Der Präsident versicherte mir, dass Flynns Nachfolger in organisatorischen und personellen Angelegenheiten freie Hand haben würde, was ich für die Leitung einer effektiven Personalpolitik sowie Zusammenarbeit zwischen den Behörden beim NSC für wesentlich hielt. Wir deckten das gesamte Spektrum der Weltthemen ab, eine tour d’horizon, wie das Außenministerium es gerne nennt, und Trump warf an einer Stelle ein: »Das ist so großartig. John klingt genauso wie im Fernsehen. Ich könnte einfach immer weiter zuhören. Ich liebe es.« Kushner fragte: »Wie gehen Sie mit dem Thema um, dass Sie so umstritten sind, dass die Leute Sie entweder lieben oder hassen?« Als ich meinen Mund öffnete, um zu antworten, sagte Trump: »Ja, genau wie bei mir! Entweder lieben die Leute mich oder sie hassen mich. John und ich sind genau gleich.« Ich fügte nur hinzu, dass man nach der Leistung beurteilt werden sollte, wobei ich einige meiner außenpolitischen Errungenschaften aufzählte. Das Treffen endete mit einer Diskussion über Russland, da Trump sagte: »Ich habe Sie neulich über das INF-Problem sprechen sehen«, womit er den Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen (Intermediate-Range Nuclear Forces) mit Russland meinte. Anschließend erklärte er, warum es so ungerecht sei, dass außer Russland und Amerika keine anderen Nationen (z.B. China, Iran oder Nordkorea) bei der Entwicklung von Mittelstrecken-Kapazitäten eingeschränkt seien und dass die Russen den Vertrag verletzten. Dies war fast genau das, was ich gesagt hatte, so dass ich keinen Zweifel daran hatte, dass er immer noch Fox News schaute und jedes Wort aufsaugte! Ich schlug vor, Putin zu sagen, er solle Russlands INF-Verpflichtungen einhalten oder wir würden uns zurückziehen, womit Trump einverstanden war.
Bannon und ich gingen zusammen hinaus und Bannon sagte: »Das war großartig.« Dennoch hatte ich den klaren Eindruck, dass Trump einen General auswählen würde. Ich kehrte in mein Hotel zurück, und später baten mich Bannon und Priebus, mit ihnen am nächsten Morgen in Mar-a-Lago zu frühstücken. Priebus schlug Alternativen zum Posten des Nationalen Sicherheitsberaters vor und sagte über Trump: »Denken Sie daran, mit wem Sie es zu tun haben.« Sie versprachen wirklichen Einfluss, Zugang zu Trump und die Unvermeidbarkeit der Fluktuation in der Regierung, was bedeutete, dass ich schließlich Außenminister oder irgendetwas werden würde. Ausgehend von meiner Erfahrung in der Regierung erklärte ich, dass man, um die Behörde zu führen, die Behörde kontrollieren müsse und nicht nur vom Weißen Haus aus zusehen dürfe. Der NSC war ein Mechanismus zur Koordinierung der nationalen Sicherheitsbehörden, und diese Aufgabe erforderte jemanden, der auf den unteren Ebenen Erfahrung damit hatte, wie er funktionierte und wie nicht. Ich habe damit keinen Eindruck gemacht. Ich glaube, Trump hatte ihnen praktisch gesagt: »Bringt ihn in die Regierung, damit er uns im Fernsehen verteidigen kann.« Das war das Letzte, was ich vorhatte, wenn es um Strategien ging, mit deren Formulierung ich wenig oder gar nichts zu tun hatte. Irgendwann sagte Bannon: »Helfen Sie mir auf die Sprünge, Herr Botschafter«, was ich eigentlich gerade versuchte, obwohl er meinte, ich solle ihm sagen, was mich sonst noch dazu bewegen würde, der Regierung beizutreten.
Auf dem Rückflug nach Washington sah ich über das Flugzeug-WLAN, dass Trump sich für McMaster entschieden hatte. Das war keine Überraschung; was mich jedoch überraschte, war, Trump daraufhin sagen zu hören: »Ich kenne John Bolton. Wir werden ihn bitten, in einer etwas anderen Funktion mit uns zusammenzuarbeiten. John ist ein hervorragender Mann. Wir hatten einige wirklich gute Treffen mit ihm. Er weiß eine Menge. Er hatte eine ganze Reihe von Ideen, mit denen ich, das muss ich Ihnen sagen, sehr einverstanden bin. Wir werden also mit John Bolton in einer anderen Funktion sprechen.«
Ich hatte mich eindeutig nicht klar genug ausgedrückt, was die beste Rolle für mich war, schon gar nicht gegenüber Kushner, der mir kurz darauf schrieb: »Es war toll, Zeit miteinander zu verbringen – wir wollen Sie wirklich ins Team holen. Lassen Sie uns diese Woche reden, um den richtigen Platz zu finden, denn Sie haben viel zu bieten und wir haben die einmalige Chance, etwas Gutes zu erreichen.« Madeleine Westerhout, Trumps Sekretärin im »Outer Oval« (dem Raum, in dem Trumps persönliche Assistenten saßen), rief am Dienstag an, um mich mit Trump zu verbinden, aber ich hatte mein Handy auf lautlos gestellt und konnte es nicht hören. Es war vorhersehbar, dass Trump beschäftigt war, als ich später zurückrief, also fragte ich Westerhout, ob sie wüsste, worum es ging, aus Angst davor, in die Mangel genommen zu werden. Sie sagte: »Oh, er wollte Ihnen nur sagen, wie wunderbar Sie sind«, und dass er sich dafür bedanken wolle, dass ich nach Mar-a-Lago gekommen war. Ich sagte ihr, das sei sehr freundlich, aber da ich seinen Terminplan nicht belasten wollte, müsse er nicht noch einmal anrufen; das sagte ich in der Hoffnung, der Kugel zu entgehen. Einige Tage später hinterließ Westerhout, zu jener Zeit immer überschwänglich, eine weitere Nachricht, dass der Präsident mich sehen wolle. Ich war überzeugt, dass ich auf irgendeine amorphe Position berufen werden würde, aber glücklicherweise verließ ich das Land für fast zwei Wochen und entging der Kugel erneut.
Man kann fliehen, aber man kann sich nicht verstecken, und ein Treffen mit Trump wurde schließlich für den 23. März angesetzt, nach einem Mittagessen mit McMaster im Restaurant des Weißen Hauses. Ich schickte Bannon im Voraus eine SMS, um transparent zu sein: Ich war nur am Posten des Außenministers oder des Nationalen Sicherheitsberaters interessiert, und beide waren, soweit ich es beurteilen konnte, nicht zu vergeben. Zufällig betrat ich zum ersten Mal seit über zehn Jahren den West Wing, während die Presse draußen darauf wartete, die republikanischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu interviewen, die sich mit Trump über die fehlgeschlagenen Bemühungen zur Abschaffung der Obamacare trafen. Das war genau, was ich brauchte, auch wenn ich nicht vorhatte, irgendwelche Fragen zu beantworten. In der Twitter-Ära ist jedoch selbst eine Nicht-Story eine Story, da ein Reporter twitterte:
GLENN THRUSH: John Bolton ist gerade in den West Wing gegangen – Ich fragte ihn, was er mache, er lächelte und sagte »Gesundheitsvorsorge«!!!!
Später sah ich, dass Bob Costa von der Washington Post getwittert hatte, als ich gerade hineinging:
ROBERT COSTA: Trump will John Bolton in die Regierung holen. Deshalb ist Bolton heute im WH, laut Trump-Vertrauensperson. Laufendes Gespräch.
Ich hatte ein sehr angenehmes Mittagessen mit McMaster, bei dem wir über den Irak, den Iran und Nordkorea diskutierten, dann gingen wir ins Oval, um Trump zu treffen, der gerade mit Finanzminister Steven Mnuchin und Nelson Peltz, einem New Yorker Finanzier, zu Ende gegessen hatte.
Trump saß hinter dem Resolute Desk, der völlig leer war, im Gegensatz zu dem Schreibtisch in seinem New Yorker Büro, der immer mit Zeitungen, Berichten und Notizen übersät zu sein schien. Er ließ ein Foto von uns beiden machen, und dann setzten McMaster und ich uns für unsere Diskussion vor den Schreibtisch. Wir sprachen ein wenig über die Bemühungen zur Aufhebung von Obamacare und wandten uns dann dem Iran und Nordkorea zu, wobei wir vieles von dem wiederholten, was McMaster und ich beim Mittagessen besprochen hatten. Trump sagte: »Wissen Sie, Sie und ich sind uns über fast alles einig, außer über den Irak«, und ich antwortete: »Ja, aber selbst da sind wir uns einig, dass Obamas Rückzug der amerikanischen Streitkräfte im Jahr 2011 zu dem Schlamassel geführt hat, das wir jetzt dort haben.« Trump sagte daraufhin: »Nicht jetzt, aber zum richtigen Zeitpunkt und für die richtige Position werde ich Sie bitten, in diese Regierung zu kommen, und Sie werden zustimmen, richtig?« Ich lachte, genau wie Trump und McMaster (obwohl ich mich für ihn etwas unbehaglich fühlte), und antwortete: »Sicher«, wobei ich mir einbildete, wieder einmal der Kugel entgangen zu sein, vor der ich mich gefürchtet hatte. Kein Druck, keine Eile und kein amorpher Job im Weißen Haus ohne einen Briefkasten.
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