Ich fragte mich, was er meinte, als wir in das Rondell der Einfahrt fuhren. Das große, eingeschossige Haus stand stolz inmitten eines gepflegten Gartens. Es sprach von Geld.
Dr. Fields hielt vor der Haustür, aber bevor er aus dem Wagen stieg, sagte er: »Isaac hat ein paar Probleme, sich an seinen neuen Hund Brady zu gewöhnen. Er ist ein bisschen…« Er suchte nach dem richtigen Wort. »…stur, aber ich schätze, er hat seine Gründe.«
Bevor ich fragen konnte, ob er sich auf den Hund oder seinen Besitzer bezog, stieg Dr. Fields aus dem Wagen. Ich folgte ihm, nahm die Tasche vom Rücksitz und ging mit ihm zur Haustür.
Eine Frau öffnete und lächelte warmherzig, sobald sie Dr. Fields sah, dann trat sie beiseite, um uns hereinzubitten. Sie schien um die dreißig zu sein – ein paar Jahre älter als ich – und hatte braunes, lockiges Haar, eine blasse Haut und ein breites, freundliches Lächeln.
»Hannah«, stellte Dr. Fields uns einander vor. »Das ist Dr. Carter Reece. Carter, das ist Hannah Brannigan.«
Ich gab ihr die Hand. »Sehr nett, Sie kennenzulernen.«
Sie lächelte immer noch. »Nimmt Max Sie mit auf seine Runde?«
Da sie ihn bei seinem Vornamen nannte, war mir schnell klar, dass sie ihn gut kennen musste. Bevor ich etwas erwidern konnte, antwortete Dr. Fields an meiner Stelle. »Dr. Carter wird meinen Platz in der Klinik übernehmen.«
»Oh«, sagte sie leise und sah von mir zu ihm. »Sie gehen in Ruhestand?«, fragte sie und Dr. Fields nickte. »Das hat Isaac gar nicht erwähnt…«
»Er weiß es nicht«, entgegnete Dr. Fields ebenso leise. »Ich wollte es ihm heute sagen.«
Da betrat ein Mann – nicht älter als ich – das Foyer. Er war gekleidet, als wäre er gerade von einer Jacht gestiegen. Kakishorts, weißes Polohemd, teure Lederbootsschuhe und eine kleine, dunkle Designersonnenbrille, die mich ein Monatsgehalt gekostet hätte. Er sah sportlich aus, war wie ich um die 1,75 Meter groß und hatte kurzes, stachelig geschnittenes, dunkelbraunes Haar und blasse Haut. Er war hinreißend.
Er lächelte. »Mir was sagen?«
Dieser Mann war Isaac Brannigan? Ich wusste nicht, warum ich einen alten Mann erwartet hatte, aber es war so. Dr. Fields hatte gesagt, dass Isaac eine Pflegekraft hatte. Ich war davon ausgegangen, dass Hannah, die denselben Nachnamen trug, diese Aufgabe übernommen hatte. Vielleicht war sie seine Frau.
»Ich gehe Brady holen«, sagte Hannah, als Isaac zu uns trat. »Ich habe ihn nach draußen gelassen, bevor Sie angekommen sind.«
Dr. Fields lächelte ihr zu, dann wandte er sich an Isaac. Der jüngere Mann sah in meine Richtung, wenn auch nicht direkt. »Und wir haben Gesellschaft?«
»Oh, ja«, sagte Dr. Fields. »Isaac Brannigan, das ist Dr. Carter Reece. Er ist ebenfalls Tierarzt.«
»Hallo«, grüßte ich. »Nett, Sie kennenzulernen.«
»Und warum ist er hier?«, fragte Isaac recht brüsk. Ich war ein wenig schockiert über seine offene Unhöflichkeit mir gegenüber.
»Sollen wir uns ins Wohnzimmer setzen?«, fragte Dr. Fields. »Ich habe Neuigkeiten.«
Isaac drehte sich um und ging durch eine breite Türöffnung zu den Sofas. Er berührte leicht ihre Rückenlehnen, dann die Armlehne einer Couch, bevor er sich hinsetzte. Dr. Fields folgte ihm, während ich immer noch leicht verblüfft im Foyer stand.
Dr. Fields hatte diesen Kerl als stur bezeichnet. Ich dagegen hielt ihn einfach für verdammt unhöflich. Aber ich folgte ihnen dennoch und setzte mich auf das Sofa gegenüber von Isaac, während Dr. Fields neben ihm Platz nahm. Und dann tat er etwas Merkwürdiges: Er legte Isaac die Hand aufs Knie.
»Ich habe Carter heute mitgenommen, damit er alle meine Hausbesuchspatienten kennenlernt«, sagte Dr. Fields zu ihm. »Denn er wird mich ersetzen. Ich gehe in Rente, Isaac.«
Isaac saß einfach da. Keine Reaktion, die Miene stoisch. Er nahm nicht mal seine Sonnenbrille ab. »Wann?«
»In zwei Wochen«, antwortete Dr. Fields.
Da kam Hannah aus der gegenüberliegenden Küche. Bei ihr war – so viel vermutete ich – Brady, ein heller Labrador, vielleicht zwei oder drei Jahre alt, mit hellen Augen und einem freundlichen Gesichtsausdruck. Er trottete zu uns und setzte sich neben Isaacs Füße, als wäre er Teil der Unterhaltung zwischen den Menschen.
Isaac ignorierte den Hund, was mir eigenartig vorkam. Nicht einmal ein schnelles Tätscheln des Kopfes, kein Streicheln, nichts. Stattdessen sagte er: »Ich brauche Kalziumpulver. Das, das ich Brady ins Futter gebe.«
Dr. Fields nickte. »Ich dachte, ich hätte letztes Mal welches mitgebracht.«
»Ich habe es umgeworfen«, sagte Isaac leise.
Irgendetwas stimmte nicht. Zum Beispiel, dass Isaac Dr. Fields nicht direkt ansah, während sie sich unterhielten. Die Sonnenbrille. Ich sah mich im Raum um, bis ich fand, wonach ich gesucht hatte. Fotos auf dem Kamin am anderen Ende des Zimmers. Und da war es. Fotos von ihm mit einem anderen Hund. Und nicht irgendein Hund, sondern ein Assistenzhund.
Isaac Brannigan war blind.
»Ich weiß nicht, Max…«, sagte er. »Du bist schon so lange unser Tierarzt.«
Dr. Fields sah mich an und lächelte mir irgendwie entschuldigend zu. »Dr. Reece ist sehr gut. Ich habe ihn eigenhändig aus einem Berg von Bewerbern als meinen Nachfolger ausgesucht. Er ist von Hartford nach Boston gezogen, um die Stelle zu übernehmen.«
»Ich kann Ihre Vorbehalte verstehen«, warf ich aufrichtig ein. Da wandte Isaac mir das Gesicht zu. Ich wollte ihm beweisen, dass er mir vertrauen konnte. Aber ich schätzte, wenn ich es darauf anlegte, dass Isaac oder Brady mich mochten, hatte ich bei dem Hund bessere Karten. Daher fuhr ich fort. »Sie vertrauen Dr. Fields und von mir wissen Sie nicht das Geringste, aber wenn Sie nichts dagegen haben, Isaac, würde ich mich gern ein paar Minuten mit Brady beschäftigen.«
Isaac murmelte irgendetwas, das nach Klar, was auch immer klang. Dann stand er auf und ging zur offenen Küche. Brady richtete sich auf und beobachtete Isaac, doch er folgte ihm nicht.
Ich rief leise den Namen des Hunds und er wandte sich mir gehorsam zu. Dann setzte ich mich auf die Sofakante und klopfte auf meinen Oberschenkel. »Komm.«
Er tat natürlich, was ich von ihm verlangte, und während er sich zwischen meine Knie setzte und mit seinen großen, braunen Augen zu mir aufsah, schien er zu lächeln. Ich grinste prompt zurück, dann sah ich zu Dr. Fields, doch er beobachtete Isaac.
Isaac ging zur Ecke des Küchentresens und betrat den Raum mit vertrauter Leichtigkeit. Er fuhr mit den Fingern über die Arbeitsplatte und hielt inne. »Kann ich jemandem etwas zu trinken anbieten? Eistee?«
Er wartete nicht wirklich auf eine Antwort, sondern ging einfach zu einem bestimmten Regal und holte Gläser, dann ging er zum Kühlschrank und nahm eine Karaffe Eistee heraus.
Er war so offenkundig mit der eigenen Küche vertraut, dass er sich verhielt, als könnte er sehen. Ich stellte fest, dass ich ihn beobachtete, und erst als Hannah neben mir auf dem Sofa etwas sagte, fiel mir der Grund unseres Besuchs wieder ein.
»Brady hat Sie durchschaut«, sagte sie lächelnd.
Ich sah hinab auf den Hund, um festzustellen, dass er das Kinn auf mein Knie gelegt hatte und es mit geschlossenen Augen genoss, von mir gedankenverloren hinter dem Ohr gekrault zu werden. Ich lächelte Hannah zu.
»Ja, sieht so aus, als hätte ich einen neuen Freund gefunden.«
Ein lautes Klirren aus der Küche ließ uns die Köpfe wenden. Isaac hatte einen Löffel fallen lassen. Seinem mehr als unzufriedenen Gesichtsausdruck nach fragte ich mich, ob er es vielleicht absichtlich getan hatte. Er sah nicht glücklich aus.
Ich wandte mich wieder Hannah zu und sie verdrehte lächelnd die Augen. »Also, Carter war der Name, ja?«
»Ja«, antwortete ich, dankbar für die Ablenkung. »Carter Reece.«
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