Johannes Stockmayer
Ichsucht
Ein Problem in
christlichen Gemeinden ?
Johannes Stockmayer
IchsuchtEin Problem in christlichen Gemeinden?
© Lichtzeichen-Verlag GmbH, Lage
Titelbild: Shutterstock, chompoo
E-Book Erstellung:
LICHTZEICHEN Medien - www.lichtzeichen-medien.com
ISBN: 978-3-86954-833-3
Bestell-Nr.: 548833
Die Ich-Stärke
eines Gläubigen
erwächst nicht
aus dem Rückzug
auf das eigene Ich,
sondern aus der
vorbehaltlosen
Hinwendung zum Du
und aus der
überwältigenden
Erfahrung des Wir.
Das Selbstwertgefühl
eines Christen gründet
nicht in Selbstliebe oder
Selbstüberschätzung,
sondern in seiner
Wertschätzung
des Christus,
der ihn geliebt und
sich selbst für ihn
hingegeben hat.
So ist auch die
Heilsgewissheit
des Glaubens
nicht Ausdruck
eines vermessenen
Selbstbewusstseins,
sondern eines
angemessenen
Christusbewusstseins.
Hans-Joachim Eckstein 1
1Hans-Joachim Eckstein, Himmlisch menschlich, Holzgerlingen 2006, Seite 136
Gibt es Ichsucht in christlichen Gemeinden?
1.Gesellschaft der Ichlinge
Nimmt der Egoismus zu?
Der Kampf ums Ich
Das versteckte und rudimentäre Ich
Der Turmbau zu Babel und die christliche Gemeinde
Problemanzeige
2.Die Sehnsucht der Menschen
Auf der Suche nach dem Ich
Definition von Sucht
Was ist Ichsucht?
Formen der Ichsucht
3.Das starke Ich
Die christliche Gemeinde
Die große Herausforderung
Die große Gefährdung
Die Freiheit eines Christenmenschen
4.Beispiele von Ichsucht in der Gemeinde
Beispiel 1: Ricky
Beispiel 2: Hanne
Beispiel 3: Maik
Beispiel 4: Erwin
Beispiel 5: Anna
Beispiel 6: Damaris
Beispiel 7: Jochen
Beispiel 8: Jasmin
Die Reaktion auf diese Beispiele sind negative Gefühle
5.Ichsüchtiges Verhalten
Unterschiedliche Ausprägungen
Das ichsüchtige Verhalten im Allgemeinen
Baukasten der Ichsucht
Standhalten!
6.Das große Ich
Beziehung auf Gegenseitigkeit
Der große Leiter
Die Schwachstelle des großen Ichs
Co-Abhängigkeit
Das Märchen vom großen Ich
7.Das irritierte Ich
Narzissmus
Der gesunde und normale Narzissmus
Ursachen der Ichsucht
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Soziopathie
Flöhe
Das gekränkte Ich
Jona, der narzisstische Prophet
8.Umgang mit Ichsüchtigen
Richtig reagieren
Mut zur Wahrheit
Der Kampf ums Überleben
Empathische Konfrontation
Regeln für den Umgang mit Ichsüchtigen
Wie ging Jesus mit ichsüchtigen Menschen um?
9.Heilung von der Ichsucht
Der Moment der Selbsterkenntnis
Welche Schritte gibt es auf dem Weg des Neuwerdens?
Die gesunde Ichentwicklung
Das reife Ich
10.Das Ich muss sterben
Was ist das Ich?
Loslassen
Sterben heißt Befreiung
Sterben heißt Hingabe
Das siebenfache Sterben
Sterben heißt Umkehr
Das selbstgerechte Ich
Fromme Ichsucht
Sterben, um zu leben
Gebet der Hingabe
11.Ichsucht: Sprengstoff in christlichen Gemeinden
Die barmherzigen Retterseelen
Die Aufgabe der Leitung
Mut zur Wahrheit
Notallstrategien
Abgrenzungen
12.Das erlöste Ich
Ein Ende ohne Schrecken gibt es nicht
Eine harte Liebe
Das befreite Ich
Die Geschichte von Gert
13.Literatur
14.Arbeitsblatt 1
Das darf ich glauben
15.Arbeitsblatt 2
Mein Beitrag zum Wir
16.Arbeitsblatt 3
So wünscht sich Gott das Wir
Gibt es Ichsucht in christlichen Gemeinden?
Darf es den egoistischen Menschen in der christlichen Gemeinde geben? Ist das nicht ein Widerspruch: Egoismus und christlicher Glaube? Gibt es tatsächlich ichsüchtige Menschen im christlichen Umfeld? Leider ja. Das Thema wird nur oft unter den Teppich gekehrt und nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, ignoriert. Wir müssen darüber reden. Denn oft bestimmen diese Menschen die Gemeinde in einem erheblichen Maß, richten Schaden an durch ihre selbstsüchtige Art und verursachen bei anderen Gemeindegliedern meist auch erhebliche Verletzungen und Schmerzen. Aber die Frage ist: Warum wehrt sich niemand?
Meistens ist die Ichsucht als solche nicht sofort zu erkennen. Sie gibt sich harmlos, kleidet sich in Fürsorglichkeit. Es ist doch gut und hilfreich, wenn man dem anderen Entscheidungen abnimmt, Verantwortung für ihn übernimmt und dafür sorgt, dass es ihm gut geht. Was der andere möchte, spielt dabei keine so große Rolle. Hauptsache, man kann zeigen, dass man es gut meint.
Die Liebe erduldet alles. In der Gemeinde wird nicht gestritten und demjenigen, der sich über andere hinwegsetzt, wenig Einhalt geboten. Man erträgt einander und wo jemand über die Stränge schlägt, versucht man ihn mit Liebe und Barmherzigkeit zu korrigieren. Aber man zieht keine Konsequenzen. Wenn der andere von seinem schädlichen Verhalten nicht ablässt, zieht man sich eher zurück.
Die Gemeinde ist ein ideales Umfeld für einen ichsüchtigen Menschen. Er fühlt sich wie der Fuchs im Hühnerstall. Er findet die Bewunderung, die er braucht, kann sich ausleben und muss keine Rücksicht auf andere nehmen. Denn die sind ja devot und ordnen sich unter. Auch wenn es ihnen an den Kragen geht.
Vor allem in einer kleinen Gemeinde kann ein ichsüchtiger Mensch sein reiches Potenzial optimal entfalten. Hier benötigt man einen starken Menschen, der gern Verantwortung übernimmt. Man wünscht sich den charismatischen Leiter. Wenn man ihn jedoch hat, dann ist man ihm ausgeliefert.
Aber das größte Problem ist das Mäntelchen des Schweigens, das über ichsüchtiges Verhalten gehängt wird. Man redet nicht über das, was schiefläuft – auch wenn es schmerzt. Lieber leidet man und lässt es laufen. Wenn man es anspricht, dann könnte es ja noch schlimmer kommen. Aber dadurch haben ichsüchtige Menschen freie Bahn.
Es hilft alles nichts, wir müssen lernen, über unser Ich mit allen seinen Facetten zu reden. Wir müssen uns gegenseitig sagen können, wie wir uns empfinden und wie es uns miteinander geht. Fehlverhalten muss angesprochen werden können. Wo sich jemand in den Vordergrund spielt und dem anderen keinen Raum gibt, muss das zur Sprache kommen. Wir müssen dabei riskieren, dass Einzelne empfindlich reagieren. Wir können es nicht einfach so nur um des lieben Friedens willen laufen lassen. Der wirkliche Friede ist so nicht zu erreichen. Wir müssen den Mut aufbringen uns selbst anzuschauen, um uns zu reflektieren: Kreise ich nur um mich selbst oder gelingt es mir, den anderen wahrzunehmen und zu verstehen? Will ich nur etwas für mich oder habe ich die Gemeinschaft im Blick? In der Gemeinde geht es um ein dreifaches Gleichgewicht: Wir sollen Gott lieben und den Nächsten wie uns selbst. Alle drei Bereiche sollen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Gerät etwas aus der Balance, dann müssen wir dringend darüber reden.
Umso mehr müssen wir den Mut aufbringen, uns den ichsüchtigen Menschen in den Weg zu stellen, als wir in einer Gesellschaft leben, in der das Ich großgeschrieben wird und sich immer weiter aufbläst. Aber gleichzeitig müssen wir uns überlegen, wie ein „normales” starkes Ich aussieht und wie es sich auf gute Weise entfaltet und gelebt werden kann. Es kann nicht darum gehen, das „große Ich” allgemein zu verdammen: Wie wird es zu einem erlösten Ich, das sich eingliedern kann in ein gemeinsames „Wir”? Hier stellen sich für Christen wichtige Fragen, die gerade heute dringend nach Antwort verlangen.
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