest, daß es schmerzte. »Hab’ dich was gefragt. Bin ich gut genug für dich oder nicht?«

Jane bemühte sich, ihre Furcht zu verbergen. »Nichts auf dieser Welt könnte dich gut genug machen. Du läßt mich jetzt los, oder ich kratz dir die Augen aus, und dabei kann ich auch gleich nach Mr. Meek rufen.«

»Meek wird sterben.« Cuffey schob sein Gesicht dicht an das ihre. »Er und all die Weißen, die uns unser Leben lang getreten und geschlagen und rumkommandiert haben. Ihre Niggerlieblinge werden auch sterben. Also, du Hündin, überleg dir, auf welche Seite du – «

»Laß los, du ignoranter, stinkender Wilder. Ein Mann wie du verdient die Freiheit nicht. Auf dich kann man nur spucken, zu was anderem taugst du nicht.«

Auf dunklen Veranden saßen Zuhörer. Eine Frau kicherte, ein Mann lachte laut heraus. Cuffey wirbelte nach links herum, dann nach rechts, auf der Suche nach den unsichtbaren Spöttern. Jane riß sich los, rannte in ihre Hütte und blieb keuchend mit dem Rücken gegen die Tür stehen.

Sie beschloß, die Lampe brennen zu lassen. In der Flamme sah sie die Gesichter zweier Männer. Sie würde so bald wie möglich von hier fortgehen.

Morgen.

Das Krähen der Hähne weckte sie am nächsten Morgen nach einer Nacht voller unruhiger Träume. Tante Belle hatte den Träumen immer Bedeutung zugemessen, obwohl man hart arbeiten mußte, um sie wirklich zu durchschauen. Jane machte sich ans Werk und hatte nach einer Stunde einen Entschluß gefaßt.

Zu bleiben würde schwerer werden als wegzugehen. Aber trotz Cuffey: Sie würde auch ihren Lohn empfangen; sie konnte ihre eigenen Leute auf den Tag der Befreiung vorbereiten, an die sie so sicher glaubte.

Und dann war da noch Andy. Doch auch ohne ihn mußte sie dem Ruf ihres Gewissens folgen. Sie zog sich an, richtete ihr Haar und eilte, auf der Suche nach Madeline, zu dem großen Haus.

Orrys Frau frühstückte gerade. »Setz dich, Jane. Magst du etwas Biskuit und Marmelade? Tee?«

Die Einladung, mit der weißen Herrin den Tisch zu teilen, machte sie sprachlos. Sie dankte Madeline, setzte sich ihr gegenüber, aß aber nichts. Sie fing den empörten Blick des Hausmädchens auf, das in die Küche zurückkehrte.

»Ich wollte über meine Abreise reden, Miss Madeline.«

»Ja, das dacht’ ich mir. Wird es bald sein? Wann immer du gehst, ich werde dich vermissen. Viele andere auch.«

»Darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Ich hab’ mir’s anders überlegt. Ich würde gerne noch eine Weile in Mont Royal bleiben.«

»Oh, Jane – das würde mich sehr glücklich machen. Du bist eine intelligente junge Frau. Ich hoffe, Ende des Monats nach Richmond aufbrechen zu können. Dann könntest du Mr. Meek eine große Hilfe sein.«

»Ich möchte meinen eigenen Leuten helfen. Sie müssen bereit sein, wenn die Befreiung kommt.«

Madelines Lächeln verschwand. »Du glaubst, der Süden wird verlieren?«

»Ja.«

Madeline warf einen vorsichtigen Blick zur Küchentür. »Ich gestehe, ich befürchte das auch, obwohl ich es nicht zuzugeben wage, weil es Meeks Autorität zerstören würde. Und Gott allein weiß, wie mein Mann die Plantage hier leiten will, ohne – «

Sie brach ab, suchte Janes Blick. »Ich habe zuviel gesagt. Ich muß dir vertrauen, daß du nichts davon weitererzählst.«

»Das werd’ ich nicht.«

»Wie, glaubst du, könntest du deinen Leuten helfen?«

Es war zu früh, von Unterricht zu sprechen; ein erstes Zugeständnis mußte erreicht werden. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich kenn’ einen Ort, wo ich nach der Antwort suchen könnte. Ihre Bibliothek. Ich hätte gern Ihre Erlaubnis, mir dort Bücher auszuleihen.«

Mit einem winzigen Löffel tippte Madeline gegen den Goldrand ihrer Teetasse. »Du weißt, daß das gegen das Gesetz verstößt?«

»Ja.«

»Was hoffst du, in Büchern zu finden?«

»Ideen – Möglichkeiten, den Leuten auf dieser Plantage zu helfen.«

»Jane, wenn ich dir die Erlaubnis dazu geben und irgend jemand, Weiß oder Schwarz, kommt dadurch zu Schaden, dann bekommst du es nicht mit Mr. Meek zu tun. Das erledige ich dann mit meinen eigenen Händen. Ich dulde nicht, daß Unruhe oder Gewalt gesät wird.«

»Das würde ich nicht tun.« Ihren restlichen Gedankengang behielt Jane für sich: Aber ein anderer vielleicht schon.

Madeline blickte sie fest an. »Ich nehme das als weiteres Versprechen.«

»Das können Sie. Und das erste gilt auch noch. Ich werde keinen der Leute ermutigen, wegzurennen.«

»Du bist eine sehr offene junge Frau«, sagte Madeline; es war alles andere als eine Verurteilung. Sie erhob sich. »Komm mit.«

Jane folgte ihr zum sonnenbeschienenen Foyer. Madeline griff nach den Klinken der Bibliothekstüren. »Dafür könnte ich ausgepeitscht und aus diesem Staat gejagt werden.« Aber es schien sie mit Stolz zu erfüllen, die Türen aufzustoßen und zur Seite zu treten.

Langsam ging Jane hinein. Madeline folgte ihr und schloß lautlos die Türen.

»Ideen haben mir nie Angst eingejagt, Jane. Sie sind die Erlösung und Rettung dieses Planeten. Lies von all dem soviel, wie du willst.«

Lederner Duft stieg von den Regalen auf, in denen keine einzige freie Stelle zu finden war. Jane hatte das Gefühl, in einer Kathedrale zu sein. Sie blieb weiter schweigend stehen, wie ein Bittsteller. Dann legte sie den Kopf etwas zurück und hob den Blick zu den Büchern, zu all den Büchern; ein inneres Leuchten ließ ihr Gesicht erstrahlen.

45

»George, du darfst nicht so toben. Du wirst noch einen Schlaganfall kriegen.«

»Aber – aber – «

»Rauch eine Zigarre. Ich gieße dir einen Whiskey ein. Es ist jeden Abend dasselbe. Du kommst wütend heim. Die Kinder haben es auch schon bemerkt.«

»Nur eine Statue könnte in diesem Saustall ruhig bleiben.« Er riß sich den Uniformkragen auf und stampfte zum Fenster, wo die Schneeflocken an der Scheibe schmolzen. »Weißt du, womit ich den Nachmittag verbracht habe? Ich hab’ diesem Schwachkopf aus Maine zugesehen, wie er seinen Wassertreter vorführte: unter je einen Schuh ein kleines Kanu. Genau das Richtige für die Infanterie! Über die Flüsse von Virginia im Stil der Bibel!«

Constance hielt sich eine Hand vor den Mund. George drohte ihr mit dem Finger. »Wage nicht zu lachen. Was noch schlimmer ist, im letzten Monat hatte ich es mit vier Erfindern von Wassertretern zu tun.«

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