John Jakes - Liebe und Krieg

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Ein Drama aus Blut und Tränen, Haß und Verrat, Leid und Tod – nur wenig gemildert durch Liebe und Leidenschaft, Hingabe und Treue – nimmt seinen Lauf, als der schwelende Konflikt in der Sklavereifrage sich zum offenen Krieg zwischen den Süd- und den Nordstaaten entzündet. Amerika erlebt den blutigen Bürgerkrieg, muß Hunderttausende von Toten beklagen, fast jede Familie erleidet Entsetzliches. Mitbetroffen sind auch die Familien von Orry Main, dem Plantagenbesitzer aus dem Süden, und George Hazard, dem Großindustriellen aus dem Norden. Auf Gedeih und Verderb ist das Schicksal der Mains mit dem der Hazards verbunden, verketten unlösbare Bande die Familien, die alle Stadien des Kriegsverlaufes durchmachen: die anfängliche Begeisterung, die Zermürbung und Enttäuschung, das Elend und das Entsetzen vor dem, wozu Menschen fähig sind. Und schließlich das Ende des Krieges mit dem Zusammenbruch des Südens, eines Zusammenbruchs, der kein strahlender Sieg und auch kein folgenloser Triumph des Nordens sein wird …
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1984 unter dem Titel »Love and War« bei Harcourt Brace Jovanovich, Publishers, San Diego, New York, London
© 1984 by John Jakes
© 1986 der deutschsprachigen Ausgabe

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Orry klopfte mit seinem langen Finger auf den Tisch. Was wollte diese attraktive Frau? Sie war von einer eisernen, verzweifelten Entschlossenheit beseelt. Das hatte er sofort an ihrer Haltung, ihren Augen, ihrer beherrschten Stimme erkannt.

»Powell«, sagte er. »Ich glaube, den Namen habe ich schon gehört. Spekulant, nicht wahr?«

»Von Berufs wegen. Nebenbei beschäftigt er sich mit Verrat.« Schnell erzählte sie den Rest. Powells Bande sammelte und lagerte Waffen auf der Farm bei Wilton Bluffs. Mit ihrem Fingernagel berührte sie ein Quadrat direkt neben der Klippe. »Dies hier war einst der Geräteschuppen. Auf dieser Seite führt ein Steilabhang fast senkrecht zum James, aber durch dieses Feld kann man sich dem Schuppen ungefährdet von Norden her nähern. Oder womöglich – «

»Einen Moment, bitte. Ich unterbreche Sie ungern, aber bevor Sie fortfahren, müssen Sie mir etwas über die Absichten dieser Bande erzählen. Es ist nicht illegal, Waffen zu besitzen oder zu lagern.«

»Diese Bande hat die Absicht«, sagte sie, »Präsident Davis und ein oder mehrere Mitglieder seines Kabinetts zu ermorden.«

Orry lachte nicht, nachdem seine Verblüffung verflogen war. »Mrs. Halloran, bei allem Respekt vor ihrem Patriotismus, der sie her geführt hat, haben Sie eine Ahnung, wieviele Meldungen über Morddrohungen gegen Mr. Davis wöchentlich hier eingehen?«

»Daran kann ich nichts ändern. Meine Information ist korrekt. Wenn Sie dieses Gebäude durchsuchen, dann garantiere ich Ihnen, Sie werden Gewehre, Revolver, Höllenmaschinen – «

»Bomben?« Das schreckte ihn auf; es war nicht typisch. »Was für ein Typ? Wie werden sie eingesetzt?«

»Das weiß ich nicht. Aber ich versichere, daß es explosive Sachen auf dem Gelände gibt. Vielleicht erwischen Sie dabei auch gleich die Verschwörer. Sie treffen sich häufig.«

»Wann soll der Anschlag ausgeführt werden?«

»Das konnte ich nicht in Erfahrung bringen.«

Er räusperte sich. »Ich bezweifle Ihre Angaben nicht im geringsten. Nichtsdestoweniger wäre es ungemein hilfreich, wenn ich eine Ahnung hätte, wie Sie an diese Information gelangt sind.«

»Das meiste davon habe ich selbst gesammelt. Eine Person meines Vertrauens hat weitere Details hinzugefügt – zum Beispiel die nächtliche Beobachtung der Farm. Mehr kann ich dazu nicht sagen, es ist eine vertrauliche Angelegenheit. Weshalb spielen solche Details eine Rolle? Was wirklich zählt, ist doch der Plan. Das Komplott!«

»Da stimme ich Ihnen bei. Erlauben Sie mir eine andere Frage.«

Der plötzlich maskenhafte Ausdruck ihrer Augen erinnerte ihn an jemanden, an den er lange nicht mehr gedacht hatte: Elkanah Bent. »Bitte.«

»Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, daß der Chef der Militärpolizei der richtige Mann für das ist, was Sie mir eben erzählt haben? Oh, vielleicht haben Sie bereits – «

»Nein.« Sie machte ein Gesicht, als hätte sie in verdorbenes Fleisch gebissen. »Ich bin General Winder nie begegnet, aber ich verachte ihn wie jeder gerecht denkende Bürger. Die Zivilbevölkerung hat nicht genügend Nahrungsmittel, und er beharrt auf seiner lächerlichen Preispolitik, mit der er die Farmer verärgert und die Situation nur verschlimmert. Ich würde niemals mit einem Mann zu tun haben wollen, der unserer Sache soviel Schaden zugefügt hat wie irgendein General der anderen Seite.«

Mit dieser Meinung stand Mrs. Halloran nicht allein. Es hörte sich überzeugend an.

»Gibt es noch etwas?«

»Keine weiteren Fakten, Colonel. Nur dies noch: Ich verspreche Ihnen, Sie werden sehen, daß jedes meiner Worte wahr ist, wenn Sie Nachforschungen anstellen. Falls Sie nicht nachforschen, meine Worte nicht beachten, aus was für Gründen auch immer, dann wird der Tod des Präsidenten auf Ihrem Gewissen lasten.«

»Das ist eine schwere Bürde.« Zum erstenmal klang er unfreundlich.

»Jetzt ist es Ihre Bürde, Colonel. Guten Tag.«

»Einen Moment.«

Sie hatte sich bereits halb vom Stuhl erhoben. »Wir sind noch nicht fertig. Ich werde Sie zu einem meiner Angestellten bringen. Sie müssen ihm Ihren vollen Namen, Ihren Wohnsitz und andere sachdienliche Informationen geben. Das ist die übliche Routine für jedermann, der dem Kriegsministerium behilflich ist.«

Sie lächelte. »Ich danke Ihnen, Colonel. Ich werde Ihnen voll und ganz zur Verfügung stehen, so lange ich dabei anonym bleiben kann.«

»Ich werde mein Bestes tun, Ihren Wunsch zu respektieren, aber versprechen kann ich Ihnen nichts.«

Sie zögerte, dachte an Powell, murmelte: »Ich verstehe. Ich bin mit den Bedingungen einverstanden. Was werden Sie zuerst unternehmen?«

»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Aber ich versichere Ihnen eines: Ihre Aussagen werden bestimmt nicht ignoriert werden.«

Sie sah den eisernen Vorhang, der sich vor seine Augen schob, und wußte, daß weitere Fragen zwecklos waren. Es spielte keine Rolle. Sie hatte die Maschinerie in Bewegung gesetzt. Powell war erledigt.

»Natürlich habe ich ihr gesagt, daß ihre Aussagen nicht ignoriert würden«, erklärte er Madeline an diesem Abend. »Was sonst könnte ich jemandem sagen, der vorgibt, vollkommen aufrichtig zu handeln.«

Madeline erfaßte die Bedeutung des Wortes ›vorgibt‹. Er fuhr fort: »Ich habe sie über den nächsten Schritt nicht informiert, weil ich ihn verdammt noch mal selbst nicht kenne. Auch jetzt noch nicht. Ich glaube, sie will mit jemandem abrechnen. Wahrscheinlich mit Powell. Was mich dabei stört: Warum sollte sie so viele konkrete Details erfinden, wenn doch vollkommen klar ist, daß man ihr dabei sofort auf die Schliche kommt? Ist sie dumm? Nein. Diese Geschichte ist vielleicht ihre Form der Rache, aber möglicherweise stimmt die Geschichte trotzdem.«

»Powell«, wiederholte Madeline. »Der gleiche Powell, der Ashtons Investitionspartner war?«

»Genau der.«

»Falls eine Verschwörung existiert, könnte sie darin verwickelt sein?«

Orry überlegte einen Moment. »Nein, ich glaube nicht. Ashton ist unserer Sache gegenüber nicht gerade fanatisch eingestellt. Ashton hat niemals was von Selbstaufopferung gehört, und wenn, dann hat sie höchstens darüber gelacht. Ashton sorgt sich ausschließlich um Ashton.«

Sie nickte. »Beunruhigt dich noch etwas anderes?«

»Ja. Was mich beunruhigt, sind diese verdammten Details. Wir hören von einer Verschwörung nach der anderen, aber selten erfahren wir etwas Genaueres. Hier wird das Zentrum der Verschwörung genau festgenagelt. Sie zeichnete eine Karte, die ich in meinen Schreibtisch eingeschlossen habe. Ein letztes Detail stört mich am allermeisten.«

»Und?«

»Bomben. Es ist das erstemal, daß ich in Verbindung mit Meuchelmord von Höllenmaschinen höre. Messer, Pistolen, ja. Aber keine Bomben.«

Die Hand hebend, schob Orry langsam Daumen und Zeigefinger zusammen. »Das ist genau die winzige Kleinigkeit, die mir eine Gänsehaut verursacht – dazu hätte es des Hinweises gar nicht bedurft, daß ich es auf dem Gewissen habe, wenn etwas passiert, weil ich nichts unternommen habe.«

»Wirst du zum Minister gehen?«

»Jetzt noch nicht. Und zu Winder auch nicht. Aber vielleicht fahre ich bald schon mal allein den Fluß runter.«

Sie kniete neben ihm nieder, legte ihre Wange an seinen rechten Ärmel. »Wenn du das tust – es könnte gefährlich werden.«

»Es könnte katastrophal werden, wenn ich es nicht tue.«

97

»Und dann – «

Charles unterbrach seine Geschichte, um an seiner Zigarre zu paffen. Der Qualm war fast zuviel für Gus. Sie schob sich zur Seite, fort von seiner nackten Hüfte, und zog die leichte Decke höher über ihren Bauch. Das Glühen der Zigarre verblaßte, die bleiche Fläche von Charles’ Brust verschwand in der Dunkelheit.

»Hugh Scott und Dan und ich schoben einige Stämme in den Fluß. Wir klammerten uns dran und paddelten rüber. Das Wasser war eiskalt, und die Dunkelheit machte es noch schlimmer.« Er sprach ruhig, nachdenklich, fast so, als wäre er mit seinen Gedanken alleine; was in gewissem Sinne nicht weit von der Wahrheit entfernt war.

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