Seidel schaute sich um. Keine Spur von den Typen. Tatzer hörte nicht auf zu nerven. Ständig drängte er Seidel, in ihren Quadranten-Abschnitt zurückzukehren. Wieder einmal schoss Seidel der Gedanke durch den Kopf, dass er lieber allein unterwegs wäre, Solo-Tauchgänge entsprachen seinem Naturell viel mehr. Er war eher ein Einzelgänger, nur zu gerne hätte er auch hier sein eigenes Ding durchgezogen. Eigentlich würde das auch mehr ins Bild passen, denn sie sollten doch ihren Vorlieben nachgeben. Warum dann beim Tauchen an konservativen Sicherheitskonzepten festhalten?! Es war nicht schlüssig. Aber was war hier schon schlüssig?!
Seidel entschloss sich, den großen Felsen zu umrunden, auf dem das Leben blühte wie selten im Mittelmeer. Er zeigte Tatzer sein Vorhaben an. Der zögerte wieder, folgte dann aber doch, blieb jedoch in einigen Metern Abstand zu Seidel, aus welchem Grund auch immer. Seidel aber war das recht. Besser, als sich ständig auf der Pelle zu hocken.
Nach einigen Metern entdeckte Seidel unter sich auf sandigem Grund eine große Tasche von der Sorte, in die man Tauchausrüstungen packte. Sie war offen. Seidel spähte hinein. Einige Bleistücke waren darin, wohl um die Tasche an ihrem Platz zu halten. Erst auf den zweiten Blick erkannte Seidel, was sich noch darin befand. Sofort war ihm klar, dass die Bleistücke nicht der Standortsicherung dienten, sondern ihren Zweck erfüllt hatten, der darin bestand, die Tasche an dieser Stelle des Meeres zu versenken, was wohl niemand hatte mitbekommen sollen, am wenigsten er.
Sein Atem stockte. Was zum Henker?! Dann löste er sich aus der Sekundenstarre. Ohne Tatzer auch nur ein Zeichen zu geben, trat er mit aller Kraft in die Flossen und schwamm so schnell er konnte vorwärts.
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Dr. Dannowitz war eine Frau, die das gewisse Etwas ausstrahlte, das andere Menschen und insbesondere Männer unweigerlich in ihren Bann zog – das zumindest hatte Nataschas Redakteur Kessler gesagt, der sie auf einer Konferenz persönlich kennengelernt hatte. Natascha konnte ihrem Kollegen nur zustimmen, die Frau, die nun auf sie zuschwebte wie ein vollkommenes Geschöpf auf dem Catwalk, schaffte es, dass selbst Nataschas Blicke eine Sekunde länger als gewöhnlich an ihr hafteten. Die Bilder auf Wikipedia und den wissenschaftlichen Internetseiten hatten nicht annähernd ihre Schönheit zur Geltung gebracht, das stellte Natascha neidlos fest. Rotbraun schimmerndes, leicht gewelltes Haar, das füllig bis über die Schultern fiel, ein makellos schönes Gesicht, feine und perfekt proportionierte Züge, ihr Make-up, ihr Style, ihre Figur, ihr eleganter Gang, ihre Kleidung – einfach alles war unwirklich schön und anmutig. Aristokratisch und doch natürlich schritt sie auf Natascha zu. Wie eine hochrangige Elfe aus einer anderen Welt, verletzlich und zugleich unglaublich stark. Und dann diese im Kontrast zu Haarfarbe und Teint tiefblauen Augen! So tief, dass man sich, sobald man hineinblickte, in ihnen verlor. Die Frau hatte eine enorme Sogwirkung. Als sie nun vor Natascha stehen blieb, sah sie aus, als hätte sie sich soeben direkt von einem Pariser Laufsteg hierher gebeamt, ohne dabei dem leisesten Lüftchen ausgesetzt gewesen zu sein oder stundenlang in einem Autositz zugebracht zu haben – was den knitterfreien Stoff ihres figurbetonten Hosenanzugs und den perfekten Sitz ihrer Frisur erklärte. Selten hatte Natascha eine derart schöne Frau getroffen, und es würde sie nicht wundern, wenn die Männer dieser Elfe bedingungslos in ihre Anderswelt folgen würden. Es war eine gute Entscheidung gewesen, nicht einen ihrer männlichen Kollegen vorbeizuschicken – die hätten sich wahrscheinlich nicht auf ihre Aufgabe konzentrieren können. Natascha grinste, richtete sich auf, stellte sich vor und streckte der Psychologin die Hand entgegen. Deren Händedruck war kräftig für eine Frau, aber nicht unangenehm; Natascha schüttelte selbst auch gerne mit reichlich Schmackes Hände.
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