Wie macht man aus einem Bekannten einen Freund? Wie bringt man andere Menschen dazu, dass sie sich emotional für Ihr Fortkommen einsetzen? Warum gibt es Glückspilze, die nach einer Geschäftssitzung genug Verabredungen zum Essen für einen ganzen Monat und ein Dutzend potenzielle neue Mitarbeiter in der Tasche haben, während andere nur Bauchschmerzen haben? Wohin muss man gehen, damit man die Art von Menschen trifft, die das eigene Leben am stärksten beeinflussen können?
Von meiner frühesten Jugend in Latrobe an saugte ich aus allen erdenklichen Quellen Klugheit und Rat auf – von Freunden, aus Büchern, von Nachbarn, Lehrern und meiner Familie. Mein Durst nach mehr war unstillbar. Aber im Berufsleben geht meiner Erfahrung nach nichts über den Einfluss von Mentoren. In allen Stadien meiner Laufbahn suchte ich mir die erfolgreichsten Menschen in meiner Umgebung aus und bat sie um Hilfe und Leitung.
Was ein Mentor wert ist, lernte ich zuerst bei einem Rechtsanwalt namens George Love. Er und der Börsenmakler der Stadt, Walt Saling, nahmen mich unter ihre Fittiche. Ich war von ihren Geschichten über das Leben als Selbstständiger und von ihren klugen Sprüchen voller Know-how gefesselt. Mein Ehrgeiz fiel auf den fruchtbaren Boden von Georges und Walts ausufernden Geschäftseskapaden, und seither hielt ich immer Ausschau nach Menschen, die mir etwas beibringen oder mich inspirieren könnten. Im späteren Verlauf meines Lebens, als ich mit Unternehmenslenkern, Ladenbesitzern, Politikern und Entscheidungsträgern jeglicher Couleur verkehrte, bekam ich langsam ein Gefühl dafür, wie die erfolgreichsten Menschen unseres Landes auf andere zugehen und wie sie diese Menschen dazu einladen, ihnen beim Erreichen ihrer Ziele zu helfen.
Ich lernte, dass echtes Networking darin besteht, nach Möglichkeiten zu suchen, anderen Menschen zu mehr Erfolg zu verhelfen. Man muss sich bemühen, mehr zu geben , als man bekommt. Und ich gelangte zu der Überzeugung, dass es eine Litanei knallharter Prinzipien gibt, die diese weichherzige Philosophie erst ermöglichen.
Diese Prinzipien sollten mir schließlich helfen, Dinge zu erreichen, die ich mir eigentlich nicht zugetraut hatte. Sie sollten mir Chancen bescheren, die einem Menschen meiner Herkunft eigentlich verwehrt waren, und sie sollten mir zu Hilfe kommen, wenn ich gelegentlich wie jeder andere auch Fehler machte. Nie war diese Hilfe so bitter nötig wie bei meinem ersten Job nach der Business School bei Deloitte & Touche Consulting.
An den üblichen Anforderungen gemessen war ich ein fürchterlicher Consultant-Anfänger. Wenn man mich damals vor eine Tabellenkalkulation setzte, bekam ich einen glasigen Blick; und genau das passierte auch, als ich über meinem ersten Projekt saß und zusammen mit ein paar anderen Berufsanfängern in einem fensterlosen, vom Boden bis zur Decke mit Akten angefüllten Raum in irgendeiner Vorstadt über einem Meer von Zahlen brütete. Ich versuchte es; ich versuchte es wirklich. Aber ich konnte es einfach nicht. Meiner Überzeugung nach musste eine derart schlimme Langeweile tödlich sein.
Ich war auf dem besten Weg, gefeuert zu werden oder selbst zu kündigen.
Zum Glück hatte ich damals schon ein paar der Networking-Regeln angewendet, die ich gerade lernte. Wenn ich nach Feierabend nicht unter Schmerzen versuchte, irgendeine vor Zahlen überquellende Tabelle zu analysieren, nahm ich Kontakt zu ehemaligen Kommilitonen, Professoren, früheren Chefs und allen Menschen auf, denen Beziehungen zu Deloitte vielleicht etwas bringen könnten. An den Wochenenden hielt ich auf kleineren Konferenzen im ganzen Land Vorträge zu verschiedenen Themen, die ich in Harvard vor allem unter der Anleitung von Len Schlessinger gelernt hatte (dem ich bis heute meinen Redestil verdanke). Auf diese Weise rührte ich die Werbetrommel für meinen neuen Arbeitgeber. Ich hatte auf allen Organisationsebenen Mentoren, unter anderem den CEO Pat Loconto.
Trotzdem bekam ich nach dem ersten Jahr eine verheerende Beurteilung. Ich bekam schlechte Noten, weil ich die mir übertragenen Aufgaben nicht mit der Begeisterung und Konzentration bearbeitete, die von mir erwartet wurden. Aber die für die Bewertung zuständigen Personen, zu denen ich bereits Beziehungen aufgenommen hatte und denen meine außerbetrieblichen Aktivitäten bekannt waren, hatten eine andere Idee. Gemeinsam erfanden wir eine Stellenbeschreibung zusammen, die es in dem Unternehmen vorher nicht gegeben hatte.
Meine Mentoren gaben mir ein Budget von 150.000 Dollar, mit dem ich genau das tun sollte, was ich ohnehin schon tat: das Geschäft ausbauen, das Unternehmen als Redner repräsentieren und mit der Presse und der Unternehmensszene Kontakte knüpfen, die Deloittes Marktpräsenz stärken würden. Der Glaube, den meine Vorgesetzten in mich gesetzt hatten, zahlte sich aus. Nach einem Jahr war der Bekanntheitsgrad des Unternehmens in dem Geschäftsbereich, in dem ich arbeitete (Umstrukturierungen) vom letzten Platz unter den Consultingfirmen auf einen der Spitzenplätze der Branche gestiegen und daraus resultierte eine Wachstumsrate, die das Unternehmen noch nicht erlebt hatte (obwohl das natürlich nicht alleine mein Werk war). Ich wurde dann zum Marketingdirektor des Unternehmens befördert und war der jüngste Angestellte, der je zum Partner gemacht wurde. Und ich hatte eine tolle Zeit – die Arbeit machte Spaß, sie war aufregend und interessant. Mehr kann man von einem Job nicht verlangen.
Meine Karriere lief auf Hochtouren und irgendwie schien alles ein glücklicher Zufall zu sein. Tatsächlich wusste ich jahrelang nicht, wohin mich die berufliche Laufbahn führen würde – nach Deloitte kam ein buntes Sortiment an Spitzenjobs, das ich mit der Gründung meines eigenen Unternehmens krönte. Erst wenn ich von heute aus zurückblicke, erscheint mir alles absolut logisch.
Nach Deloitte wurde ich bei Starwood Hotels & Resorts der jüngste Marketingdirektor eines Fortune-500-Unternehmens, dann wurde ich CEO eines Videospielunternehmens, das von Knowledge Universe (Michael Milken) gegründet worden war, und schließlich gründete ich Ferrazzi Greenlight, eine Schulungs- und Beratungsgesellschaft für Vertrieb und Marketing, die mit Dutzenden weltberühmten Namen zusammenarbeitet und CEOs in aller Welt berät. Im Zickzackkurs gelangte ich nach oben. Jedes Mal, wenn ich über eine Veränderung nachdachte oder Rat brauchte, wandte ich mich immer an den Freundeskreis, den ich mir geschaffen hatte.
Anfangs versuchte ich, die Aufmerksamkeit von meinen „menschlichen“ Fähigkeiten abzulenken, weil ich befürchtete, sie könnten irgendwie unter den sonstigen, „respektableren“ geschäftlichen Fähigkeiten stehen. Aber als ich älter wurde, kamen alle möglichen Menschen – bekannte CEOs, Politiker, Collegestudenten und meine eigenen Mitarbeiter – zu mir und fragten mich, wie man denn all diese Dinge macht, die ich schon immer gern gemacht hatte. Die Zeitschrift Crain’s führte mich als einen der 40 besten Unternehmensführer unter 40 und auf dem Weltwirtschaftsforum wurde ich als „Global Leader for Tomorrow“ bezeichnet. Senatorin Hillary Clinton bat mich, meine Kontaktfähigkeiten dafür einzusetzen, Geld für ihre bevorzugte gemeinnützige Organisation, Save America’s Treasures, zu beschaffen. Freunde und CEOs von Fortune-500-Unternehmen fragten mich, ob ich ihnen nicht dabei helfen könnte, eher intime Abendgesellschaften für Kunden und potenzielle Kunden in den wichtigsten Regionen des Landes zu organisieren. Ich bekam E-Mails von MBA-Studenten, die unbedingt die sozialen Kompetenzen lernen wollten, die auf der Business School nicht gelehrt wurden. Daraus entwickelten sich formelle Ausbildungskurse, die inzwischen Bestandteil der renommiertesten MBA-Programme Amerikas sind.
Ich lernte daraus, dass andere Menschen aus den „softeren“ Fähigkeiten, mit deren Hilfe ich zum Erfolg gelangt war, Nutzen ziehen konnten.
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