Ausreißer:Ein Level durchbricht durch seine besonders starke Ausprägung das Ergebnisbild einer Glockenkurve. Dieser Level hat im Regelfall eine außergewöhnlich hohe Bedeutung. Aktuell erleben wir in vielen Personal Value Systems Purpur als Ausreißer. Es könnte sein, dass durch die aktuelle, von schnellem Wandel und Wertepluralität geprägte Zeit Themen wie Zugehörigkeit und Bindung neu entdeckt und etabliert werden.
Canyon:Ein Level durchbricht durch seine besonders niedrige Ausprägung das Ergebnisbild einer Glockenkurve. Es könnte sein, dass mit diesem Level in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht wurden, sodass er kaum ins Wertesystem integriert ist, sondern bewusst vermieden wird.
Widerstände gegenüber Levels
Das Ergebnisbild »Canyon« deutet es bereits an: Neben der Zugehörigkeit zu einem Wertelevel können Menschen auch Abneigungen und Widerstände gegenüber bestimmten Werten aufweisen. In diesem Fall stimmt die Person den Werten und den daraus abgeleiteten Denk- und Verhaltensweisen nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt eine Gegenreaktion. Je nach den Ausprägungen des individuellen Wertesystems kann dies unterschiedliche Dimensionen und Intensitäten annehmen. Wie stark ein solcher Widerstand ist, kann durch eine 9-Levels-Analyse ebenfalls sichtbar gemacht werden, da neben den Ausprägungen auch erfragt wird, ob und wie stark einzelne Levels abgelehnt werden.
Widerstände können Ausdruck einer Schutzfunktion sein, die Individuen, Teams und Organisationen entwickeln, um sich vor Überforderungen und vermeintlich unsinnigen oder schädlichen Veränderungen zu schützen. Im Rahmen eines Veränderungsprozesses kann Widerstand sogar wünschenswert sein, da Beteiligte dadurch Interesse und Betroffenheit signalisieren. Außerdem kann er als Informationsquelle für Führungskräfte dienen, weil diese so die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter erkennen können.
Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten des Zusammenspiels von Ausprägung und Widerstand auf dem gleichen Level (vgl. Abb. 3):
Kombination 1 – geringe Ausprägung und geringer Widerstand:In dieser Kombination ist das Wertesystem nicht stark ausgeprägt und gleichzeitig existiert auch kein Widerstand dazu. Die Werte des Levels werden als nicht sonderlich wichtig erachtet, die Person hat aber auch keine Probleme damit. Ein Geschäftsführer mit dieser Kombination im Personal Value System bei Blau sagte dazu beispielsweise: »Ich weiß, dass das vielen Menschen wichtig ist – mir nicht. Ich freue mich daher, wenn sich andere darum kümmern!«
Kombination 2 – hohe Ausprägung und geringer Widerstand:In dieser Kombination sind die Werte eines Levels stark ausgeprägt und gleichzeitig gibt es keinen Widerstand innerhalb dieses Levels oder gegen diesen Level. Hat jemand beispielsweise eine hohe Ausprägung bei Purpur, ist er vermutlich ohne Wenn und Aber stark heimatverbunden, liebt Rituale und den Zusammenhalt über lange Zeit.
Kombination 3 – geringe Ausprägung und hoher Widerstand:Hier ist das Wertesystem nicht stark ausgeprägt, es liegt aber ein starker Widerstand gegen den Level vor. Wir kennen beispielsweise das Personal Value System eines Unternehmers, das diese Kombination bei Orange aufweist. Der Unternehmer begründete seine strikte Ablehnung oranger Werte damit, dass sein Vater früher ebenfalls Unternehmer gewesen war und nach dem Konkurs seiner Firma Suizid begangen hatte. Aufgrund dieser Erfahrung hat sich unser Kunde geschworen, dass für ihn orange Werte wie Erfolg und Wohlstand nie eine große Wichtigkeit haben werden.
Kombination 4 – hohe Ausprägung und hoher Widerstand:Diese Konstellation steht für eine Ambivalenz. Ein Wertesystem ist sehr ausgeprägt, gleichzeitig wird auch eine starke Ablehnung gegenüber diesem Level erlebt. Bei Rot kann dies beispielsweise bedeuten, dass jemand Werte wie Dominanz, Kraft, Macht und impulsives Durchsetzungsvermögen stark präferiert – es jedoch gleichzeitig nicht mag, wenn eine andere Person mit den gleichen Werten auf ihn zukommt und damit möglicherweise sogar dominanter und kraftvoller unterwegs ist als er selbst.

Abb. 3: Vier Möglichkeiten der Kombination von Zustimmung und Ablehnung gegenüber einem Level (Quelle: 9 Levels)
Das Delta, das heißt die Differenz von Ausprägung und Widerstand auf einem Level, kann einen Hinweis darauf geben, ob und wie handlungsleitend ein Level aktuell ist. Heben sich Ausprägung und Widerstand in etwa auf (Kombination 1 und 4), könnte es sein, dass sich das Verhalten nur wenig am jeweiligen Level orientiert. Ist das Delta positiv (Kombination 2), zeigen sich die kennzeichnenden Werte des Levels mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit im Verhalten der Person. Ist das Delta hingegen negativ (Kombination 3), könnte es sein, dass es die Person bewusst unterlässt, sich dem Level entsprechend zu verhalten, oder sogar gegenteilige Handlungsmuster zeigt. Diese Interpretationen sind jedoch nur als Hypothesen zu verstehen und müssen in der Praxis immer im Dialog hinterfragt und überprüft werden!
Die 9 Levels in der Praxis
Wir haben bereits in unserem Vorwort erwähnt, dass eine 9-Levels-Analyse mit einer Computertomografie vergleichbar ist: Es wird immer ein Bild erzeugt von dem, was ist. Es braucht jedoch eine Interpretation des Ergebnisses, eine Verknüpfung mit früheren Ereignissen und zukünftigen Plänen, ein Ableiten konkreter Maßnahmen zur Zielerreichung und ein wirkliches Arbeiten mit den Analyseergebnissen, damit Erkenntnisse und Veränderungen entstehen.
Stellen Sie sich die 9-Levels-Analysen also wie ein Werkzeug vor, dass die 9-Levels-Berater neben vielen anderen Tools und Interventionen in ihrem Koffer haben. Je nach ihren Qualifikationen, Erfahrungen, Auftraggebern und Rahmenbedingungen stellen sie je nach Kontext das passende Set an Werkzeugen zusammen, um bei ihren Kunden und für ihre Kunden wirksam zu werden.
In unseren Zertifizierungen zum 9-Levels-Berater präsentieren wir verschiedene weitere Tools und Modelle, mit denen die 9 Levels unserer Erfahrung nach erfolgreich in der Praxis verknüpft werden können. Einer dieser Ansätze ist das 7-S-Modell nach Peters und Waterman, auf das viele der folgenden Beiträge in diesem Buch Bezug nehmen. Aus diesem Grund stellen wir Ihnen das Modell im Folgenden kurz in seinen Grundzügen vor.
In den 70er-Jahren fragten sich die Unternehmensberater Thomas J. Peters und Robert H. Waterman, warum sich Organisationen zwar in ihrem Aufbau und in ihrer Strategie grundsätzlich sehr ähneln, aber damit sehr unterschiedlichen Erfolg haben. Sie erklärten sich dies damit, dass es neben »harten« Faktoren wie Strategie und Struktur auch erfolgskritische »weiche« Elemente wie Fähigkeiten und Werte gibt. Zwar sind diese schwerer zu erfassen und zu beurteilen, aber nicht weniger wichtig für das Gesamtergebnis. Entsprechend dieser Erkenntnis definierten sie sieben Kernvariablen, die für die Gestaltung von Unternehmen wesentlich sind:
Strategy (Strategie)
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