Etwa auf halber Höhe zwischen Grand und Petit Socco befindet sich die Iglesia de la Purísimamit weißrosafarbenem Anstrich (51, Rue as Siaghin). Der spanische Franziskanermönch José Lerchundi ließ die „Kirche der Unbefleckten Empfängnis“ 1880 errichten. Das katholische Gotteshaus mitsamt Glockenturm ist das einzige seiner Art inmitten einer marokkanischen Altstadt. Heute leben Schwestern vom Orden der Mutter Teresa („Missionarinnen der Nächstenliebe“) hier, die sich besonders für alleinstehende Mütter und Straßenkinder in Tanger engagieren. Tanger ist seit 1956 Sitz des Erzbistums, das heute nur noch rund 2500 Gläubige zählt.
Der Petit Socco (arab. Souk Dahkel) markiert das Herz der Medina– er war früher der zentrale Marktplatz. In Tangers Zeit als Internationale Zone befanden sich hier die wichtigsten Banken, das legendäre Hotel Fuentes und das spanische Telegrafenamt. Bis in die 1930er Jahre bildete der Petit Socco das Zentrum von Handel und Stadtleben in Tanger. Später verlagerte sich der Stadtkern in die neuen Viertel außerhalb der Stadtmauern.
Seit Anfang des 20. Jh. ist der „Kleine Platz“, wie er übersetzt heißt, für seine traditionellen Cafésbekannt, in denen sich zur Blütezeit Tangers die illustre internationale Gesellschaft aus Diplomaten, Künstlern, Autoren, Schmugglern und Drogendealern traf. Heute sitzen hier Marokkaner auf den Terrassen, schlürfen thé à la menthe , rauchen und plaudern. Eines der Lokale ist das Café Tingis(vgl. „Essen und Trinken“), das im Erdgeschoss eines weißgelb gestrichenen Kolonialgebäudes mit europäischer Architektur untergebracht ist. Im Café Centralebleiben meist auch allein reisende Frauen ungestört.
Gleich hinter dem Petit Socco links, an der Einmündung zur Rue de la Marine, befindet sich das Gebäude der Alten Bank von Marokko(Antiguo Banco de Marruecos) mit seinen großen Mashrabiya-Fenstern (Gitterfenster aus gedrechseltem Holz) und einem typisch maurischen Portal. Auch das einst luxuriöse Hotel Fuentes– in dem Charles Camille Saint-Saëns (1835–1921) den „Danse Macabre“ komponierte – existiert noch. Es befindet sich auf der Südseite des Petit Socco, gegenüber dem Café Centrale. Die heute sehr einfache Pension ist aber nicht zu empfehlen.
Old American Legation Museum
Die American Legation war das erste amerikanische Staatsmonument außerhalb der USA.Heute ist in den sehenswerten Gebäuden der Amerikanischen Gesandtschaft ein Museum untergebracht, das Tangers Zeit als Internationale Zone und die Geschichte der amerikanisch-marokkanischen Beziehungen dokumentiert.
Marokko war 1777 das erste Land, das offiziell die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika anerkannte. Sultan Moulay Slimane (um 1760–1822) schenkte das prächtige Hofhaus auf der Ostseite der Gasse im Jahr 1821 dem damaligen amerikanischen Präsidenten James Monroe als Zeichen der amerikanisch-marokkanischen Freundschaft. Das Gebäude auf der Westseite wurde 70 Jahre später angebaut. Bis zur marokkanischen Unabhängigkeit 1956, als die ausländischen Vertretungen in die neue Hauptstadt Rabat zogen, war hier die Amerikanische Gesandschaft untergebracht. Heute dient das Tangier American Legation Institute for Moroccan Studiesals Museum, Kulturzentrum und Bibliothek.
Die Tour durch das Museumstartet im Obergeschoss auf der Westseite der Rue d’Amérique. In originalgetreu mit Antiquitäten eingerichteten Salons sind historische Skizzen, Ölgemälde und alte Dokumente ausgestellt. Hier herrscht das ehrwürdige Ambiente einer Kolonialvilla.
Ganz anders sieht es aus, wenn man über den Balkon in das ältere Gebäude auf der anderen Gassenseite wechselt. Die Räume gruppieren sich um einen duftenden Hofgarten mit Springbrunnen. Im Inneren kann man typische Elemente maurischer Palastarchitekturbewundern: Mosaike, Stuck, Zedernholzdecken und gedrechselte Fenstergitter. Zwei Vitrinen zeigen einen Teil der Zinnsoldatensammlung, die früher im Musée Forbes (heute Palast Dar el Mendoubia) untergebracht war. Zwei Zimmer im Erdgeschoss widmen sich dem US-amerikanischen Schriftsteller Paul Bowles (1910–1999), der in Tanger lebte.
Zurück im Erdgeschoss des ersten Gebäudeteils geht es durch die Bibliothek,in der es englischsprachige Literatur über Tanger zu kaufen gibt. Außerdem findet man hier einen Austellungssaal mit marokkanischer Kunst des 20. h.
Am Ausgangwartet eine Spendenbox auf den Besucher – so kann man zum Erhalt dieses Denkmals der amerikanisch-marokkanischen Freundschaft beitragen.
Info:8, Rue d’Amérique, www.legation.org, Tel. 0539 93 53 17, geöffnet: Mo bis Fr 10–17 Uhr, Sa 10–15 Uhr, Eintritt: 20 DH.
Wegbeschreibung:Das Old American Legation Museum erreicht man am besten von der Rue Portugal durch das Stadttor Bab Mérican. Oder man läuft vom Petit Socco durch die Gassen (Rue Ouezzane, Rue Kadi Tensamani) südwärts. Das Museum befindet sich in zwei Gebäuden beiderseits der Rue d’Amérique, die im Obergeschoss miteinander verbunden sind.
Große Moschee (Jamaa Kebira)
Marschiert man vom Petit Socco weiter geradeaus die Rue de la Marine hinunter, so fällt nach weniger als 100 m das prächtige Eingangsportalder Großen Moschee auf der rechten Seite ins Auge. Das rechteckige Minarett schmücken die für islamische Heiligtümer typischen grünen Kacheln. Sultan Moulay Ismail (um 1645–1727) ließ die Moschee im 17. Jh. errichten, später wurde sie mehrfach erweitert und renoviert.
Die Gasse endet wenige Meter weiter vor den Treppenstufen zur Bastion Borj al Hajouineben dem Stadttor Bab Marsa.In der kleinen Festung stehen zwei massive, aufs Meer gerichtete Kanonen aus dem 19. Jh. Von der erhöhten Plattform blickt man auf Fischer- und Jachthafen. Geht man an der Großen Moschee rechts die Rue Dar Dbagh hinunter, so erreicht man das Bab Dar Dbagh.Von diesem kleinen Stadttor geht es hinab zum alten Hafen und zur Rue du Portugal.
Von der Bastion Borj al Hajoui in der Gasse Rue de la Marine (später Rue Dar Baroud) entlang der Stadtmauer nordwärts gehend, erreicht man nach wenigen Minuten das 1856 eröffnete einstige Luxushotel(36, Rue Dar Baroud). Die Zimmer wirken inzwischen ziemlich angestaubt und renovierungsbedürftig – die Lage und die Aussicht über den alten Hafen und das Meer sind aber immer noch großartig. In der Lobby herrscht nostalgisches Ambiente; man entdeckt einige skurrile Antiquitäten. Sehenswert ist der Frühstückssalon im Stil eines maurischen Palastes mit Stuck und Mosaiken. Auf der Terrasse kann man bei einem Tee oder Orangensaft die Aussicht auf den Hafen und die Meeresbrise genießen. Im hoteleigenen Souvenirshop findet man hübsches marokkanisches Kunsthandwerk. Eine Übernachtung lohnt sich nicht.
Ibn Battouta (oder Battuta , 1304 bis ca. 1368) war einer der berühmtesten muslimischen Forschungsreisenden und Gelehrten der Welt.Er brach 1325 auf eine Pilgerfahrt von Tanger nach Mekka auf; später erkundete Battouta fast die gesamte islamisch geprägte Welt – mehr als 120.000 km von Spanien über Indien und die Malediven bis in den Sudan legte er dabei zurück. Anschließend verfasste er eine Reisebeschreibung über seine Abenteuer.
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