Mendoubia und Mendoubia-Park
An der Nordwestseite des Grand Socco liegt, angrenzend an die Rue de Bouarrakia, die Mendoubia– das Gebäude trägt diesen Namen, weil es während der Zeit der Internationalen Zone die Residenz des Mendoub war. Dieser fungierte als Vertreter des marokkanischen Sultans. In dem Haus war bis 1945 auch die deutsche Botschaft untergebracht. Die Mendoubia kann nicht besichtigt werden.
Der Mendoubia-Parkmit Eukalyptusbäumen und Palmen erstreckt sich hinter der Mendoubia westlich von der Rue d’Italie über den Hügel aufwärts. Männer schlafen tagsüber im Schatten der Bäume, Familien flanieren abends durch den Park. Leider liegt an manchen Stellen viel Müll herum, dennoch findet man hier etwas Ruhe im Grünen.
Im Nordteil des Parks, Richtung Av. Hassan II., liegen die Reste von über 100 Jahre alten deutschen Gräbern.Ein Gedenkstein aus Marmor weist in deutscher Sprache darauf hin, dass hier, im ehemaligen „Garten der Gesandtschaft des Deutschen Kaiserreichs“, die in Tanger verstorbenen Deutschen begraben sind. Die wenigen verbliebenen Grabsteine (z.B. der des Postdirektors Paul Schmücker , gest. 1906, oder der von Otto Wilhelm Tiefen , Kanzler der Kaiserlich-Deutschen Ministerresidentur, gest. 1884) dienen nun als Gedenkstätte. Ein weißer Obeliskam Nordende des Parks in Richtung Av. Hassan I. weist auf das Grab von Doktor Severo Cenarro (gest. 1898) hin: Der spanische Arzt war Berater des städtischen Gesundheitsamtes und Initiator der 1883 gegründeten Hygienekommission von Tanger.
Auf der Rückseite der Mendoubia kann man eine mit einer Krone geschmückte Kanone aus dem Jahr 1722bewundern. Im Südteil des Parks, zur Rue Sidi Bouarrakia hin, verbergen sich muslimische Gräberim Pinienhain.
Im herrlich verwilderten Gartender englischen Kirche fühlt man sich wie in einer Oase inmitten der Stadt. Unter Bougainvilleen, Feigenbäumen, Palmen und Pinien liegen die verwitterten Grabsteine des Friedhofs. Hier ruhen illustre Persönlichkeiten wie der Times-Korrespondent Walter B. Harris (1866–1933). Die 1880 erbaute St. Andrew’s Church wirkt mit ihrem grünen Ziegeldach und dem maurischen Dekor von außen eher wie eine Moschee; sie dient aber noch heute als anglikanisches Gotteshaus.
Info:Rue d’Angleterre, Stadtbusse Nr. 4, 5, 6, 15, Gottesdienst jeden So 11–12 Uhr, dann keine Besichtigung möglich.
Grand Hôtel Villa de France
Die weiße Villa mit Palmengarten stand über 20 Jahre lang leer und verfiel. Im Jahr 2014 wurde sie als exklusives Luxushotelwiedereröffnet. Im ehrwürdigen Grand Hôtel Villa de France mietete sich einst Henri Matisse (1869–1954) ein. Hier malte er 1912 die Aussicht aus dem Fenster von seinem Zimmer Nr. 35. Zu Ehren des Malers wurde nun ein Matisse-Zimmer eingerichtet. Außerdem logierten in der Villa de France so berühmte Gäste wie Paul und Jane Bowles, Gertrude Stein und Tennesse Williams .
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Früher eine Institution und seit 2014 wieder in Betrieb: Luxushotel Villa de France
Info:Ecke Rue d’Angleterre/Rue de Hollande, Stadtbusse Nr. 4, 5, 6, 15, www.leroyal.com.
Jüdischer Friedhof (Cimetière Juif)
Der Jüdische Friedhof verbirgt sich hinter einer weißen Mauer direkt gegenüber dem Bab Mérican– dieses Stadttor markiert den Eingang zur Medina und den Zugang zum Old American Legation Museum. Ein schwarzes Metalltor führt auf den Friedhof. Das Tor ist nicht immer geöffnet; in diesem Fall sollte man anklopfen und der Wärterfamilie ein kleines Trinkgeld geben.
Auf dem Friedhof genießt man nach dem Gedränge und Marktgeschrei in der Rue Salah Idine el Ayoubi herrliche Ruhe.Zwischen Palmen, Feigenbäumen und Zypressen liegen die Marmorsarkophage mit hebräischen Inschriften kreuz und quer verteilt. Die Grabsteine wurden teilweise recht plump „renoviert“, einbetoniert und weiß angestrichen.
Auf dem großen verwilderten Gelände mit Blick aufs Meer herrscht eine verwunschene, fast meditative Atmosphäre– herrlich zum Durchatmen und Herumspazieren. Die meisten Gräber stammen aus dem 19. Jh. und vom Anfang des 20. Jh. Über ihre Geschichte ist bislang wenig bekannt.
Info:Ecke Rue Portugal/Rue Salah Idine el Ayoubi; Eintritt: frei (ca. 10 DH/Pers. Trinkgeld für den Wärter).
Die Altstadt umgibt eine Stadtmauermit mehreren Eingangstoren (Bab) und Bastionen (Borj) . Im Inneren besteht sie aus einem für Europäer nur schwer durchschaubaren Labyrinth aus Hauptgassen und davon abzweigenden Seiten- und Sackgassen.
Die Sackgassenmit den Hauseingängen zählen schon zum privaten Bereich der Bewohner des Viertels. Von außen wirken die Mauern und Gassen einer typischen arabischen Altstadt fensterlos und düster. Die traditionellen Hofhäuser orientieren sich nach innen zum Hof, in den von oben Tageslicht einfällt.
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Gemüsehändler in der Altstadt (Medina)
In den Hauptgassenherrscht Markttreiben – in den nach Branchen sortierten Souks,den Geschäfts- und Handwerksvierteln, kaufen die Einheimischen alles für den täglichen Gebrauch: von Lebensmitteln, Dschellabas und Schuhen bis zur Teekanne. In der im Vergleich zu Marrakesch und Fès recht kleinen Medina von Tanger findet man sich dank der zweisprachigen Schilder in den Gassen ganz gut zurecht. Die ummauerte Kasbah ist das älteste Viertel der Stadt und gehört zur Medina.
Das Stadttor Bab el Fahsam nordöstlichen Ende des Grand Socco führt auf die Rue as Siaghin, über die man in die Medina gelangt. Die gepflasterte Gasse verbindet den Grand Socco außerhalb der Stadtmauern mit dem Petit Socco im Inneren der Altstadt.
Besonders abends herrscht hier Hochbetrieb:Familien flanieren die Gasse rauf und runter, trinken Tee oder kaufen in den vielen Läden Kleider, Uhren und allerlei Krimskrams ein. Touristen finden in der Rue as Siaghin Wechselstuben und Souvenirshops. Die geschäftige Hauptgasse der Medina geht bis auf römische Zeiten zurück – der Decumanus Maximus(die Hauptorientierungsachse) verlief von Westen nach Osten quer durch die römische Stadt Tingis, wie Tanger früher hieß. Der heutige Petit Socco befindet sich genau an der Stelle, wo sich damals das Forum befand. Die Bezeichnung „Siaghin“ geht auf die Silberschmieden zurück, die früher in der Gasse angesiedelt waren. Entlang der gesamten Rue as Siaghin reihen sich Häuser aus der Kolonialzeitmit schmiedeeisernen Balkonen und großen Fenstern aneinander – völlig untypisch für marokkanische Altstädte, in denen sich die fensterlosen Häuser sonst nach innen zum Hof orientieren.
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