1 ...6 7 8 10 11 12 ...15 »Hast du gerade an mir gerochen?«
»Ich kann nichts dafür. Das hat mir gefehlt… dein Geruch. Du. Du hast mir gefehlt.«
Travis lächelte sein besonderes Lächeln, bei dem sich nur ein Mundwinkel hob. »Ich mag es auch nicht, mit dir zu streiten.«
Ich sah einen für eine lange Weile an. Sein hellbraunes Haar war länger und strubbelig, seine blauen Augen passten zu seinem Hemd. Na ja, es war mein Hemd, aber ich hatte schon lange aufgegeben, gegen seinen Was dein ist, ist auch mein-Grundsatz zu protestieren, was meine Garderobe anging. »Ich kann nicht glauben, dass du das verdammte Känguru Matilda genannt hast.«
»Du hast mein Pferd Texas genannt.« Er zuckte die Achseln. »Jedenfalls passt es zu ihr. Sie ist süß. Willst du sie sehen?«
Ich hatte eine viel bessere Idee. »Später vielleicht.« Ich zog ihn an seinem Hemd zu mir heran und schob ihn rückwärts ins Badezimmer. »Ich glaube, wir haben noch zehn Minuten, bevor –«
»Charlie?«, unterbrach mich Mas Stimme.
»Bevor das passiert?«, fragte Travis lachend.
Ich seufzte und rückte die Dinge in meinem Schritt zurecht. »Ich komme, Ma.«
Travis prustete. »Aber nicht so wie geplant.«
Widerwillig machte ich mich mit Travis im Schlepptau auf zur Küche. Ma stand an der Spüle. »Hey, Ma, was gibt's?«
Sie drehte sich um und lächelte, als sie uns sah. »Ich bin froh, dass ihr Jungs wieder miteinander… redet«, sagte sie und ließ den Blick vielsagend zwischen uns hin und her wandern.
»Brauchst du irgendetwas?«, fragte ich. Sie sah besser aus, aber es kam nicht oft vor, dass sie mich bat, etwas für sie zu tun.
»Kannst du für mich in den Garten gehen?«, fragte sie. »Ich brauche Eier, Spinat und Karotten.« Dann drehte sie sich wieder zur Spüle. »Ich würde selbst gehen, aber ich hinke ein bisschen in der Zeit hinterher. Ich habe den ganzen Morgen damit zugebracht, mir Gedanken darum zu machen, wo in der Wüste ein sechsundzwanzigjähriger, unreifer Kerl abgeblieben war.«
Ich ging zu ihr hinüber und küsste sie auf die Wange. »Es tut mir leid, Ma.«
Sie versuchte, nicht zu lächeln, kriegte das aber irgendwie nicht hin. »Raus mit euch, alle beide.« Sie scheuchte uns aus der Tür. »Und bringt auch mehr Feuerholz mit rein.«
Travis und ich gingen über die hintere Veranda zum rückwärtigen Teil des Gehöfts. Zwischen den Scheunen und den Wassertanks hielten wir einige Hühner in einem Drahtverschlag. Und dort hatte Ma auch ihre Gemüsebeete.
Außerdem hielten wir dort auch unsere vier Kelpies. Jeder hatte seinen eigenen Zwinger, und wenn sie nicht bei der Arbeit waren, dann waren sie angekettet oder angeleint. Würden wir sie einfach frei herumlaufen lassen, dann würden sie naturgemäß Vieh zusammentreiben wollen. Und wenn wir das Vieh gerade nicht zusammengetrieben haben wollten, dann nahm das für gewöhnlich kein gutes Ende. Die Hunde waren außerdem eine gute Abschreckung gegen Dingos, die sonst vielleicht auf der Suche nach einer freien Mahlzeit aus lebenden Hühnchen vorbeikommen würden.
Ich öffnete die Tür zum Hühnerverschlag, ging hinein und sammelte in einem Eimer die Eier ein, die scheinbar über mehrere Tage hinweg gelegt worden waren. Travis war fürs Gemüse zuständig, und als ich fertig war, ging ich zu den Hochbeeten mit Gemüse hinüber. Er hatte noch nichts geerntet. Stattdessen grub er in der ersten Reihe.
»Was machst du da, Trav?«
Er sah zu mir auf. »Wie zum Henker nennst du das hier?«
Nun ja, für mich sah das ziemlich offensichtlich aus. Ich betrachtete die Reihen von Spinat, Karotten, Kartoffeln und Mais. »Ich bin nicht sicher, wie man das bei dir zu Hause nennt, aber hier nennt man so etwas einen Ge-mü-se-gar-ten. Ist mit dir alles in Ordnung?«
Anscheinend mochte er es nicht, wenn ich Worte so langsam aussprach, als wäre er dumm. Er funkelte mich an. »Charlie, wir müssen das hier in Ordnung bringen. Das ist wirklich übel.« Er ließ etwas von der Erde durch seine Finger rieseln, um seine Worte zu unterstreichen.
Ich stellte den Eimer mit den Eiern neben mir ab und ließ meinen Blick über die Beete schweifen. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir sie nie so genau angesehen. Ma pflanzte hier Saisongemüse an und wir versuchten, uns so weit wie möglich selbst zu versorgen. Aber er hatte recht. Der Garten war in ziemlich armseliger Verfassung.
»Tja, ja. Ist ziemlich übel«, stimmte ich zu.
»Wir können den ganzen Bereich hier erneuern. Wir brauchen neue Beete, neue Erde«, sagte er und umfasste mit einer Geste alles, was bereits da war. »Wir werden alles verwenden, was man noch gebrauchen kann. Diese alten Bahnschwellen sehen noch gut aus.« Er trat gegen die hölzerne Umrandung des Gartens. »Wir könnten in die Stadt fahren und alles besorgen.«
»Könnten wir«, sagte ich ausweichend. Obwohl ich es eher fragend meinte, bin ich ziemlich sicher, dass Travis es für bare Münze nahm, denn er grinste. »Trav«, begann ich, was ein Protest oder zumindest eine Art Ablehnung werden sollte, aber er ignorierte mich.
»Hier«, sagte er und lud mir die Arme mit Spinat voll. »Halt das.«
»Trav«, sagte ich erneut, wobei ich den Spinat beinahe fallen ließ. »Moment… kannst du… warte doch mal… Trav.« Der Spinat rutschte weiter aus meinem Griff, dann warf ich auch noch beinahe den Eimer mit den Eiern um, und er stapelte noch Karotten oben auf den Spinat.
»Ich nehme die Eier«, sagte er strahlend, hob sie auf und hüpfte den Eimer schwingend ins Haus wie das verdammte Rotkäppchen. Während ich hingegen den ganzen Weg bis in die Küche mit Spinat und Karotten jonglierte und mehrfach beinahe alles fallen ließ. Aber ich schaffte es in die Küche und warf das Gemüse dort in die Spüle. Travis stand an der offenen Kühlschranktür und trank aus einer Wasserflasche. Ma war am Herd und sah nicht einmal, wie ich mich, dem abmühte, womit Travis mich beladen hatte. »Ist schon gut, Trav«, sagte ich sarkastisch. »Nicht nötig, dass du mir hilfst.«
Er grinste hinter der Wasserflasche. »Ich habe die Eier getragen.«
»Danke, Jungs«, sagte Ma, was wahrscheinlich eher ein Haltet die Klappe als ein Danke ausdrücken sollte. »Travis hat mir gerade erzählt, dass ihr zwei am Wochenende zusammen nach Alice fahrt.«
Ich sah Travis an. »Oh, tun wir das?«
Er trank den Rest seines Wassers aus, schloss den Kühlschrank und grinste einfach weiter sein Megawattgrinsen. »Japp. Morgen Früh geht's los.«
Ein gemeinsames Wochenende. Was könnte da schon schiefgehen?
Ich ließ die Reisetasche in der Diele neben der Vordertür fallen und ging in die Küche. Es war noch vor dem Frühstück und Ma sah in der Tat aus, als wäre sie noch nicht lange auf. Aber es war Travis' Anblick, der mir den Atem raubte.
Er saß am Küchentisch wie schon zweihundert Male zuvor. Aber dieses Mal hielt er das Känguru im Arm, als wäre es ein Baby, und gab ihm die Flasche. Travis hob den Kopf und schaute mich an, und ich konnte sehen, wie er – da er wusste, dass ich kein Fan des verdammten neuen Mitbewohners war – sich dagegen wappnete, dass ich etwas nicht sonderlich Freundliches sagen würde.
Ich blickte von Travis' Augen zu den großen, braunen Augen des Kängurus, das die längsten Wimpern hatte, die ich jemals gesehen hatte, und sogar seine kleinen Hände an das Fläschchen gelegt hatte, das Travis hielt. Ich seufzte und jede Gegenwehr, die ich bezüglich des Kängurujungen in mir gehabt hatte, wich aus meinem Körper. »Musst du so niedlich sein? Ich versuche, sauer auf dich zu sein.«
Travis lächelte schließlich, langsam und breit. »Sie ist niedlich, nicht wahr?«
Ich ging hinüber und küsste ihn auf den Kopf. »Ich hab nicht von ihr gesprochen.«
Travis lachte und Ma lächelte uns an. »Ich hab ihm gesagt, er kann eine von den Flaschen für verwaiste Kälber nehmen. Ist ein bisschen groß für die Kleine, aber besser als nichts«, sagte Ma. »Soll ich dir einen Becher Tee machen, mein Lieber?«
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