Jeanette winkt ab. „Für deinen Vorgänger war es das jedenfalls nicht. Herzlich willkommen, Sina.“
„Danke.“
Jeanettes gelassenes Lächeln sorgt dafür, dass es Sina gleich bessergeht. Die Tür zur Küche klappt auf und Heiner schlendert heraus. „Guten Morgen, Sina“
„Guten Morgen.“
„Nettie, meine Süße“, murmelt er, kuschelt sich wie frisch verliebt von hinten an seine Frau und küsst sie unter dem Ohr auf den Hals.
Fasziniert glotzt Sina die beiden an. Sie kann den Blick nicht abwenden. Die kleine, etwas pummelige, auch jetzt am Vormittag wieder äußerst sexy gekleidete Jeanette im Arm dieses riesengroßen Grizzlybären ergibt ein Bild, das man nicht alle Tage sieht. Sie hebt und dreht den Kopf, flüstert irgendwas und kichert. Er zwinkert. Sie küssen sich wie frisch verliebt, dann stößt sie ihn weg.
„Sieh zu, dass du in deine Küche kommst, in einer halben Stunde geht das Mittagsgeschäft los.“
Er grinst und wendet sich Sina zu. „Viel Spaß am ersten Arbeitstag, Sina.“
„Danke. Ich hoffe, ich stelle mich nicht zu blöd an.“
Er winkt lässig ab. „Keine Angst, das wird schon.“
Nachdem er sich einen Kaffee genommen hat, verschwindet er wieder in der Küche.
Jeanette stemmt die Fäuste in die Taille. „Okay, lass uns anfangen. Du sagtest, du hast gar keine Erfahrung?“
„Stimmt.“
„Dann zeige ich dir erst mal, wo alles ist. Beginnen wir mit den Getränken.“ Sie öffnet nacheinander die Schränke am Tresen und erklärt so viel, dass Sina sich nur die Hälfte merken kann.
„Oh je, ich glaube, ich muss mir Notizen machen“, stöhnt sie und Jeanette lacht. „Ach was, das wird schon. Frag einfach immer, wenn du was nicht weißt.“
Sina verzieht das Gesicht. „Wie viele Fragen pro Minute sind erlaubt?“
„Hundert“, Jeanette klopft ihr auf die Schulter. „Kein Problem, Schätzchen, jeder muss am Anfang viel fragen.“
Sina atmet tief durch. „Okay.“
Gäste betreten das Lokal. Ihre neue Chefin nimmt die Bestellungen an und Sina bereitet entsprechend ihrer Anleitung die Getränke vor. Sie darf zum ersten Mal in ihrem Leben Bier zapfen.
„Trinken die Leute hier immer schon tagsüber Alkohol?“, fragt sie.
Jeanette nickt. „Manche. Mittags kommen fast nur Stammgäste und ja, einige mögen zum Essen ihr Pils.“ Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen. „Hast du ein Problem damit?“
Sina schüttelt eilig den Kopf. „Nein. Natürlich nicht.“
„Sicher? Du guckst nicht besonders glücklich.“
Sinas Herz rast. Sieht man ihr so schnell an, dass sie eine Psychotante ist? Verflixt. Wie soll sie bloß … okay … Augen zu und durch. „Ich habe ein Problem damit, wenn Männer betrunken sind und … ähm … so … hemmungslos werden.“
Jeanette nickt. „Schlechte Erfahrungen?“
„Ja.“
„Okay. Also: Beim Mittagsgeschäft passiert das nicht. Da brauchst du keine Angst zu haben. Abends kann es vorkommen, dass ein Gast aus der Rolle fällt. Unsere Stammgäste sind alle nett und werden, auch wenn sie ein paar Gläser mehr getrunken haben, nicht aufdringlich. Ärger gibt es höchstens mal mit Fremden. Habe ich Stress mit irgendeinem bescheuerten Typen, rufe ich Heiner aus der Küche. In der Regel reicht das. Das machst du ebenfalls, falls du Probleme bekommst. Geh keine Risiken ein, lieber einmal zu oft Alarm schlagen, als einmal zu wenig. Niemand erwartet von dir, mit Arschlöchern allein fertig zu werden. Klar? Du wirst sehen, solche Situationen sind harmloser und einfacher zu managen, als du glaubst. Man bekommt schnell Routine, und die Stammgäste helfen uns Weibern, sollte Heiner mal nicht gleich zur Stelle sein. Also, mach dir keine Sorgen, die netten Gäste sind immer in der Mehrzahl und auf unserer Seite. Okay?“
Sina nickt. „Ja. In Ordnung.“
„Der da ist zum Beispiel auch einer der Stammgäste, der dir sofort hilft, wenn mal ein Betrunkener randalieren will.“ Jeanettes Blick gleitet Richtung Tür, die man gerade zuklappen hört, und sie lächelt. „Hi Sam.“
Sina zuckt zusammen, ein Schauer rieselt durch ihren Körper, und ihr Kopf folgt Jeanettes Blickrichtung. Tatsächlich, Samuel schlendert heran. Fuck, Sinas Wangen glühen. Das darf doch nicht wahr sein!
„Hallo“, murmelt sie und starrt angestrengt die Biergläser an, die vor ihr unter dem Zapfhahn stehen.
„Guten Tag, die Damen. Sina, wie ist der erste Arbeitstag?“
„Bis jetzt ganz gut, wenn man davon absieht, dass ich schon wieder alles vergessen habe, was Jeanette mir gerade erklärt hat.“
Jeanette winkt ab. „Mach dich nicht so schlecht. Klappt doch prima.“
Sina kichert. „Mal abwarten, ob du das heute Abend auch noch sagst.“
Samuel zwinkert. „Bestimmt tut sie das. Ich freu mich, dass wir uns jetzt öfter sehen.“
Schon wieder Hitze im Gesicht. Das ist nicht peinlich, das ist oberpeinlich.
„Danke“, antwortet sie und versucht, möglichst nicht zu interessiert zu klingen. Bevor er sich an den Tisch setzt, streicht er ihr beiläufig über den Oberarm. „Machst du mir ein Mineralwasser auf?“
Zum Glück dauert die Berührung nur eine Sekunde. Er hat hoffentlich nicht gemerkt, dass sie zusammengezuckt ist. „Ja, gerne“, stößt sie eilig hervor und bückt sich runter zum Kühlschrank, während Jeanette schon in der Küche Sams Essen bestellt.
Danke, lieber Gott, betet Sina, als Jeanette das Wasser zu den fertigen Bieren mit aufs Tablett stellt und es Samuel serviert. Hätte Sina es an seinen Tisch bringen sollen, wäre sie vermutlich über ihre eigenen Füße gestolpert oder sie hätte die Flasche auf seine Hose gekippt. Na, immerhin kein Curryketchup, denkt sie und muss unwillkürlich glucksen.
Sam bleibt zum Glück nicht lange. Nachdem er gegessen hat, verabschiedet er sich eilig mit einem freundlichen Lächeln und Winken. Sina atmet auf. Sie sollte unbedingt lernen, ihre Hormone in den Griff zu bekommen, wenn er da ist, sonst hält Jeanette sie bald für geistig umnachtet, weil sie sich nicht auf die Arbeit konzentrieren kann.
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