Achten Sie darauf, dass Sie bei den Freunden nicht nach einer Bestätigung suchen, dass er doch wieder zurückkommen wird.
3. Vermeiden Sie es, Kontakt mit dem Partner aufzunehmen, um ihn zurückzugewinnen.
Weder Wäschewaschen noch die Krankheit des Partners sind ein zwingender Grund, ihn zu sehen. Falls Sie sich dennoch entscheiden, ihn zu treffen, vermeiden Sie es, nach Anzeichen für die noch existierende Liebe zu schauen. Ist Ihr Partner besonders nett zu Ihnen (sei es aus Mitleid oder aufgrund von Schuldgefühlen), bekommt Ihre Hoffnung auf Versöhnung neue Nahrung. Ist Ihr Partner hart und abweisend, fühlen Sie sich verletzt. Zur Loslösung von Ihrem Partner ist es hilfreich, wenn Ihr Partner Ihnen sehr konsequent und deutlich immer wieder verbal und nonverbal mitteilt, dass die Partnerschaft zu Ende ist – auch wenn es weh tut. Ob Ihr Partner das kann, hängt davon ab, wie stark seine Schuldgefühle Ihnen gegenüber sind.
4. Lesen Sie die folgenden Fragen zunächst einmal durch. Sie sollen Ihnen helfen, Ihren Blick darauf zu lenken, wie die Partnerschaft tatsächlich war.
• Hatten wir Vertrauen zueinander?
• War ich bereit, den Partner so zu akzeptieren, wie er war?
• Habe ich mich von meinem Partner akzeptiert gefühlt?
• Hatten wir gemeinsame Interessen, Hobbies und Lebenseinstellungen?
• Konnten wir über Konflikte und unterschiedliche Meinungen reden?
• Konnte ich mich persönlich entfalten?
• Hatten wir gemeinsame Freunde?
• Einigten wir uns bei unterschiedlichen Ansichten auf Kompromisse?
• Konnte ich mich auf den Partner verlassen?
• Erlaubten wir uns gegenseitig Zeit, für uns alleine zu sein?
• Wenn wir ärgerlich aufeinander waren, sprachen wir darüber, versteckten wir den Ärger oder versuchten wir, uns gegenseitig zu verletzen?
• Fühlte ich mich den überwiegenden Teil der Zeit in der Partnerschaft wohl?
Nehmen Sie nun Ihr Tagebuch zur Hand und lassen Sie Ihre Partnerschaft noch einmal anhand dieser Fragen an sich vorüberziehen. Vielleicht können Sie dabei erkennen, wie sehr die Partnerschaft doch schon gestört war. Die meisten Menschen neigen nämlich dazu, die Partnerschaft zu diesem Zeitpunkt zu idealisieren und sich dadurch den Abschied noch schwerer zu machen. Je stärker man etwas als positiv und einzigartig ansieht, desto schwerer fällt es, das aufzugeben.
Vielleicht ertappen Sie sich auch dabei, alles doch nicht als negativ sehen zu wollen. „Wir hatten zwar wenig gemeinsame Zeit, aber …“ . Das ist die Stimme, die verleugnen und nicht wahrhaben will. Wenn Sie Traurigkeit oder auch Wut verspüren, dann haben Sie schon einen Schritt in die nächste Phase gewagt.
5. Sie können Ihren Fortschritt überprüfen, indem Sie sich die Fragen am Anfang des Kapitels nochmals vornehmen.
Je mehr Fragen Sie mit „nein“ oder „seltener“ beantworten können, desto mehr haben Sie schon gelernt, die Trennung anzunehmen.
4 Phase II: Aufbrechende Gefühle
mein leben
ist auseinandergefallen
wie ein sorgfältig aufgeschichteter holzstoß gefühle
in eine form gepresst
liegen alle kreuz und quer
Wenn wir unsere Gefühle nicht unterdrücken oder durch Alkohol, Medikamente und Essen betäuben, dann kommen wir beim Bewusstwerden der Trennung mit unseren negativen Gefühlen in Berührung. Nur Menschen, die sich bereits in der noch bestehenden Partnerschaft innerlich vom Partner losgelöst haben, können nach der Trennung relativ ruhig bleiben.
Die meisten Menschen verspüren nach der Trennung Angst, Wut, Hass, Depressionen, Minderwertigkeits-, Einsamkeits- und Schuldgefühle sowie eine Vielzahl körperlicher Reaktionen.
Im Folgenden möchte ich auf die einzelnen Gefühlsreaktionen ausführlicher eingehen. Suchen Sie sich diejenigen Abschnitte über die Gefühle heraus, die Sie gerade am stärksten verspüren. Ich werde Ihnen dabei helfen, Ihre Gefühle zu verstehen und besser mit ihnen umzugehen. Jedes Gefühl, das Sie verspüren, hat seine Berechtigung und eine Botschaft für Sie.
Die Wurzel der einzelnen Gefühle liegt in Ihren mehr oder weniger bewussten Einstellungen. Lassen Sie sich nicht von Ihren Gefühlen erschrecken. Häufige Gefühlsschwankungen sind in dieser Phase II völlig normal. Sie zeigen den Fortschritt von Phase I zu Phase II an. Diese Gefühle machen Sie darauf aufmerksam, dass sich etwas Grundsätzliches in Ihrem Leben verändert hat – Ihr Partner hat sich von Ihnen getrennt und Sie lassen diese Tatsache innerlich zu.
Es wird Augenblicke geben, in denen Sie glauben, alles im Griff zu haben, und Augenblicke, in denen Sie scheinbar die Kontrolle über sich und Ihre Gefühle verlieren. Alles scheint in Ihnen „verrückt“ zu spielen. Sie sehen sich vielleicht schon im „Irrenhaus“. Sie haben „das Gefühl, allem und jedem ausgeliefert zu sein“. Sie fühlen sich gereizt, verwundbar und hilflos umhertreibend wie ein Schiff ohne Ruder.
Die Phase II ist die schwierigste Etappe auf Ihrem Weg zum Gipfel. Nachdem Sie nun die Hoffnung auf Versöhnung aufgegeben haben, treffen Sie die schmerzlichen Gefühle mit voller Wucht. Viele Menschen bleiben auf dieser Strecke hängen. Sie werden chronisch depressiv oder zum „Menschenhasser“. Haben Sie den Mut, weiterzuklettern.
Sie können es schaffen, diese Etappe durchzustehen, wenn Sie die folgenden Kapitel sorgfältig lesen und bearbeiten. Wir werden mit den Gefühlen von Schmerz und Verzweiflung beginnen, weil die meisten Menschen diese bei einer Trennung zunächst am stärksten verspüren. Im Verlauf der zweiten Phase werden aber auch Wut- und Hassgefühle aufkommen – wenngleich Sie das im Augenblick vielleicht noch für absolut ausgeschlossen halten.
Vielleicht gleiten Sie auf Ihrem Weg auch noch ein paar Mal zurück in die Phase I, wenn beispielsweise Ihr Partner Sie an Ihrem Geburtstag anruft oder Ihnen über Freunde einen Gruß ausrichten lässt. Dann wird ein kleines Fünkchen Hoffnung zu keimen beginnen – denn Sie sind noch nicht so weit auf Abstand, um dagegen immun zu sein. Ihre Gedanken können sich noch einfacher auf die alten Wünsche und Pläne konzentrieren, als auf neue Ziele richten. Sie werden wieder in die zweite Phase aufsteigen, wenn es bei dem Gruß oder der Freundlichkeit bleibt, wenn Sie gar einen Brief vom Anwalt ins Haus geflattert bekommen oder ihn mit einem neuen Partner sehen.
Halten Sie sich vor Augen: Ihr Partner will nur Freundschaft und keine Schuldgefühle haben. Er will nicht mehr zu Ihnen zurück.
„Es ist alles aus. Nie mehr werde ich glücklich sein.“
blick aus meinem fenster
zerbrochener mond
im müden blau des frühen abends
wünsche ziehen vorüber
tränen fallen auf den boden
zubetoniert
mich erschlägt die erinnerung an dich
Ruth M., 35 Jahre alt, kam wegen schwerer Depressionen und Selbstmordgedanken in Therapie. Zudem litt sie unter Appetitverlust und Durchfall. Sie hatte sich in den letzten Jahren mehrmals in solch einer Verfassung befunden, und zwar jedes Mal dann, wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen war. Die letzte Beziehung hatte Ihr Freund nach 6 Jahren beendet. Sie lebte nun schon ein Jahr alleine ohne Partner und hatte den Eindruck, ihr Leben sei völlig sinnlos geworden. Sie fühlte eine innere Leere und hatte den Eindruck, nie mehr glücklich werden zu können. Zum Weggehen und Besuchen von Freunden fehlte ihr die Lust und Energie. Sie vergrub sich am liebsten zuhause im Bett und hoffte, morgens einmal nicht mehr aufwachen zu müssen. Ihr geringer Lebenswille zeigte sich auch darin, dass sie begonnen hatte, ihr Äußeres und ihren Körper zu vernachlässigen. Jede ihrer Beziehungen war sie eingegangen, „um das Gefühl zu haben, gemocht zu werden“. In der bestehenden Partnerschaft unterdrückte sie ihren Ärger und ihre Bedürfnisse aus Angst vor Ablehnung. Frau M. beschrieb mir ihre Lebenseinstellung folgendermaßen: „Ich kann nichts und ich bin nichts. Ich bin bereit, alles zu ertragen für ein bisschen Liebe und Geborgenheit. Dafür opfere ich bereitwillig meine Menschenwürde und mache mich zum Objekt.“
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