Er überlegte. »Als ich auf den Mond kam«, sagte er, »hätte ich allein kommen sollen.«
Eine Zeit lang streichelten wir uns schweigend die Knie. Dann schien er sich für meine Gründe zu entscheiden.
»Ich glaube«, sagte er, »man kann Data erhalten. Es ist klar, solange die Sonne auf dieser Seite des Mondes ist, wird die Luft von der dunklen Seite durch diesen Planetenschwamm heraufblasen. Auf jeden Fall wird sich die Luft auf dieser Seite ausdehnen und aus den Mondhöhlen in die Krater fließen … Schön, und hier ist ein Luftzug.«
»Der ist da.«
»Und das heißt, dass dies kein totes Ende ist; irgendwo hinter uns geht dieser Spalt weiter hinauf. Der Zug weht aufwärts, und das ist der Weg, den wir gehen müssen. Wenn wir versuchen, irgendwelchen Schornstein oder Riss hinaufzuklettern, der vorhanden sein mag, so werden wir nicht nur aus diesen Gängen herauskommen, in denen sie nach uns jagen – –«
»Wenn aber der Riss zu eng ist?«
»So steigen wir wieder zurück.«
»Sch!«, sagte ich plötzlich, »was ist das?«
Wir lauschten. Erst war es ein undeutliches Murmeln, und dann unterschied man das Dröhnen eines Gongs. »Sie müssen glauben, wir sind Mondkälber«, sagte ich, »dass uns das erschrecken könnte.«
»Sie kommen den Gang entlang«, sagte Cavor.
»Das müssen sie.«
»Sie werden nicht an den Spalt denken. Sie werden vorübergehen.«
Ich lauschte wieder eine Zeit lang. »Diesmal«, flüsterte ich, »werden sie wahrscheinlich irgendwelche Waffen haben.«
Dann sprang ich plötzlich auf die Füße. »Gütiger Himmel, Cavor!«, rief ich. »Aber doch ! Sie werden die Pilze sehen, die ich hinuntergeworfen habe. Sie werden – –«
Ich sprach meinen Satz nicht zu Ende. Ich wandte mich um und tat einen Sprung über die Pilzmassen nach dem oberen Ende der Höhlung zu. Ich sah, dass sie sich nach oben wandte und wieder zu einem zugigen Spalt wurde, der in undurchdringliche Dunkelheit hinaufstieg. Ich wollte gerade hier hinaufklettern und wandte mich dann in einer glücklichen Inspiration zurück.
»Was machen Sie?«, fragte Cavor.
»Gehen Sie nur weiter!«, sagte ich und ging zurück und nahm zwei der leuchtenden Pilze, steckte einen davon in die Brusttasche meiner Flanelljacke, sodass er hervorsah und bei unserm Klettern leuchtete, und kehrte mit dem anderen für Cavor zurück. Der Lärm der Seleniten war jetzt so laut, dass es schien, sie mussten schon unter dem Spalt sein. Aber es konnte sein, dass sie auf Schwierigkeiten stießen, als sie hinaufklettern wollten, oder sie mochten zögern, gegen unseren möglichen Widerstand hinaufzusteigen. Auf jeden Fall hatten wir jetzt das beruhigende Wissen von der ungeheuren Überlegenheit unserer Muskeln, die uns unsere Geburt auf einem anderen Planeten gab. In der nächsten Minute klomm ich Cavors blauerleuchteten Fersen mit Riesenkräften nach.
17 – Der Kampf in der Höhle der Mondschlächter
Ich weiß nicht, wie weit wir kletterten, ehe wir an ein Gitter kamen. Vielleicht waren wir nur erst ein paar hundert Fuß gestiegen, aber damals schien es mir, wir könnten uns wohl eine Meile weit oder mehr senkrechter Steigung emporgezogen und geschoben und gestoßen und gekeilt haben. So oft ich an die Zeit denke, kommt mir das schwere Klimpern unserer goldenen Ketten in den Kopf, das jeder Bewegung folgte. Sehr bald waren mir Knöchel und Knie wund, und auf einer Backe hatte ich eine Beule. Nach einiger Zeit ließ die erste Gewalt unserer Anstrengungen nach, und unsere Bewegungen wurden überlegter und weniger mühsam. Der Lärm der verfolgenden Seleniten war völlig erstorben. Es schien fast, als hätten sie uns doch den Riss hinauf nicht nachgespürt, obgleich der beredte Haufen von Pilzen darunter gelegen haben muss. Zuzeiten wurde der Spalt so eng, dass wir uns kaum hinaufquetschen konnten; zu anderen erweiterte er sich zu drusigen Höhlungen, die mit stachligen Kristallen besetzt waren oder dicht bewachsen mit stumpfen, leuchtenden, schwammigen Finnen. Bisweilen wand er sich spiralförmig, und zu anderen Zeiten schrägte er sich fast bis zur horizontalen Richtung ab. Hin und wieder hörten wir das intermittierende Tröpfeln und Rieseln von Wasser neben uns. Ein- oder zweimal schien es uns, als wären uns kleine Lebewesen aus der Armweite fortgeraschelt, aber was es war, sahen wir nie. Nach allem, was ich weiß, können es giftige Bestien gewesen sein, aber sie taten uns nichts zu leide, und wir waren jetzt in einer Verfassung, in der ein unheimliches, schleichendes Wesen mehr oder weniger nichts mehr ausmachte. Und zuletzt kam weit über uns wieder das gewohnte bläuliche Licht, und dann sahen wir, es rann durch ein Gitter herab, das uns den Weg versperrte.
Wir flüsterten, als wir einander darauf aufmerksam machten, und wir wurden in unserm Aufstieg immer vorsichtiger. Dann kamen wir dicht an das Gitter, und wenn ich das Gesicht gegen seine Stangen presste, konnte ich einen beschränkten Teil der Höhle dahinter sehen. Es war offenbar ein großer Raum und erleuchtet ohne Zweifel von einem Rinnsal desselben blauen Lichtes, das wir aus der pochenden Maschine hatten fließen sehen. Nahe an meinem Gesichte fielen hin und wieder intermittierende Wassertropfen durch die Stäbe hindurch.
Meine erste Bemühung war natürlich, zu sehen, was auf dem Boden der Höhle sein mochte, aber unser Gitter lag in einer Senkung, deren Rand unseren Augen all das verbarg. Dann kehrte unsere vereitelte Aufmerksamkeit zu den Andeutungen der mannigfachen Töne zurück, die wir hörten, und alsbald fiel mein Blick auf eine Anzahl schwacher Schatten, die über das dunkle Dach weit zu Häupten spielten.
Unbestreitbar waren mehrere Seleniten, vielleicht eine beträchtliche Anzahl, in diesem Raume, denn wir konnten die Töne ihrer Unterhaltung hören, und noch schwache Schalle, die ich als ihre Schritte erkannte. Wir vernahmen auch eine Folge sich regelmäßig wiederholender Schalle – schwipp, schwipp, schwipp – die an ein Messer oder einen Spaten erinnerten, mit dem man in etwas Weiches hackt. Dann kam ein Rasseln wie von Ketten, ein Pfeifen und Rumpeln, wie wenn ein Karren über etwas Hohles läuft, und dann wieder jenes schwipp – schwipp – schwipp. Die Schatten sprachen von Gestalten, die sich schnell und rhythmisch im Einklang mit jenem regelmäßigen Schall bewegten und ruhten, wenn er aufhörte.
Wir taten die Köpfe nah zusammen und begannen diese Dinge mit geräuschlosem Flüstern zu erörtern.
»Sie sind beschäftigt«, sagte ich, »sie sind irgendwie beschäftigt.«
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