•Wenn Sie Ihren Körper, die Ernährung und Hygiene vernachlässigen, weil Sie denken, es sei eh alles sinnlos.
•Wenn Sie länger als vier Wochen Beruhigungs- und Schlafmittel nehmen, täglich oder exzessiv Alkohol trinken, zu viel oder zu wenig essen.
•Wenn Sie sich gerne mit einer neutralen Person aussprechen möchten, aber niemanden haben, dem Sie offen und auch immer wieder über Ihre Gefühle erzählen können.
•Wenn Sie bemerken, dass Sie eine direktere persönliche Beratung durch einen Therapeuten benötigen, dann können Sie bei Ihrer Krankenkasse nach einer Liste von verhaltenstherapeutischen Psychotherapeuten fragen.
Was ich Ihnen in diesem Buch mitgeben möchte
Ich möchte Sie gerne in diesen vier wichtigen Phasen Ihres Lebens begleiten. Sie werden in diesem Buch die Erfahrungen finden, die ich durch meine Trennung und durch therapeutische Gespräche mit den Klienten in meiner Praxis gesammelt habe. Ich werde Ihnen all die Hilfestellungen geben, die ich meinen Klienten auch gebe.
Viele dieser Hilfestellungen stoßen bei Ihnen zunächst vielleicht auf Widerstand. Sie mögen einwenden: „Die hat leicht reden.“, „Bei mir geht das nicht so einfach.“, „So schlimm wie bei mir war es bei ihr bestimmt nicht.“, „Ich kann das nicht machen, was sie so einfach empfiehlt.“, „Ich bin zu schwach.“ . Diese Reaktion ist normal und menschlich. Aber ich weiß auch, dass Sie schneller aus Ihrer Krise herauskommen werden, wenn Sie diese Hilfestellungen auf sich anwenden. Und das ist doch Ihr Wunsch, oder?
Ich möchte Ihnen Ihre Gefühle nicht wegnehmen oder sie abtun. Sie sind der einzige Mensch, der spürt, was in Ihnen alles an Gefühlsstürmen tobt. Niemand kann sich ganz genau in Sie hineinversetzen und nachempfinden, wie es Ihnen jetzt im Augenblick geht – auch kein Therapeut. Niemand hat haargenau dieselben Gefühle empfunden wie Sie jetzt im Augenblick. Ich kann Ihnen nur von meinen Gefühlen nach der Trennung erzählen und darüber, was Menschen in gleicher Situation mir während der Therapie offenbaren. Wenn ich Ihre Stimmung also an bestimmten Stellen in meinem Buch nicht ganz genau treffe, bitte ich Sie, mich zu entschuldigen.
Wo auch immer Sie im Augenblick stehen, kann ich Ihnen jedoch versichern, dass Sie nicht hilflos sind. Ihr Partner hat entschieden, sich von Ihnen zu trennen. Das ist sein Recht. Aber er hat keine Möglichkeit, über Ihre Gefühle zu bestimmen, wenn Sie es nicht wollen. Das ist Ihre Freiheit und gleichzeitig Ihre Chance.
Nur weil Sie diese Freiheit haben, können Sie jetzt sofort Ihre Bergbesteigung beginnen und wieder Selbstvertrauen, Lebensfreude und innere Harmonie gewinnen. Ja, Sie können sogar noch weit über Ihre jemals erlebten positiven Gefühle hinausgelangen – auch wenn Sie es sich im Augenblick nicht vorstellen können oder schon mit weniger zufrieden wären.
Wie Sie am besten mit diesem Buch arbeiten
Lassen Sie sich Zeit bei der Durcharbeitung des Buches. Ich habe dieses Buch so aufgebaut, dass ich Sie von Phase I bis IV begleiten kann. Arbeiten Sie sich von Kapitel zu Kapitel vor. Lesen Sie zunächst jedes Kapitel einmal durch, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dann wählen Sie sich aus dem betreffenden Kapitel die Abschnitte aus, die Sie im Augenblick besonders betreffen. Führen Sie die dazugehörigen Übungen sehr sorgfältig aus. Gehen Sie erst zur nächstfolgenden Phase über, wenn Sie auch gefühlsmäßig hinter den Übungen stehen. Damit Sie besser einschätzen können, wo Sie im Augenblick stehen, werde ich Ihnen am Anfang der Kapitel häufig einen kurzen Fragebogen vorlegen. Üben Sie, mit sich geduldig zu sein – so wie Sie wahrscheinlich auch mit Ihrer besten Freundin in solch einer Krisensituation umgehen würden.
Führen Sie für die Zeit Ihres Heilungsprozesses ein Tagebuch, dem Sie täglich oder wöchentlich Ihre Gedanken und Gefühle anvertrauen. Ihm können Sie alles offenbaren, Ihre Klagen wiederholen, ohne sich damit zu beschäftigen, was andere über Sie denken werden, wenn Sie dasselbe zum hundertsten Mal ausdrücken. Es steht Tag und Nacht für Sie zur Verfügung. Nutzen Sie dieses Tagebuch auch dafür, die Übungen, die ich Ihnen vorschlage, einzutragen.
Schriftliche Aufzeichnungen werden Ihnen helfen, sich über Ihre Gedanken und Gefühle bewusstzuwerden. Sie werden auch etwas Ordnung in Ihr Gefühlswirrwarr bringen. Später wird es Ihnen vielleicht auch Freude bereiten, Ihr persönliches Wachstum anhand Ihrer Aufzeichnungen noch einmal nachzuvollziehen. Sie werden dann deutlich erkennen, wie weit Sie sich von Ihrem momentanen Fühlen und Denken entfernt haben. Manche Menschen können später gar nicht mehr verstehen, „wie sie jemals so … fühlen und denken konnten“ .
2 Die Macht unserer Gedanken
Ehe wir uns die vier Phasen der Trennungsbewältigung zusammen ausführlicher anschauen und uns an den Aufstieg zum Gipfel machen, möchte ich Ihnen erklären, wie Ihre Gefühle entstehen.
Gerade in einer Trennungssituation bekommen wir den Eindruck, der Partner habe uns in dieses tiefe Unglück gestürzt und uns all unseren Schmerz zugefügt. Wir fühlen uns dem Partner ausgeliefert und denken, nur wenn er zurückkommt, wieder glücklich sein zu können. Oder anders ausgedrückt, glauben wir, nie mehr froh sein zu können, wenn er nicht mehr zurückkommt.
Mit der Erwartung, der Partner mache uns glücklich bis an unser Lebensende, haben wir die Partnerschaft angetreten. Und jetzt stehen wir vor den Scherben der Partnerschaft. Der Partner ist gegangen und wir fühlen uns unglücklich. Ist das nicht logisch und natürlich? Müssen wir da nicht für immer traurig sein?
„Nein, wir müssen nicht für immer und ewig traurig sein – auch wenn wir jetzt in diesem Augenblick den Eindruck haben“, ist meine eindeutige Antwort darauf. Sie haben wahrscheinlich in Ihrem Bekanntenkreis auch schon erlebt, dass Menschen unterschiedlich schnell über einen Verlust hinwegkommen. Es gibt Menschen, die 20 Jahre nach dem Tod des Partners noch genauso viel Schmerz verspüren wie an dessen Todestag. Es gibt aber auch Menschen, die schon nach vier Wochen ihren Schmerz so weit überwunden haben, dass sie sich gelegentlich wieder freuen können. Die Erklärung hierfür liegt nicht darin, dass der Partner verstorben ist. Sie liegt darin, wie stark der Zurückgebliebene ihn gebraucht hat und von ihm abhängig war. Nur, wenn dieser viele Erwartungen und die Einstellung hatte, ihn zu seinem Glück zu brauchen, kommt es zu einer sehr heftigen langandauernden Trauerreaktion oder einem Trennungsschock.
Unsere Gefühle entstehen immer als Folge unserer Gedanken, Wünsche oder Erwartungen. Dass wir überhaupt fühlen, ist unvermeidbar, solange wir leben. Menschen ohne Gefühle sind tot. Über die Art und das Ausmaß unserer Gefühle können wir jedoch bestimmen – und zwar bestimmt jeder einzelne von uns selbst über die Art und die Intensität seiner Gefühle. Ihr Partner kann Ihnen „keine Gefühle machen“, die Sie nicht wollen. Er kann in Ihnen nur die Gefühle auslösen, die Sie zulassen. Einzige Ausnahme davon sind körperliche Gefühle wie Schmerzen durch Schläge.
Ich weiß, dass Sie beim Lesen dieser Zeilen voller Unglauben oder gar Abwehr sind. Die Entscheidung darüber zu haben, wie man sich fühlt, – diese Aussage klingt zunächst vollkommen falsch und absurd. Sie glauben, gerade jetzt durch die Trennung am eigenen Körper erfahren zu haben, dass der andere Ihnen Schmerz zufügen kann. Sie erleben ja jetzt im Augenblick gerade, wie eine simple Entscheidung des Partners, sich von Ihnen zu trennen, Ihr gesamtes Seelenleben aus dem Gleichgewicht bringt. Aber es ist eine unerschütterliche Tatsache: Sie haben die Entscheidung darüber, wie Sie sich in Zukunft – ich betone: in Zukunft – fühlen wollen, auch wenn Ihr Partner niemals mehr zu Ihnen zurückkehrt.
Читать дальше