•Ansätze für weitere Ermittlungen gegen Beschuldigte, deren gegen sie gerichtete Strafverfahren im Rahmen der EG Neujahr die StA Köln gem. § 154f StPO vorläufig eingestellt hat, prüfen.
•Die erlangten Daten hinsichtlich Staatsangehörigkeit und kriminalpolizeilicher Erkenntnisse aufbereiten und auswerten.
•Daten für die Öffentlichkeitsarbeit des PP Köln zur Verfügung stellen.
•Bei Vorliegen eines Anfangsverdachtes auf ausländerrechtliche Verstöße sind Ermittlungsverfahren einzuleiten.
1.2.2.2Wesentliche Ergebnisse und deren Bewertung
Die AG Silvester hatte Daten von Personen ausgewertet, die im Rahmen des Silvestereinsatzes 2016 (31.12.2016, 18:00 Uhr bis 1.1.2017, 06:00 Uhr) Adressaten polizeilicher Maßnahmen waren. Daneben wurden Daten von Personen berücksichtigt, bei denen Kontrolleure der DB AG ein erhöhtes Beförderungsentgelt erhoben haben, weil sie ohne gültigen Fahrausweis Züge der DB AG von und nach Köln genutzt hatten.
Wie die Personendaten, die der AG Silvester nach Abschluss der Einsatzmaßnahmen zugeleitet wurden, erhoben worden waren, ist nicht in allen Fällen nachzuvollziehen. Das ist damit zu erklären, dass die Einsatzkräfte nicht durchgängig dokumentiert haben, ob und welche Ausweisdokumente vorgelegt wurden, insbesondere wenn eine durchgeführte Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr gem. § 12 PolG NRW und anschließende Fahndungsabfrage keinen Anlass für weitergehende Maßnahmen ergaben. Bei Strafanzeigen oder freiheitsentziehenden Maßnahmen hingegen ist die Dokumentation vorgelegter Ausweisdokumente die Regel. Erfahrungsgemäß ist darüber hinaus davon auszugehen, dass einige Personendaten auf mündlichen Angaben oder nicht amtlichen Dokumenten beruhen, insbesondere weil in Deutschland keine Verpflichtung besteht, einen Pass, Passersatzpapiere, Aufenthaltstitel oder entsprechende Bescheinigungen mitzuführen. Insoweit waren die Personendaten dahin gehend zu bewerten, ob sie für eine weitere Bearbeitung durch die AG Silvester mit Blick auf deren Zielsetzung geeignet waren.
Ohne dass hier jede Möglichkeit zur Ermittlung von Personendaten berücksichtigt wird, lassen sich die Hauptquellen der erhobenen Personendaten wie folgt eingrenzen:
•Polizeiliche Datenanwendungen, die in der Silvesternacht zu unterschiedlichen Zwecken genutzt wurden
•Noch vorhandene kurzfristige Aufzeichnungen eingesetzter Beamter, welche diese zur Überprüfung nutzten
•Daten der Bundespolizei
•Daten aus in der Silvesternacht aufgenommenen Strafverfahren
•Daten der DB AG
•Hinweise aus der Bevölkerung
Die hiernach vorliegenden 711 Datensätze hat die AG Silvester um offensichtliche Doppelerfassungen bereinigt. Diese sind entstanden, weil einzelne Personen in der Silvesternacht mehrfach kontrolliert und daher auch in verschiedenen Listen erfasst wurden. Weiterhin mussten die Daten, die von der BPOL und der Deutschen Bahn stammen, um für weitere Überprüfungen ungeeignete Datensätze bereinigt werden. Insgesamt verblieben 640 Datensätze, die für weitere Recherchen geeignet waren.
Durch Aufbereitung der Daten konnten bei den überprüften bzw. identifizierten Personen folgende Staatsangehörigkeiten festgestellt werden:
Staatsangehörigkeit |
Anzahl |
Irak |
125 |
Syrien |
123 |
Deutschland |
112 |
Afghanistan |
74 |
Iran |
32 |
Guinea |
28 |
Marokko |
21 |
Pakistan |
17 |
Eritrea |
14 |
Algerien |
11 |
Indien |
10 |
staatenlos |
8 |
Italien |
4 |
Tunesien |
4 |
Türkei |
4 |
Russ. Föderation |
4 |
Gambia |
3 |
Rumänien |
3 |
Somalia |
3 |
Äthiopien |
3 |
Libanon |
3 |
Staatsangehörigkeit |
Anzahl |
Bangladesch |
2 |
Tadschikistan |
2 |
Frankreich |
2 |
Luxemburg |
2 |
Polen |
2 |
Mali |
2 |
Serbien |
2 |
Bulgarien |
2 |
Jemen |
2 |
Mazedonien |
2 |
Niederlande |
2 |
Saudi-Arabien |
2 |
Kasachstan |
1 |
Elfenbeinküste |
1 |
Aserbaidschan |
1 |
Israel |
1 |
Kamerun |
1 |
Albanien |
1 |
Ukraine |
1 |
Sudan |
1 |
VAE |
1 |
Senegal |
1 |
Die Reihenfolge der am meisten vertretenen Staaten hat sich gegenüber der Auswertung mit Stand 11.1.2017 nicht wesentlich verändert. Demnach wurden in der Silvesternacht 2016 vor allem Iraker, Syrer, Deutsche und Afghanen kontrolliert.
Zu der Bewertung der Nationalitäten ist anzumerken, dass eine Vielzahl der Personen offensichtlich ohne Vorlage eines Ausweisdokuments nach Deutschland eingereist ist. Die AG Silvester hat festgestellt, dass bei 289 der insgesamt 394 Asylantragsteller unter den 640 Personen, zu denen weitere Recherchen erfolgten, im AZR-Datensatz kein Ausweisdokument hinterlegt ist. Das entspricht 73 % der Asylantragsteller.
Weiterhin haben Ermittlungen ergeben, dass von den 394 festgestellten Asylantragstellern 221, also mehr als die Hälfte, nicht aus Köln und dem angrenzenden Einzugsgebiet (Hürth, Bergheim, Bergisch Gladbach, Euskirchen, Frechen, Leverkusen, Langenfeld, Rösrath, Siegburg, Bonn, Bornheim, St. Augustin, Wesseling, Brühl, Rheinbach, Pulheim), sondern aus dem gesamten restlichen Bundesgebiet angereist waren.
Als besondere Herausforderung im Rahmen der Analyse hat sich die vielfältige Erfassung von Alias-Personalien erwiesen.
Zu 217 Personen waren im polizeilichen Datenbestand Alias-Personalien erfasst. Personendaten werden als Führungspersonalien im polizeilichen Datensystem bei der ersten Erfassung einer Person generiert. Diese werden nur dann geändert, wenn rechtmäßige Ausweisdokumente vorgelegt werden. Alle anderen abweichenden Daten werden als Alias-Personalien gespeichert.
Auf Grundlage von Erfahrungswerten und polizeilichen Erkenntnissen sind für die kriminalfachliche Bewertung von Alias-Personalien folgende Unterscheidungen und Hinweise zu beachten:
•In 59 Fällen wichen die Alias-Personalien erheblich (z. B. anderer Name, deutlich abweichende Schreibweise oder andere Staatsangehörigkeit) von der Führungspersonalie ab. In diesen Fällen ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die tatsächliche Identität verschleiert werden soll, um z. B. bestehende Suchvermerke und Fahndungsausschreibungen zu unterlaufen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verhindern oder mehrfach Sozialleistungen zu beziehen. 14 dieser 59 Personen waren bereits vor Silvester wegen anderer Straftaten (keine aufenthaltsrechtlichen Verstöße) erkennungsdienstlich behandelt worden, zu 25 Personen lag bereits eine Kriminalakte vor.
•In acht Fällen lagen Alias-Personalien mit einem Geburtsdatum vor, gemäß dem die Personen jünger als 18 Jahre waren. In diesen Fällen ist erfahrungsgemäß in Erwägung zu ziehen, dass die Behandlung als unbegleiteter Minderjähriger angestrebt wird. Diese unterliegen nicht dem allgemeinen Verteilerschlüssel nach dem AufenthaltsG, sondern verbleiben in der Kommune, in der sie einen entsprechenden Asylantrag stellen. Im Falle strafrechtlicher Beurteilung findet das Jugendstrafrecht Anwendung. Zudem bietet der Rechtsstatus der Minderjährigkeit einen hohen Schutz vor Abschiebung.
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